CSU-Klausur in Seeon
Zank in der Union war gestern: Harmonie-Offensive von AKK
6. Januar 2019, 19:24 Uhr aktualisiert am 6. Januar 2019, 19:24 Uhr
Bei der CSU-Klausur gibt es nichts als Harmonie zwischen den zuletzt oft zankenden Schwestern - warum der Besuch von Kramp-Karrenbauer im Chiemgau so wichtig ist.
Seeon - Herzliche Umarmung, strahlende Gesichter - Erleichterung. Noch am Freitagabend hatte sich die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer durch dichtes Schneetreiben bis nach Seeon gequält (AZ berichtete). Die CSU-Bundespolitiker rechnen ihr das hoch an. Bei ihrer Klausurtagung im Kloster im Chiemgau geht es nicht darum, die Schwesterpartei vor sich her zu treiben. Nach mehr als einem Jahr des Zanks steht in diesem Jahr die Wiederverbrüderung der Schwesterparteien im Vordergrund.
Besuche von CDU-Vorsitzenden bei CSU-Klausuren sind selten. Angela Merkel schaffte es nur einmal, im Jahr 2016, damals noch in Wildbad Kreuth. Zwei Auftritte kurz hintereinander bei Landesgruppe und Landtagsfraktion - das war's. Kramp-Karrenbauer kommt gleich bei erster Gelegenheit vorbei. Und ihr nächster Besuch in Bayern steht schon fest. Am 19. Januar kommt sie zum Parteitag, an dem Markus Söder zum Nachfolger von Horst Seehofer als CSU-Chef gewählt werden soll.
Gute Laune zwischen CDU und CSU: Zu viel?
Die gute Laune setzt sich am Samstag fort. Die Tagungsglocke, mit denen der Vorsitzende zur Ordnung mahnt, steht in der Mitte zwischen Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Kramp-Karrenbauer. "Ist das schon zu viel Harmonie, oder eine feindliche Übernahme?", witzelt Dobrindt. Aber immerhin, so betont er, den Erstzugriff habe er.
Angesichts so viel Miteinanders wundert es nicht, dass Dobrindt zur Abschluss-Pressekonferenz eine "Weltpremiere" verkündete. Er, der Landesgruppenchef und die CDU-Vorsitzende treten gemeinsam vor die Presse. Dies sei ein Zeichen für den neuen Zusammenhalt. Es habe der Bundesrepublik in den vergangenen 70 Jahren immer gut getan, wenn die Schwesterparteien zusammenhielten, auch, wenn ihre Vorstellungen nicht immer deckungsgleich gewesen seien. Das werde auch in Zukunft so bleiben. Doch mit der Zerrüttung der zurückliegenden Monate habe das nichts zu tun. "Kooperative Konkurrenz" - diese Beschreibung des künftigen Miteinanders hat Dobrindt erfunden.
Union habe sich im Kampf mit der AfD durchgesetzt
Schließlich hätten "die Volksparteien" einen klaren Auftrag: Die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Die Debatten um den UN-Migrationspakt hätten gezeigt, dass der Zusammenhalt von CDU und CSU sich positiv auswirke. Andere hätten nur mit Panikmache agiert. Am Ende hätte sich die Union im Kampf mit der AfD aber durchgesetzt. Und so solle die "Inhalation des Geistes von Seeon" zum Leitfaden für die künftige Arbeit werden.
Kramp-Karrenbauer nahm Dobrindts Ball auf. Sie wolle den "Schwung" nutzen, den die Wechsel an der Spitze der beiden Parteien mit sich brächten. Nun gelte es, die Politik in der Regierung zu gestalten. So wolle sie eine "Agenda der Fleißigen" aufs Gleis setzen, da sich "Leistung wieder lohnen" müsse. Die Partnerschaft von CDU und CSU, die sie vor wenigen Monaten noch in akuter Gefahr gesehen hatte, sei wieder hergestellt, die Gefahr einer Spaltung tendiere nun "gegen null".
Ob das mit dem Regierungspartner SPD alles umzusetzen ist, was Dobrindt und Kramp-Karrenbauer da vorhaben? Immerhin steht nun die Überprüfung der Koalitionsarbeit an, da die SPD eine "Revisionsklausel" in den Koalitionsvertrag hinein verhandelt habe. Für so manchen Sozialdemokraten mag dies eine Art Sollbruchstelle sein. Doch die beide Unionspolitiker warnen: Auch CDU und CSU hätten ein Recht auf Überprüfung.
Dobrindt will mit europäischer Idee begeistern
Angesichts sich eintrübender Konjunkturaussichten könnte eine Anpassung des Koalitionsvertrags nötig werden, sagt Kramp-Karrenbauer und wendet so die sozialdemokratische Drohkulisse zum eigenen Vorteil - indem sie den Gestaltungsanspruch formuliert. Viele gemeinsame Aufgaben stehen bevor. Am 26. Mai naht mit der Europawahl der erste Prüfstein mit großen Schritten. Im Herbst stehen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen Landtagswahlen an. Dass die CSU mit Manfred Weber den Spitzenkandidaten der Union und der EVP für die Europawahl stellt, wirkt zusätzlich disziplinierend. Immerhin wollen CDU und CSU ein gemeinsames Wahlprogramm.
"Wir wollen mit der europäischen Idee begeistern", sagt Dobrindt bei einem Statement im Schneetreiben - das war in der CSU nicht immer so. Es gehe darum, Europa den Menschen zurückzugeben, ohne die Herausforderungen zu verschweigen. Dobrindt verteidigt den Besuch des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán bei der Klausur im vergangenen Jahr. Wer nicht wolle, dass auch Ungarn europafeindlichen Populisten in die Hände falle, der müsse das Gespräch suchen.