CSU-Parteitag
Wird's eine Reform oder ein Reförmchen?
19. Januar 2019, 9:02 Uhr aktualisiert am 19. Januar 2019, 9:02 Uhr
Der CSU-Parteitag am Samstag steht nicht nur im Zeichen des Personalwechsels, er soll auch ein Neuanfang sein - davon hat man aber schon oft gesprochen.
München - Ehemals bedeutende Parteipolitiker sind für die Medien oft interessantere Gesprächspartner als aktive, weil sie in dem Ruf stehen, die Wahrheit zu sagen und sich nicht mehr um Sprachregelungen scheren zu müssen. Das gilt besonders dann, wenn ihr Ausscheiden aus dem Amt nicht ganz harmonisch ablief.
Deshalb verdient Beachtung, was die ehemalige CSU-Generalsekretärin und bayerische Staatsministerin Christine Haderthauer kürzlich über die Rolle der Frauen in ihrer Partei ausführte: "Frauen sind eben nicht systemrelevant in der CSU", klagte sie. "Sie sitzen zwar am Tisch, aber die faktische Macht haben die Männer, und das zeigen sie auch", sagte Haderthauer der "Zeit". Wenn eine Frau zu reden anfange, sinke gleich die Konzentration der Männer.
"Jünger, weiblicher, ökologischer"
Dem folgte zwar sogleich ein pflichtgemäßer Widerspruch der amtierenden stellvertretenden CSU-Vorsitzenden Angelika Niebler, doch insgeheim dürften viele CSU-Damen der Ex-Spitzenpolitikerin Haderthauer zustimmen: Entgegen anderslautender Beteuerungen ist die CSU nach wie vor eine Männerpartei. Und sie ist alles andere als jugendlich - und besonders ökologisch orientiert war sie in den letzten Jahren auch nicht.
Das soll sich jetzt - wieder einmal - alles ändern. Die in der Nach-Seehofer-CSU maßgeblichen Politiker, allen voran der am heutigen Samstag zum Parteichef zu wählende Ministerpräsident Markus Söder, geben die Ziele "jünger, weiblicher, ökologischer" vor. Söder tritt mit dem Vorsatz an, seine Partei "durchlüften" zu wollen. Die CSU solle "Mitmachpartei" werden, sagte Generalsekretär Markus Blume. Und "erste wirkliche Digitalpartei" auch.
Wichtige Entscheidungen im Alleingang
Hätte man ein kurzes Gedächtnis, könnte man beeindruckt sein. Doch dann schaut man in die Archive und stellt fest, die Ankündigungen, jünger und weiblicher sowie eine Mitmach-Partei zu werden, gehen mindestens auf den Beginn der Ära von Horst Seehofer vor mehr als zehn Jahren zurück und wurden zwischendurch immer wieder aufgefrischt.
Was "weiblicher" angeht, so hat Seehofer tatsächlich geliefert und eine Quote für innerparteiliche Wahlen durchgesetzt. Was "Mitmachpartei" angeht, so hat er diesen Anspruch selbst ad absurdum geführt: Fast immer wenn es um wirklich wichtige Entscheidungen ging, hat er im Alleingang entschieden - sei es als Partei- oder als Regierungschef.
Leitantrag zur Parteireform liegt vor
Aber irgendwie muss die CSU ja auf die Wahlschlappen der letzten Jahre - 38,8 Prozent bei der Bundestagswahl und 37,2 Prozent bei der Landtagswahl - reagieren. Aber heute noch nicht. Dem CSU-Parteitag liegt zwar ein Leitantrag zur Parteireform vor, der enthält jedoch fürs erste nur wohlklingende Absichtserklärungen wie "wir wollen Volkspartei bleiben und Zukunftsbewegung werden" und "Veränderungen zulassen, aber Identität bewahren". Satzungsänderungen soll dann erst der reguläre Parteitag im Oktober verabschieden. Zwischendurch soll eine von Generalsekretär Blume geleitete Kommission Vorschläge und Wünsche der Basis sammeln.
Hauptzweck des eintägigen Sonderparteitags ist eine möglichst glanzvolle Wahl des neuen Parteivorsitzenden und eine möglichst harmonische Verabschiedung des bisherigen. "Ich will keinen täglichen Streit um den Streits willen", hatte Söder im "Merkur" deutlich gemacht und angekündigt: "Wir müssen aber in Berlin einen Neustart machen." Was schon fast wieder zu einem deftigen Streit mit Bundesinnenminister und Noch-CSU-Chef Seehofer geführt hätte. Ein Neuanfang, belehrte Seehofer in der "Augsburger Allgemeinen" seinen Nachfolger, "kann sich ja allenfalls auf Stilfragen beziehen, denn inhaltlich arbeiten wir voll an der Realisierung des Koalitionsvertrages."
Füracker: "Manche Dinge brauchen Zeit"
Insider wollen wissen, dass Seehofer kurz darüber nachgedacht haben soll, die geplante Harmonie auf dem Parteitag durch eine süffisante Abrechnung mit denen, die ihm das Leben ganz besonders schwergemacht haben, zu stören. Aber diesen Gedanken habe er wieder fallengelassen. So wird er die anstehenden Lobeshymnen dankbar über sich ergehen lassen. Und damit ganz klar ist, was erwartet wird, hat sich Söder noch eine Steigerung von "Geschlossenheit" in Gestalt der "gemeinschaftlichen Geschlossenheit" einfallen lassen.
Doch jeder in der CSU weiß: Auch ein noch so glanzvoller Parteitag wird die Wende zum Besseren und zu einer Vier vor dem Wahlergebnis noch nicht bringen, was die Zustimmung des Wahlvolks zur Partei angeht. Diese Zustimmung ist nach der historischen Niederlage bei der Landtagswahl nach einer Umfrage eher noch weiter erodiert. Natürlich dürfen sich Spitzenpolitiker davon nicht irre machen lassen. "Manche Dinge brauchen Zeit", sagt der Oberpfälzer CSU-Bezirksvorsitzende und Finanzminister Albert Füracker. Wahrscheinlich hat er Recht.
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