Corona-Pandemie

Union bezeichnet Corona-Gesetz als "grottenschlecht"


"Wir wollen mit diesem Gesetz nichts zu tun haben": Thorsten Frei.

"Wir wollen mit diesem Gesetz nichts zu tun haben": Thorsten Frei.

Von mit Material der dpa

Das abgespeckte Infektionsschutzgesetz kommt. Die Union will sich damit nicht abfinden. Bayern will von den Regeln keinen Gebrauch machen. In einem Nachbarland gibt es sogar wieder eine Verschärfung.

Die Union macht weiter Front gegen das geänderte Infektionsgesetz mit nur noch wenigen Corona-Schutzregeln. Der Deutsche Städtetag geht davon aus, dass das Gesetz schon bald korrigiert wird.

Der Bundestag hatte die Neuregelung beschlossen, der Bundesrat ließ es passieren, jedoch unter breitem Protest. Die Länderkammer verzichtete darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen, weil sonst ab Sonntag vorerst gar keine Rechtsbasis mehr bestanden hätte. Noch am Freitag wurde das geänderte Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Die neue Rechtsgrundlage soll von morgen an gelten, da die jetzige an diesem Samstag ausläuft. Zur Pandemie-Kontrolle möglich sind den Ländern damit noch wenige allgemeine Vorgaben zu Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen wie Kliniken und Pflegeheimen. In Bussen und Bahnen soll weiter Maskenpflicht gelten können. Für regionale "Hotspots" sind aber weitergehende Beschränkungen möglich, wenn das Landesparlament für diese eine besonders kritische Corona-Lage feststellt. Alle Länder wollen noch eine Übergangsfrist nutzen und geltende Schutzregeln bis längstens zum 2. April aufrechterhalten.

Kritik am Gesetz

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, bezeichnete das Gesetz als "grottenschlecht". Damit sei nicht einmal mehr ein ordentlicher Basisschutz möglich. Die "Hotspot"-Regelung bringe die Länder in eine rechtlich sehr unsichere Situation, kritisierte der CDU-Politiker in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). "Ich sage es ganz deutlich: Wir wollen mit diesem Gesetz nichts zu tun haben. Was die Ampel hier vorlegt, halten wir für völlig verantwortungslos", sagte Frei.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek monierte, das Gesetz sei nicht praktikabel. Es sei nicht klar, wie es angewendet werden könne und welche Maßstäbe und Parameter für "Hotspots" gelten, sagte der CSU-Politiker der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag). Bayern plane deshalb vorerst nicht davon Gebrauch zu machen. Es würden keine Vorkehrungen für die Zeit nach dem 2. April getroffen, sagte Holetschek.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kritisierte, der Bund habe bei dem Gesetz auf den Sachverstand der Länder verzichtet. Alle Länder seien sich parteiübergreifend einig, dass dieses Vorgehen inakzeptabel sei, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Wüst fügte hinzu: "Ich hoffe, dass die Bundesregierung bald zur Gemeinsamkeit in der Pandemiepolitik zurückkehrt."

FDP verteidigt Gesetz

Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigte das Gesetz. Es sei "verantwortbar" und finde die richtige Balance zwischen individuellem und staatlichem Gesundheitsschutz. Die Länder blieben mit der "Hotspot"-Regelung handlungsfähig, sagte der FDP-Chef der "Augsburger Allgemeinen". "Wir gehen bei Corona jetzt einen Schritt Richtung Normalität", sagte Lindner. "In dieser Phase der Pandemie stärken wir wieder die Eigenverantwortung der Menschen", betonte er.

Der Deutsche Städtetag erwartet eine rasche Korrektur der neuen Regeln. "Es ist jetzt ein Flickenteppich zu befürchten", sagte
Städtetagspräsident Markus Lewe den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). "Und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass das Gesetz bald wieder korrigiert werden muss", fügte er hinzu.

Viele Länder in Europa haben bereits Corona-Regeln weitgehend abgeschafft. Österreich zieht nun angesichts stark steigender Infektionszahlen die Zügel wieder an. Ab Mitte nächster Woche müssen in öffentlichen Innenräumen wieder FFP2-Masken getragen werden, wie Gesundheitsminister Johannes Rauch am Freitagabend ankündigte. Im Nachbarland ist die Sieben-Tages-Inzidenz etwa doppelt so hoch wie in Deutschland.