Migrationspläne
Umfrage: Hälfte findet Zusammenarbeit mit AfD in Ordnung
29. Januar 2025, 08:53 Uhr
Die beiden großen Kirchen warnen Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz mit ungewöhnlich scharfen Worten davor, für einen härteren Kurs in der Migrationspolitik AfD-Stimmen in Kauf zu nehmen. Die Fraktionen hätten sich mit der Auflösung der Ampel-Koalition verständigt, keine Abstimmungen herbeizuführen, in der die Stimmen der AfD ausschlaggebend seien, erklären die Berliner Vertreter der katholischen Bischöfe und des Rats der Evangelischen Kirche zu entsprechenden Unionsanträgen.
"Wir befürchten, dass die deutsche Demokratie massiven Schaden nimmt, wenn dieses politische Versprechen aufgegeben wird", schreiben Prälatin Anne Gidion für die Evangelische Kirche und Prälat Karl Jüsten für die Katholische Kirche an die Abgeordneten. Über die Anträge soll am Nachmittag im Bundestag abgestimmt werden, über den Entwurf des sogenannten Zustrombegrenzungsgesetzes der Unionsfraktion am Freitag. Alle Unionsvorhaben dürften im Parlament nur Mehrheiten bekommen, wenn auch die AfD zustimmt.
Zeitpunkt und Tonlage der Debatte seien zutiefst befremdlich, kritisieren die Kirchen weiter. "Sie ist dazu geeignet, alle in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu diffamieren, Vorurteile zu schüren und trägt unserer Meinung nach nicht zur Lösung der tatsächlich bestehenden Fragen bei." Die vorgeschlagenen Verschärfungen seien zudem "nicht zielführend, vergleichbare Taten zu verhindern und tragfähige Antworten auf das öffentliche Sicherheitsbedürfnis zu geben".
In den Anträgen wie im Gesetzentwurf seien Punkte enthalten, "die unserer Auffassung nach rechts- bzw. verfassungswidrig sind oder geeignet erscheinen, die Grundpfeiler der Europäischen Union zu erschüttern". Als Beispiele für einen Verstoß gegen EU-Recht werden die von Merz geplanten dauerhaften Grenzkontrollen und eine Abweisung von Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen genannt. "Nationale Alleingänge zerstören auf Dauer das Fundament der Europäischen Union."
In einer ausführlicheren gemeinsamen Stellungnahme schreiben die Kirchen, die Union bringe ihren Entwurf zum Zustrombegrenzungsgesetz "im Zuge einer aufgeheizten öffentlichen Debatte über die Möglichkeiten der Begrenzung von Fluchtmigration" ein. Mit Blick auf den Anlass für die Initiative der Union - eine Reihe tödlicher Attacken, bei denen Migranten unter Tatverdacht stehen, heißt es: "Die beiden großen Kirchen weisen hiermit darauf hin, dass die nun vorgeschlagenen Gesetzesänderungen nach aktuellem Wissensstand keinen der Anschläge verhindert hätten."
Die Todesfahrt über den Magdeburger Weihnachtsmarkt und der Messerangriff von Aschaffenburg vor einer Woche seien offensichtlich von psychisch Kranken begangen worden. "Die Taten zeigen aus Sicht der Kirchen daher ein Defizit hinsichtlich des Informationsaustausches unterschiedlicher Behörden und einen eklatanten Mangel an adäquater Versorgung psychisch Kranker auf."
Abgelehnt wird besonders das Ziel der Union, den Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus zu stoppen. "Aus Sicht der beiden Kirchen ist es rechtlich unerlässlich, den Familiennachzug zu subsidiär
Schutzberechtigen unter erfüllbaren Bedingungen zuzulassen, da Art. 6 Abs. 1 GG (Grundgesetz) auch das tatsächliche Zusammenleben der Familienmitglieder schützt und es sich nicht um ein Deutschengrundrecht handelt." Das Zusammenleben als Familie gehöre zu den sozialen Grundbedürfnissen. "Dies gilt auch und besonders unter den Bedingungen von Flucht und Vertreibung."
Die Kirche sehen nach eigenen Worten außerdem einen Widerspruch zwischen dem Ziel der Begrenzung des Zuzugs und der auch gesetzlich angestrebten Erleichterung des Zuzugs von Arbeitskräften auf allen Qualifikationsstufen.
Für die CDU verteidigte die Vizevorsitzende Karin Prien den Kurs von Merz. Die CDU müsse nicht "immer eins zu eins mit den Kirchen einer Meinung" sein, sagte sie im Deutschlandfunk. "Wir machen Politik auf Grundlage unseres christlichen Menschenbildes." Menschen, die Schutz brauchten und die in Not seien, wolle die CDU auch weiter Aufnahme gewähren. "Aber das, was wir im Moment machen, ist doch ein Asylsystem, was auf europäischer Ebene, auf deutscher Ebene, auf Verwaltungsebene schlicht nicht funktioniert." Deshalb sei ein Politikwechsel notwendig.
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