Streit um Reichen-Steuer
SPD stellt die Eckpunkte zur Vermögensteuer vor
26. August 2019, 18:56 Uhr aktualisiert am 26. August 2019, 18:56 Uhr
Zahlen sollen die ein bis zwei Prozent mit dem meisten Vermögen. Wie viel das einbringen würde und was die Kritiker zu der SPD-Idee sagen.
München - Die Besitzer der größten Vermögen in Deutschland sollen nach den SPD-Plänen für eine Vermögensteuer 1 bis 1,5 Prozent pro Jahr an den Staat zahlen.
Besteuert werden sollen Grundbesitz, Immobilien, Unternehmensanteile und Barvermögen, wie der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel am Montag mitteilte. Laut Eckpunkten, die das SPD-Präsidium beschloss, wären die ein bis zwei Prozent der reichsten Vermögenseigentümer betroffen. "Die reichsten 45 Familien in Deutschland besitzen so viel Vermögen wie 50 Prozent der Bundesbürger", sagte Schäfer-Gümbel. Betroffen sein sollen laut SPD nur Personen mit einem Vermögen von mehreren Millionen Euro. Genau hat die Partei entsprechende Freibeträge noch nicht festgelegt.
Vermögensteuer ab zwei Millionen Euro
In einem älteren Gesetzentwurf von SPD-regierten Ländern war davon die Rede, die Steuer ab zwei Millionen Euro zu erheben. Bei zusammen veranlagten Ehegatten und Lebenspartnern sollte es das Doppelte sein.
Auch juristische Personen - insbesondere Kapitalgesellschaften - sollen der Steuer unterliegen. "Omas klein' Häuschen" solle nicht betroffen sein, so Schäfer-Gümbel.
Details der SPD-Pläne: Schutzregeln
Vor allem für wirtschaftliche Notlagen sollen Schutzregeln greifen. Teile des Betriebsvermögens wie Maschinen oder Grund und Boden sollen nicht veräußert werden müssen, so Schäfer-Gümbel.
Die Steuer soll dem Staat rund zehn Milliarden Euro pro Jahr bringen. Die Länder, die das Geld bekommen würden, sollen damit dringend nötige Investitionen etwa in Bildung leisten.
Der Verwaltungsaufwand soll bei fünf bis acht Prozent liegen, also bei maximal 800 Millionen Euro pro Jahr.
Bevorstehende Wahlen - Zeitpunkt der Forderung zufällig?
Die SPD debattiert seit Jahren über die Vermögensteuer. Seit Anfang 2019 bereitet eine SPD-Kommission unter Schäfer-Gümbel ein Konzept vor. Zunächst habe aber die Grundsteuerreform auf den Weg gebracht werden müssen, sagte der SPD-Politiker.
Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Infolgedessen wird die damals geltende Vermögensteuer seit 1997 nicht mehr erhoben. Geld und andere Vermögen waren ungleich bewertet - Immobilien auf Basis veralteter Werte. Dies soll durch die Grundsteuerreform verändert werden.
Dass die SPD ihre Eckpunkte kurz vor den Wahlen am Wochenende in Brandenburg und Sachsen präsentiert, ist nach Darstellung Schäfer-Gümbels Zufall. Ihr Profil will die in einer tiefen Krise steckende Partei aber stärken. "Natürlich hat das am Ende auch Auswirkungen auf unser Profil - das ist ausdrücklich erwünscht", sagte Schäfer-Gümbel.
Beim SPD-Parteitag im Dezember, auf dem über das Konzept entschieden werden soll, wolle die SPD ihr Profil als linke Volkspartei näher bestimmen. Gleichzeitig hoffe sie auf eine neue "Dynamik" in der Steuerdebatte - an deren Ende es selbst im Bundesrat Umsetzungschancen geben solle.
CSU, CDU und FDP: Was die Gegner sagen
CSU-Chef Markus Söder kritisierte die Debatte nach einer Klausur der Präsidien von CDU und CSU in Dresden als "völlig aus der Zeit" gefallen. Die Vermögensteuer werde auf keinen Fall kommen - das sei "das falsche Instrument zur falschen Zeit".
FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg sagte in Potsdam: "Das ist das Gegenteil dessen, was wir jetzt angesichts des drohenden konjunkturellen Abschwungs brauchen." Der SPD-Vorschlag gefährde den Erhalt von Arbeitsplätzen. Nötig sei eine Entlastung gerade kleiner und mittlerer Unternehmen.
Schäfer-Gümbel konterte, es sei keineswegs gesagt, dass sinkende Steuern für Unternehmen helfen, eine Krise zu überwinden. Bei der Finanz- und Wirtschaftskrise nach 2008 seien es eher Maßnahmen wie eine Ausweitung der Kurzarbeit gewesen, die geholfen hätten. Im Übrigen habe es selbst in der damaligen Krise große Gewinner gegeben.
Dass es in der laufenden Wahlperiode mit der Großen Koalition nichts wird mit der Vermögensteuer, räumte das Finanzministerium ein - auch wenn Minister Olaf Scholz (SPD) zu den Plänen steht.
Die Befürworter: Grüne und Linke
Grundsätzlich für eine solche Steuer sind Grüne und Linke. Es sei "ohne Frage richtig, dass höhere Vermögen einen größeren Beitrag zum Steueraufkommen leisten müssen", sagte Grünen-Chef Robert Habeck. Da es bisher keine Finanztransaktions- oder Digitalsteuer gebe, gelte es aber jetzt, "das Mögliche, das Naheliegende" zu tun.
Im Bundestagswahlkampf hatten sich die Grünen nach längerem Streit für eine "verfassungsfeste, ergiebige und umsetzbare Vermögenssteuer für Superreiche" eingesetzt.
Die Linke findet die SPD-Pläne noch zu zaghaft. Sie will Vermögen oberhalb von einer Million Euro mit fünf Prozent belasten. Die Einnahmen von jährlich 80 Milliarden Euro sollen in ein umfangreiches Investitionsprogramm fließen - für schwache Regionen in Ost- und Westdeutschland. Dies beschloss der Parteivorstand.
Umfrage: Über die Hälfte der Bürger dafür
Laut einer Umfrage des Instituts Civey für die "Welt" würden 58 Prozent der Bundesbürger eine Vermögensteuer begrüßen - 33 Prozent bewerten die Idee dagegen negativ.
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