CSU-Winterklausur
Söder kündigt Vorstoß zu Föderalismusreform an
17. Januar 2019, 14:51 Uhr aktualisiert am 17. Januar 2019, 14:51 Uhr
Bund und Länder - das Miteinander sorgt immer wieder für Ärger und Verwirrung. Jeder beharrt auf seinen Kompetenzen und für Leistungen bezahlen sollen immer die anderen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will den Föderalismus reformieren und damit erste klare bundespolitische Akzente setzen, nachdem er im Landtagswahlkampf ein ums andere Mal wiederholt hatte, er mache Politik für Bayern. Um die Bundespolitik sollten sich andere kümmern. Das ändert sich nun.
In seiner Grundsatzrede bei der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Banz machte er seine Marschrichtung deutlich: Mehr Kompetenzen für die Länder, die das wollen, und weniger Mitspracherecht für den Bund.
Im Herbst werde er den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz übernehmen. Das sei ein Anlass für seinen Vorstoß. So wolle er alte Partnerschaften mit anderen Ländern wiederbeleben. Nordrhein-Westfalen und Bayern seien die "größten und stärksten Bundesländer". Geplant sei eine gemeinsame Kabinettssitzung in München zum Thema Digitalisierung. Ebenfalls eine gemeinsame Kabinettssitzung ist mit Baden Württemberg vorgesehen. Söder will die "Südschiene" wiederbeleben, um die Interessen des wirtschaftlich starken Teils der Republik stärker herauszustellen. Dazu will Söder auch auf Hessen und Sachsen zugehen. Und mit dieser Unterstützung im Rücken, will er seine Reform des Föderalismus angehen.
"Wir glauben, Zentralismus löst keine Probleme", meinte Söder, denn "Vielfalt ist immer besser als Einfalt". Es dürfe nicht das "goldene Lasso" der Finanzierung entscheiden. Es gebe immer mehr Mischprojekte, bei denen sich die unterschiedlichen Ebenen finanziell beteiligen. Das gefällt Söder nicht, denn es werde immer "Geld in den Raum gestellt und Kompetenzen dafür gefordert". Alles, was in der vorhergehenden Föderalismusreform erreicht worden sei, werde durch Mischfinanzierungen nun "Stück für Stück wieder zurückgedreht". Die Länder seien aber keine nachgelagerte Behörde des Bundes sondern agierten laut Verfassung auf derselben Augenhöhe. Diese selbe Augenhöhe gelte es wieder herzustellen.
Söder fordert einen Bestandsschutz für Länderkompetenzen. Denn zuletzt sei eine "schleichende Abwanderung" von Kompetenzen zu beobachten gewesen. Söder nennt die Schul- und Hochschulfinanzierung, IT-Kooperation, Gemeindeverkehrsfinanzierung. All dies werde schleichend an den Bund abgegeben. Mit einer Kompetenzschutzklausel im Grundgesetz will Söder dem einen Riegel vorschieben.
Gleichzeitig fordert er Öffnungsklauseln für Länder bei Gesetzgebungsverfahren. Ihm schwebt ein Föderalismus der zwei Stufen vor. Ländern, die sich nicht imstande sehen, Aufgaben zu erfüllen, soll es erlaubt sein, den Bund um Unterstützung zu bitten, bei Abgabe eigener Kompetenzen. Größere Länder sollten die Dinge dagegen in Eigenregie organisieren dürfen, ohne Einflussnahme des Bundes.
Ganze Rechtsbereiche will Söder vom Bund auf die Länder übertragen, sofern diese das wollten. Er nennt die Einrichtung von Umweltzonen, Lärmschutz, Jagdrecht, Nahverkehr, Landschaftspflege, Jugendhilfe und Steuern, die den Ländern zufließen wie Grund- und Erbschaftsteuer.
In Deutschland will Söder den Bundesrat stärken, der nicht länger ein "Verfassungsorgan zweiter Klasse" sein dürfe. Beschlüsse des Bundesrats hätten keine Frist, innerhalb derer der Bundestag diese behandeln müsse. Umgekehrt sei dies anders. Das könne so nicht bleiben.
Mit seinen Reformvorschlägen zum Föderalismus gibt sich Söder nicht zufrieden. Auch auf europäischer Ebene gilt es aus seiner Sicht, die Regionen gegenüber Brüssel zu stärken. So will Söder erreichen, dass der Ausschuss der Regionen eine "echte Länderkammer" wird. Neben Europaparlament und Europäischem Rat brauche es "eine stärkere Verankerung der Regionen".
Zudem verwies Söder auf die Bedeutung der bevorstehenden Europawahl. Mit Manfred Weber stelle die CSU dieses Mal sogar den Spitzenkandidaten der europäischen Konservativen (EVP). Bisherige Europawahlkämpfe der CSU seien immer von einem "Ja, aber" geprägt gewesen. Dieses Mal werde seine Partei einen proeuropäischer Wahlkampf führen - natürlich ohne darauf zu verzichten, Verbesserungen anzumahnen. Dominieren werde aber ein "klares Bekenntnis zu Europa". Insgesamt kündigte Söder eine "Bundes-, Landes- und Europapolitik aus einem Guss" an, "ohne sich gegenseitig zu überraschen".
Die "Messlatte" bei der Wahl am 26. Mai "geht über Parteiinteresse hinaus". Sie sei "kein Beauty-Contest" der Parteien, denn es gehe um nicht weniger als die Handlungsfähigkeit Europas.
"Die AfD will Europa zerstören", mahnte Söder. Ziel der AfD sei es, Deutschland aus der EU herauszulösen. Doch das Beispiel des Brexit zeige, "wie demokratisch blamabel so ein Verfahren ist".
Spitzenkandidat Weber nahm diesen Ball auf: "Es geht um viel - diese Wahlen sind wichtig", sagte er in Banz. Denn es stehe nicht weniger auf dem Spiel als die Regierbarkeit des Kontinents. Er, Weber, stehe für ein "geerdetes Europa, das nahe bei den Menschen ist". Und er wiederholte seine Ankündigung, dass er die Beitrittsgespräche mit der Türkei beenden werden, sobald er EU-Kommissionspräsident sei.