Krieg in der Ukraine

Selenskyj reist mit Bitte um Militärhilfe quer durch Europa


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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warb im Gespräch mit dem britischen Premier Keir Starmer und Nato-Generalsekretär Mark Rutte erneut für die Freigabe weitreichender Waffen.

Von dpa

Mit einem Besuchsmarathon quer durch Europa versucht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die letzten Hilfsreserven für den Abwehrkampf seines Landes gegen Russland zu mobilisieren. Einen Tag vor seiner geplanten Visite in Berlin standen dabei der Reihe nach London, Paris und Rom auf dem Programm. In der britischen Hauptstadt empfing Premier Keir Starmer seinen Staatsgast an der Türschwelle des Regierungssitzes 10 Downing Street.

Nach dem Gespräch sagte Selenskyj, dass es bei dem von ihm forcierten sogenannten Siegesplan darum gehe, Bedingungen "für ein gerechtes Ende des Krieges" zu schaffen. Er dankte Großbritannien für die anhaltende Unterstützung bei der Landesverteidigung und sprach dabei konkret auch die Lieferung weitreichender Waffen an.

In den vergangenen Wochen hatte der ukrainische Staatschef immer wieder auf eine Freigabe britischer Storm Shadow und vor allem US-amerikanischer Raketen für den Beschuss russischer Militärobjekte und Flugplätze gedrängt, die als Basis für Angriffe auf ukrainische Städte und Infrastruktur dienen. Durch einen russischen Raketenangriff auf Hafeninfrastruktur im Gebiet Odessa am Mittwochabend wurden nach Behördenangaben acht Menschen getötet.

Unter einem gerechten Kriegsende versteht Selenskyj den Rückzug russischer Truppen aus den besetzten Gebieten. Die ukrainische Staatsführung wies einen italienischen Medienbericht entschieden zurück, wonach sie zu einem Waffenstillstand mit Russland entlang der derzeitigen Frontlinie bereit sei. "Das ist unwahr", sagte Dmytro Lytwyn, Berater und Redenschreiber Selenskyjs, der Agentur Interfax-Ukraine zufolge.

Zuvor hatte die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" ohne Quellenangabe geschrieben, dass Selenskyj zu einem Waffenstillstand an der aktuellen Frontlinie bereit sei, ohne diese Linie als offizielle Grenze anzuerkennen. Im Gegenzug solle sich der Westen zu Sicherheitsgarantien und einem schnellen EU-Beitritt der Ukraine verpflichten.

"Es gibt sicher kein Konzept eines Austauschs Land gegen Sicherheitsgarantien. Oder andere Tauschformate", kommentierte auch Mychajlo Podoljak, Berater des Präsidialamtschefs Andrij Jermak. "Ohne eine Niederlage Russlands gibt es keine effektiven Sicherheitsgarantien, und niemand wird sie zusagen."

Zusammen mit Starmer traf Selenskyj in London zudem den neuen Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Rutte hatte erst vor einer Woche bei seinem Antrittsbesuch in Kiew Selenskyj die weitere Unterstützung des westlichen Militärbündnisses zugesichert. In London wies Rutte Befürchtungen zurück, die Ukraine werde bei einem Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen die Hilfe ihres wichtigsten militärischen Verbündeten verlieren. Auch Trump verstehe, dass es bei dem Kampf der Ukraine auch "um die Sicherheit und die zukünftige Sicherheit der Vereinigten Staaten" gehe, sagte Rutte.

Selenskyjs Stippvisite in London ist Teil einer Reise durch mehrere europäische Hauptstädte, nachdem der eigentlich für Samstag geplante Ukraine-Solidaritätsgipfel in Ramstein verschoben wurde. Noch am Nachmittag flog Selenskyj nach Paris weiter. Dort erwartet ihn Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu Gesprächen im Élyséepalast.

Danach soll er nach Rom für einen Abendtermin mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni weiterreisen. Am Freitag steht nach Angaben des Vatikans eine Audienz bei Papst Franziskus auf der Agenda. Der Vatikan hatte bereits bei Gefangenenaustauschen zwischen Moskau und Kiew vermittelt. Im Anschluss daran kommt Selenskyj nach Berlin. Dort wird er von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen.

Hauptthema bei allen Gesprächen dürfte wie in London die Bitte nach weiterer Militärhilfe und nach der Freigabe weitreichender Waffen für Angriffe auf russischem Territorium sein. Besonders benötigt werden in der Ukraine weiterhin Flugabwehrwaffen, um die von Russland systematisch beschossene Energieinfrastruktur besser zu schützen. Die Schläge gegen die Flugplätze sollen zudem Russland die Führung des Bombenkriegs erschweren.

Moskau setzt die Gleitbomben nicht nur gegen Städte ein, sondern auch zur Zerstörung gut ausgebauter Verteidigungsstellungen der ukrainischen Streitkräfte. Bislang hat Kiew kein Mittel gefunden, diese Luftüberlegenheit zu brechen.

Auch deshalb stehen die ukrainischen Truppen im Osten des Landes an der Front stark unter Druck. Das russische Militär nutzt sein derzeitiges Übergewicht an Personal und Material für ein Vorrücken speziell im Gebiet Donezk. Anfang Oktober musste die ukrainische Armee die strategisch wichtige Stadt Wuhledar aufgeben. Die zur Festung ausgebaute Bergarbeitersiedlung war seit Kriegsbeginn schwer umkämpft. Bei den Versuchen, Wuhledar einzunehmen, erlitten russische Truppen im Kriegsherbst und -winter 2022/23 empfindliche Verluste.

Mit dem Fall der Stadt eröffnet sich den russischen Truppen auch von Süden her ein Weg nach Kurachowe. Diese Stadt galt neben Pokrowsk zuletzt als eine der Hauptstoßrichtungen des Moskauer Militärs. Den Vormarsch von Osten her konnten die Ukrainer zuletzt verlangsamen.


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