Medienbericht
Netanjahu berät mit Ministern über möglichen Reformstopp
27. März 2023, 6:56 Uhr aktualisiert am 27. März 2023, 7:10 Uhr
Israels Regierung berät einem Medienbericht zufolge wegen des erbitterten Protests gegen ihre Justizreform über einen möglichen Stopp des Vorhabens. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe sich von Sonntagabend bis tief in die Nacht mit mehreren Ministern seines Kabinetts dazu beraten, berichtete die "Jerusalem Post". An dem Krisengespräch in seinem Büro nahmen demnach Justizminister Jariv Levin, Finanzminister Bezalel Smotrich, Bildungsminister Joav Kisch und der für strategische Fragen zuständige Minister Ron Dermer teil.
Unter Berufung auf Quellen innerhalb von Netanjahus Likud-Partei schrieb die Zeitung weiter, Dermer und Kisch hätten versucht, den Regierungschef zur Aussetzung der Reform zu bewegen. Justizminister Levin hingegen habe unter Androhung seines Rücktritts darauf bestanden, das Gesetzesvorhaben gegen alle Widerstände durchzuziehen. Der Nachrichtenplattform "Ynet" zufolge sollen die Koalitionsspitzen der rechtsreligiösen Regierung am Montagmorgen in Netanjahus Büro über das weitere Vorgehen beraten.
Gegen die Reform, mit der der Einfluss des Höchsten Gerichts beschnitten und die Machtposition der Regierung zulasten der unabhängigen Justiz gestärkt werden soll, gibt es seit Monaten heftige Proteste. Mit der Entlassung des Verteidigungsministers Joav Galant erreichte der Streit am Wochenende einen vorläufigen Höhepunkt. Der Likud-Politiker hatte Netanjahus Pläne öffentlich kritisiert und die Regierung zum Dialog mit ihren Kritikern aufgerufen. Aus Protest gegen Galants Entlassung strömten am Sonntagabend Zehntausende Menschen in der Küstenmetropole Tel Aviv auf die Straße, es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei.
Mehrere Minister, die bei dem Krisentreffen in der Nacht zu Montag nicht dabei gewesen sein sollen, kündigten ihre Unterstützung für einen einstweiligen Stopp des Gesetzgebungsverfahrens an, falls sich Netanjahu dazu entscheiden sollte. Das Ziel des Reformvorhabens sei zwar richtig, der Weg dorthin aber zu überdenken und "keinen Bürgerkrieg wert", zitierte die "Jerusalem Post" Wirtschaftsminister Nir Barkat. Kulturminister Miki Sohar erklärte demnach: "Die Reform des Justizsystems ist notwendig und wichtig, aber wenn das Haus brennt, fragt man nicht, wer Recht hat, sondern kippt Wasser in die Flammen und rettet die Bewohner."