"Wir müssen vorbereitet sein"
Lauterbach befürchtet "schweren" Corona-Herbst
2. Juli 2022, 4:21 Uhr aktualisiert am 2. Juli 2022, 4:21 Uhr
Die Corona-Zahlen steigen, der Gesundheitsminister blickt sorgenvoll auf den Herbst. Für die Anpassung der gesetzlichen Schutzmaßnahmen will er sich rasch mit dem Justizminister einigen.
Deutschland steuert nach Einschätzung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schon bald auf eine deutliche Verschärfung der Corona-Lage zu. "Wir stehen vor schweren Wellen im Herbst und im Winter", sagte der SPD-Politiker im ZDF-"heute journal". Lauterbach versprach nach Vorlage eines Expertengutachtens Tempo bei der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. Im Frühjahr waren die Bestimmungen stark zurückgefahren worden, die jetzige bundesweite Rechtsgrundlage läuft am 23. September aus.
Am Freitag hatte ein Sachverständigenausschuss ein lang erwartetes Gutachten über die Wirksamkeit bisheriger Corona-Schutzmaßnahmen vorgestellt. Demnach können Schutzmaßnahmen wie das Maskentragen auch weiter gegen das Coronavirus hilfreich sein. Hinter vielen anderen bekannten Auflagen setzten die Experten aber Fragezeichen, mangels ausreichender Daten seien keine sicheren Bewertungen möglich.
Kein Lockdown wie zu Beginn der Pandemie
"Es wird ein schwerer Herbst werden, wir müssen vorbereitet sein", sagte Lauterbach auch in den ARD-"Tagesthemen". Er glaube, dass "wir mit der BA.5-Variante, die sich jetzt hier ausbreitet, große Schwierigkeiten bekommen werden". Er rechne mit sehr hohen Fallzahlen, was auch zu einer Überlastung der kritischen Infrastruktur führen könne.
Einen Lockdown wie zu Beginn der Pandemie schloss Lauterbach im ZDF aus: "Das würden wir nicht wiederholen." Es könne aber sein, dass die eine oder andere Maßnahme wieder sinnvoll sei. Details wollte Lauterbach mit Hinweis auf vertrauliche Verhandlungen mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) nicht nennen. Sie hätten mit einem anderthalbstündigen Gespräch am Freitag bereits begonnen. "Ich glaube, wir werden schnell sein", betonte Lauterbach jedoch. In den nächsten Wochen werde man ein gutes Infektionsschutzgesetz vorbereiten.
Debatte um kostenlose Bürgertests
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund verlangt mit Blick auf eine schärfere Lage im Herbst eine baldige Wiederaufnahme der kostenlosen Corona-Bürgertests. "Wir gehen davon aus, dass spätestens im Herbst, wenn die nächste große Corona-Welle droht, es wieder flächendeckend unentgeltliche Tests geben muss", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die kostenlosen Schnelltests seien ein wichtiger Baustein für die Pandemie-Bekämpfung.
Seit Donnerstag gibt es kostenlose Tests nur noch für Risikogruppen und andere Ausnahmefälle. Für Tests etwa für Familienfeiern, Konzerte oder Treffen mit Menschen ab 60 werden drei Euro Zuzahlung fällig. Wer einen solchen Test will, muss unterschreiben, dass er zu diesem Zweck gemacht wird. Lauterbach hatte die Einschränkung unter anderem mit den hohen Kosten für die Tests begründet.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die für die Abrechnungen zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen hatten am Donnerstag mit Hinweis auf die schwierige Überprüfbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen erklärt, dass sie Bürgertestungen "zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen können". Lauterbach setzt auf eine Regelung mit den Ärzten in den nächsten Tagen.