Corona-Pandemie

Impfpflicht-Plan wird konkreter - Virologe Stöhr skeptisch


Über die mögliche Einführung einer Impfpflicht wird voraussichtlich im März im Bundestag abgestimmt.

Über die mögliche Einführung einer Impfpflicht wird voraussichtlich im März im Bundestag abgestimmt.

Von mit Material der dpa

Wie eine allgemeine Corona-Impfpflicht aussehen könnte, wird nun klarer. Abgeordnete haben ihre Pläne skizziert. Doch nach wie vor gibt es auch Skeptiker einer Impfpflicht - auch unter Virologen.

Politiker und Gesundheitsexperten diskutieren weiter kontrovers über eine allgemeine Corona-Impfpflicht in Deutschland. Der Virologe Klaus Stöhr hält so eine Impfpflicht gegenwärtig "nicht für zielführend". Dagegen sprach sich der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, für eine Impfpflicht aus. "Mir scheint der Antrag für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 auf zwei Jahre befristet der Vernünftigste zu sein", sagte er der "Rheinischen Post". Unklar seien ihm noch die Sanktionen für dann immer noch Ungeimpfte. "Zwangsimpfungen wird es nicht geben - dazu stehen Ärztinnen und Ärzte nicht zur Verfügung. Deswegen kommt es auch hier auf die handwerkliche Qualität des Gesetzes an", sagte Montgomery.

Abstimmung wohl im März

Mehrere Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP schlagen in einem Eckpunktepapier vor, dass eine Impfpflicht für alle Erwachsenen ab 18 "mit dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland" gelten soll. Sie wäre mit drei Impfungen erfüllt und befristet bis Ende nächsten Jahres. Wer keinen Nachweis erbringt, dem sollen den Plänen zufolge Bußgelder drohen, zur Not auch mehrfach. Auf sogenannte Erzwingungshaft solle verzichtet werden. Über die mögliche Einführung einer Impfpflicht wird voraussichtlich im März im Bundestag abgestimmt. Die Abgeordneten sollen ohne Fraktionszwang ihre Stimme abgeben und können sich parteiübergreifenden Gruppenanträgen anschließen.

In einem anderen Antrag sprechen sich Parlamentarier um den FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann für einen Mittelweg aus - sie befürworten ein verpflichtendes professionelles und persönliches Beratungsgespräch für alle volljährigen Ungeimpften. Sollte damit nach gewisser Zeit die nötige Impfquote nicht erreicht werden, könnte eine Pflicht ab 50 greifen. Eine Gruppe um FDP-Vize Wolfgang Kubicki will dagegen eine Impfpflicht generell verhindern. Auch die AfD hat einen Antrag gegen eine Impfpflicht vorgelegt.

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte der "Rheinischen Post": Wenn eine Impfpflicht, dann für alle Erwachsenen, nicht nur für die Älteren." Eine Impfpflicht sei aber nur dann vernünftig, wenn sie auch vernünftig umgesetzt werden könne. "Vorher muss unbedingt geklärt werden, wie die Impfpflicht kontrolliert werden soll."

Stöhr: Impfpflicht "nicht alternativlos"

Der Virologe Stöhr sagte der "Fuldaer Zeitung", generell könne eine Impfpflicht ein gutes Mittel sein, um Impfquoten zu erhöhen. "Aber sie ist nicht alternativlos", meinte er. "Dazu kommt, dass sie auch nicht ohne Nebenwirkungen ist." Stöhr riet, mehr Soziologen und Psychologen einzubinden, um mit einem besseren Wissen über die Impfskeptiker zielgerichtet Impfangebote machen zu können.

Viele Menschen, die sich nicht impfen ließen, seien eher Impfskeptiker als Impfgegner, meinte Stöhr. "Wenn man weiß, um welche Bevölkerungsschichten es sich da handelt, kann man diese gezielt ansprechen." Er gab auch zu bedenken, dass eine Impfpflicht nicht vor dem Winterende greifen würde. "Sie käme damit für diese Saison zu spät. Mit der Omikron-Welle werden unter Umständen 40 bis 50 Prozent eine natürliche Immunität erlangen."

Montgomery übte unterdessen scharfe Kritik am bereits beschlossenen Gesetz zur Einführung einer einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht. "Wie kann man ein solches Gesetz machen und sich dann nicht um die Möglichkeit einer sinnvollen Anwendung und Durchführung kümmern? Die handwerkliche Qualität der Gesetzgebung dieser Regierung ist hier mangelhaft", sagte er der "Rheinischen Post".

Gesundheitsämter mit Impf-Kontrolle überfordert

Beschäftigte in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Kliniken und Pflegeheime müssen bis zum 15. März 2022 nachweisen, dass sie gegen Corona geimpft oder von Corona genesen sind. Gesundheitsämter hatten erklärt, sich mit der Kontrolle der einrichtungsbezogenen Impfpflicht überfordert zu sehen.

Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) teilte mit, er unterstütze zwar die einrichtungsbezogene Impfpflicht, verwies aber auf die Belastung der Gesundheitsämter. Diese gingen davon aus, dass im Durchschnitt bis zu zehn Prozent der Beschäftigten keinen eindeutigen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen könnten und deshalb an das Gesundheitsamt gemeldet würden. Der Gesetzgeber sei gefordert, für die Umsetzung der Impfpflicht die Zuständigkeiten, Verfahrensabläufe und Bewertungen zu klären und einheitlich für die Länder und Kommunen zu regeln.