Auslandsbesuch

Diplomatische Basisarbeit: Steinmeier in Kambodscha

Kambodschas Wirtschaft ist im Aufschwung. Bundespräsident Steinmeier besucht das Land als erstes deutsches Staatsoberhaupt. Dabei geht es auch um kritische Themen wie die Wahrung der Menschenrechte.


sized

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender bei ihrer Ankunft in Kambodscha. Auch der fünftägigen Südost-Asien-Reise besuchen sie auch Malaysia.

Begrüßung mit militärischen Ehren, Kranzniederlegung, Gespräche mit dem Staats- und dem Regierungschef - auf den ersten Blick ist der Besuch von Bundespräsiden Frank-Walter Steinmeier in Kambodscha einer wie viele andere. Aber nicht auf den zweiten. Zum einen ist er als erster Bundespräsident überhaupt hier. Zum anderen handelt es sich um keinen ganz einfachen Partner.

Denn beide Staaten teilen nicht eben dieselbe Werteordnung. Langzeit-Ministerpräsident Hun Sen ist seit 1985 im Amt, das Land wird seit Jahrzehnten von der Kambodschanischen Volkspartei regiert. Damit das so bleibt sind die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit stark eingeschränkt. Die Opposition wird nach Kräften behindert. Korruption ist weit verbreitet.

Und von Pressefreiheit kann keine Rede sein. Im weltweiten Ranking der Organisation Reporter ohne Grenzen steht Kambodscha auf Platz 142 von 180 Staaten. Wie zum Beweis ließ Hun Sen genau vor Steinmeiers Ankunft "Voice of Democracy", einem der letzten unabhängigen Medien, die Lizenz entziehen.

"Hier zu sein, um über die Unterschiede zu sprechen, das ist die erste Voraussetzung dafür, dass sich Dinge auch zum Positiven entwickeln können", sagte Steinmeier schon kurz nach der Ankunft in Kambodscha am Dienstag. In seiner Tischrede beim Mittagessen, das Hun Sen am Mittwoch für ihn gab, kam er - diplomatisch verklausuliert - darauf zurück: "Wir müssen nicht immer in allem übereinstimmen, aber wir können unseren wertschätzenden und aufrichtigen Dialog unter Partnern ausbauen."

Steinmeier bereist nun schon zum dritten Mal binnen eines Jahres Staaten in der Nachbarschaft Chinas. Im vergangenen Jahr besuchte er Singapur und Indonesien sowie Japan und Südkorea. Nun also Kambodscha und anschließend Malaysia.

Dieses neu erwachte Interesse am Indopazifik hat seinen wesentlichen Grund im russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dieser hat Deutschland schmerzhaft seine Energie-Abhängigkeit von Russland spüren lassen. Und auch die noch größere wirtschaftliche Abhängigkeit von China vor Augen geführt, die nun zunehmend kritisch gesehen wird. Diversifizierung der Beziehungen, also sich breiter aufstellen, lautet seitdem die Devise. Politisch heißt das: alte Freundschaften wieder pflegen, neue Verbündete suchen. Bundespräsident und Bundesregierung arbeiten da Hand in Hand.

Insbesondere in Kriegszeiten brauche man zuverlässige regionale und internationale Partnerschaften, sagt Steinmeier heute beim Mittagessen in Phnom Penh. "Was wir nicht brauchen, sind einseitige Abhängigkeiten, die ein Land politisch und wirtschaftlich verwundbar machen." Angesichts des Vormachtstrebens Chinas in der Region hätte er noch das Wort "militärisch" hinzufügen können.

Deutschland setzt darauf, dass diese Dominanz Chinas auch die davon betroffenen Nachbarstaaten mehr und mehr abschreckt. Anzeichen dafür hat Steinmeier bei seinen Reisen in die Region bekommen. Auf keinen Fall darf man aus seiner Sicht ein Land, das wie Kambodscha noch nach seinem Kurs sucht, allein lassen - und schon gar nicht unter dem Einfluss Chinas oder Russlands.

So groß der Wunsch nach einer Annäherung sein mag - kann man Defizite wie bei der Wahrung von Menschenrechten einfach schlucken? Steinmeier gab seine Antwort darauf, indem er sich in Phnom Penh demonstrativ auch mit dem seit 2017 kalt gestellten Oppositionsführer Kem Sokha sowie Verantwortlichen der nun verbotenen "Voice of Democracy" traf.