Landtagswahl
Bundesinnenministerin ist Hessens SPD-Spitzenkandidatin
3. Februar 2023, 4:39 Uhr
Die hessische SPD hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu ihrer Spitzenkandidatin für den Landtagswahlkampf bestimmt. Dafür sprachen sich am Freitag die Parteigremien beim Hessengipfel der SPD im osthessischen Friedewald einstimmig aus, wie Faeser sagte. "Ich freue mich sehr darüber".
Ihre Absicht, erste Ministerpräsidentin in ihrem Heimatbundesland werden zu wollen, hatte sie bereits am Vortag in Berlin öffentlich gemacht. Beim geplanten Parteitag der hessischen SPD am 17. Juni in Hanau muss nun nur noch die Landesliste aufgestellt werden. Ein neuer Landtag in Hessen soll am 8. Oktober gewählt werden.
Faeser war Ende 2021 aus der Landespolitik als Bundesinnenministerin ins Kabinett der Ampel-Koalition in Berlin gewechselt. Die 52-Jährige steht damit als erste Frau in der Geschichte der Bundesrepublik an der Spitze der Behörde. Das Amt möchte sie vorerst auch behalten.
Sie sei in Hessen tief verwurzelt, habe 30 Jahre lange Kommunalpolitik gemacht und 18 Jahre lang im hessischen Landtag als Abgeordnete gesessen, betonte die Sozialdemokratin. "Für mich ist Hessen Herzensangelegenheit." Das Land sei ihre Heimat, hier sei sie verwurzelt. Ihr Ziel sei, das Bundesland moderner, stärker und sozialer zu gestalten. "Deswegen trete ich an."
Nach 25 Jahren CDU-Regierung brauche Hessen frischen Wind. "Genauso wie ich die erste Frau im Amt der Bundesinnenministerin bin, so möchte ich die erste Frau an der Spitze der hessischen Landesregierung werden. Ich trete an, um zu gewinnen", erklärte die 52-Jährige. Sie betreibe keine Politik vom Schreibtisch aus, sondern gehe dorthin, wo die Menschen sind.
Bevor die ausgebildete Juristin in die Bundesregierung gewechselt war, hatte Faeser die SPD-Fraktion im hessischen Landtag geführt. Seit 2019 ist die verheiratete Mutter eines Sohns SPD-Landesvorsitzende in Hessen.
Die Sozialdemokraten sind seit 1999 in der Opposition im hessischen Landtag. Der bislang letzte SPD-Ministerpräsident in Hessen war Hans Eichel. Seine rot-grüne Regierung wurde 1999 von einer CDU/FDP-Koalition unter Regierungschef Roland Koch (CDU) abgelöst.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein hat bereits angekündigt, als CDU-Spitzenkandidat in den Wahlkampf ziehen zu wollen. Bei den Grünen machte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir seine Ambitionen für die Spitzenkandidatur öffentlich. CDU und Grüne, die seit 2014 eine Regierungskoalition in Hessen bilden, gelten als Hauptkonkurrenten der SPD im politischen Wettstreit um den Einzug in die Staatskanzlei.
Die Tatsache, dass Faeser trotz der Spitzenkandidatur Bundesinnenministerin bleiben will, war erwartungsgemäß auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicher gab, dass die Arbeit seiner Ministerin nicht beeinträchtigt werde, kritisierten Politiker anderer Parteien Faesers neue Doppelrolle.
Dazu sagte Faeser am Freitag in Friedewald, es sei eine demokratische Selbstverständlichkeit, aus einem Amt heraus zu kandidieren. Sie habe dafür die volle Rückendeckung auch von Scholz. Es sei außerdem jetzt nicht die Zeit für Wahlkampf in Hessen, daher werde sie sich in den nächsten Wochen und Monaten voll auf das Amt der Bundesinnenministerin konzentrieren.
Das Land werde aber immer vorgehen, betonte die hessische SPD-Spitzenkandidatin. Sie werde immer vor Ort sein, falls etwas passiert, falls Menschen bei Ereignissen zu Schaden gekommen sind. Sie werde sich nicht wegducken, sondern der Verantwortung stellen. "Die Hessen wissen, dass sie sich zu einhundert Prozent auf mich verlassen können. Das, was ich mache, mache ich mit voller Leidenschaft."
Beim Hessengipfel der SPD waren die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihre saarländische Amtskollegin Anke Rehlinger (beide SPD) zu Gast. Dreyer lobte Faeser als konsequente und "unglaublich klare Frau". "Sie hat einen klaren Kompass", sagte Dreyer über die nun nominierte Spitzenkandidatin. Regierungschefin Rehlinger nannte Faeser eine äußert kompetente und warmherzige Spitzenpolitikerin.
Dreyer und Rehlinger wiesen die Kritik von anderen Parteien an der künftigen Doppelrolle strikt zurück. Sie seien beide ebenfalls aus Ämtern in den Wahlkampf gezogen, Dreyer als amtierende rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und Rehlinger als Wirtschaftsministerin im Saarland.
In Friedewald gab es am Abend auch eine AfD-Veranstaltung mit laut Polizei rund 100 Teilnehmern. Unter den Rednern war der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke.