Politik

Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung: Die Mini-Minister

Die Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung sind der Opposition im Landtag ein Dorn im Auge. Kosten diese Sonderstellen nur oder bewirken die Amtsinhaber tatsächlich etwas im Freistaat?


Die kommissarische Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung Gudrun Brendel-Fischer (CSU).

Die kommissarische Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung Gudrun Brendel-Fischer (CSU).

Von Heidi Geyer

In der Wirtschaft gilt der Spruch: "Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis." So werden gerne Themen, die lästig oder schwer zu platzieren sind, an ein Gremium delegiert. In der Bayerischen Staatsregierung gilt das ebenso - zumindest aus Sicht der Opposition.

Acht Beauftragte der Staatsregierung leistet sich Bayern: für Bürger, Bürokratieabbau, Integration, Antisemitismus, Ehrenamt, Belange von Menschen mit Behinderung, Patienten und Pflege sowie Aussiedler und Vertriebene. Jedem dieser Beauftragten stehen ein Büro und Mitarbeiter zur Verfügung.

Zum Missfallen der FDP. Helmut Kaltenhauser, haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion kritisiert etwa, dass die Kosten nicht transparent seien, und hatte daher 2022 eine Anfrage gestellt.

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Ludwig Spaenle (CSU) ist der bayerische Antisemitismusbeauftragte.

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Walter Nussel (CSU, Bürokratieabbau)

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Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer,Patienten- und Pflegebeauftragter

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Eva Gottstein,Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für das Ehrenamt

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Michael Hofmann,Bürgerbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung

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Holger Kiesel,Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung der Bayerischen Staatsregierung

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Sylvia StierstorferBeauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene

Das Ergebnis sei, dass die Kosten weit höher liegen, als angegeben: "Tatsächlich sind die Kosten - zum Beispiel für den Bürokratiebeauftragten - sechsmal höher als offiziell ausgewiesen. Das ist ein bewusstes Hinters-Licht-Führen der Öffentlichkeit." In den Haushaltsdebatten sei es immer nur um Entschädigungen für die Beauftragten gegangen.

Die Bayerische Ehrenamtsbeauftragte Eva Gottstein (Freie Wähler) hat in ihrem ersten Tätigkeitsbericht von 2018 bis 2019 (ein aktueller wird derzeit erstellt) vor allen Dingen zahlreiche Termine gelistet, die sie besucht hat. So soll das Ehrenamt mehr Wertschätzung erfahren. Von 40 Jahren Seniorenbeirat in Regensburg bis zum Asylhelfertreffen in Wertingen sind vielfältige Termine dabei.

Außerdem stellt Gottstein auf ihrer Homepage das "Ehrenamt der Woche" vor. Zudem ist Gottstein laut Bericht als unparteiische Ombudsfrau Ansprechpartnerin. Die Beauftragte setzte sich auch politisch ein, etwa für die Erhöhung der Ehrenamtspauschale. 229 000 Euro hoch waren die Personalkosten für Gottsteins Büro 2021 laut einer Antwort der Bayerischen Staatsregierung.

2300 Bürgeranfragen hat MdL Michael Hofmann (CSU) von Juli 2021 bis Juni 2022 bekommen. Etwa, dass ein städtischer Baum eine Dachrinne verstopft, die Kommune aber keine Kosten für die Reinigung übernehmen will, wie es in einem Video beschrieben ist.

Oder die eines Vaters, dem "vom zuständigen Landratsamt horrende Bußgelder auferlegt wurden, weil er seine schwerbehinderte Tochter in der Schule nicht auf Covid-19 testen lassen wollte", heißt es in seinem Rechenschaftsbericht.

Außerdem habe Hofmann unter anderem gemeinsam mit dem bayerischen Ministerpräsidenten im Januar 2022 in allen sieben Regierungsbezirken ein neues Format von Bürgersprechstunden durchgeführt.

Im Gegenzug beliefen sich die Personalkosten des Bürgerbeauftragten im Jahr 2021 auf 505 000 Euro. Rechtfertigen 2300 Bürgeranfragen diesen Personalaufwand?

Aus Sicht der FDP nicht. Sie will die Beauftragten abschaffen, lediglich den Posten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus sowie diejenigen für Integration und für die Belange von Menschen mit Behinderung beibehalten.

Claudia Köhler, haushaltspolitische Sprecherin der Landtags-Grünen sieht in den Beauftragten nur eine "künstliche Erweiterung des Kabinetts, meistens für Abgeordnete der Regierungsfraktionen, für die kein Ministerposten mehr übrig war". Teuer seien sie, obwohl sie nicht die Kompetenzen von Ministern haben. "Sie sollen diejenigen Themen bedienen, für die Söders Politik keine Lösungen bietet: Ehrenamt, Integration, Bürokratieabbau und andere. Wieder mal nur Show für teures Geld!"

Ein hartes Urteil fällt auch SPD-Fraktionsvorsitzender Florian von Brunn. "Die sogenannten Bayerischen Beauftragten der Staatsregierung kosten die bayerischen Steuerzahler über drei Millionen Euro im Jahr." Viel Geld und Aufwand. "Einen echten Nutzen für die Menschen in Bayern bringen sie aber nicht." Dieses Geld könne man besser investieren, etwa in bezahlbares Wohnen, bessere Schulen und Krankenhäuser.

Die Rolle der Freien Wähler ist wiederum eine interessante. "Über die neuen ,Staatssekretäre light' spotten selbst Teile der CSU-Fraktion", sagte der damalige Abgeordnete und heutige Kultusminister Michael Piazolo (FW) noch 2018 vor der Landtagswahl. Besonders problematisch sei aber, dass Söder die Beauftragten "ohne jegliche gesetzliche Grundlage eingesetzt hat", kritisierte er damals. Sogar Verfassungsklage hatte seine Partei eingelegt, die aber nachdem die Freien Wähler gemeinsam mit der CSU regieren wollten, passé war.

Heute kommen von Piazolo andere Töne: "Wir Freie Wähler haben die Beauftragten der Staatsregierung lange kritisch gesehen, was aber vor allem an der fehlenden gesetzlichen Grundlage lag. Inzwischen haben wir FW dafür gesorgt, dass mit dem ‚Gesetz über die Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung' eine solche verabschiedet wurde." Nun seien deren Anzahl sowie deren Aufgabe begrenzt. "In dieser Weise sind sie deshalb eine Bereicherung und sinnvolle Unterstützung für das Kabinett", sagte Piazolo der AZ.

Für von Brunn riecht es "nach reinem Postengeschacher, um CSU- und Freie-Wähler-Politikern zusätzlich Pfründe zu sichern. Und das, obwohl die eh schon im Landtag sitzen."

Einer, der von Söder jäh aus dem Amt geworfen wurde, war der frühere Kultus- und Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU). Der ging nach der vergangenen Wahl leer aus, obwohl das Amt geteilt und und an Bernd Sibler (CSU) und Marion Kiechle übergeben wurde. Heute ist Spaenle der Beauftragte für Antisemitismus.

Aus der Staatskanzlei kommt jedoch großes Lob für die Beauftragten. "So regen sie beispielsweise ressortübergreifend Verbesserungen an, wirken an bayerischen Gesetzesentwürfen und Konzepten mit, stehen im Austausch mit kommunalen Vertretern, Verbänden und anderen Organisationen oder informieren zu Fragen in ihrem Aufgabenbereich", teilte ein Sprecher der AZ mit. Auch wenn andere Bundesländer keine Beauftragten in dem Umfang wie Bayern haben, ist man hier offensichtlich von deren Zweck überzeugt: "Die Beauftragten sind ihrer Aufgabe vorbildlich nachgekommen."