Klausurtagung in Wildbad Kreuth

Von Merkel nichts Neues - Seehofer bekräftigt Klage-Drohung


Angela Merkel rückte auch bei der Klausurtagung in Wildbad Kreuth nicht von ihrer Position ab - ebenso wenig wie die CSU.

Angela Merkel rückte auch bei der Klausurtagung in Wildbad Kreuth nicht von ihrer Position ab - ebenso wenig wie die CSU.

Die Fronten blieben hart. Mehr war aber auch nicht zu erwarten gewesen. Während die CSU weiter auf nationalen Maßnahmen pocht, um die Flüchtlingskrise beherrschen zu können, vertritt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiterhin ihre Haltung. Bei ihrem Besuch der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth machte die CDU-Chefin deutlich, dass auch sie die Zahlen der Zuwanderer "nachhaltig senken" wolle. Jedoch setzt sie weiter auf europäische und internationale Lösungen. Sie wolle "bei den Fluchtursachen ansetzen", sagte Merkel, nachdem sie von einer Trachtengruppe vor dem Tagungsgebäude empfangen worden war. Dagegen bekräftigt Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag zum Abschluss der Klausurtagung in Wildbad Kreuth nochmal seine Drohung gegen den Bund: Notfalls würde er klagen.

Weder die Kulisse im tief verschneiten Hochtal am Tegernsee noch ein Blumenstrauß vermochten der Kanzlerin ein Entgegenkommen zu den CSU-Forderungen abzuringen. Drei Termine nannte Merkel, von denen aus ihrer Sicht viel für eine Lösung abhänge. Sie nannte die morgigen Regierungskonsultationen mit der Türkei; aus Merkels Sicht kommt der Türkei eine Schlüsselrolle zu. Sie nannte eine Geberkonferenz in London am 4. Februar, wo es um Hilfe für die Staaten in der Region um das Bürgerkriegsland Syrien gehen wird. Ferner nannte die CDU-Chefin den für Mitte Februar angesetzten Europäischen Rat, bei dem es neben der Frage einer EU-Zukunft Großbritanniens ganz zentral um die Flüchtlingsfrage gehen soll.

Von nationalen Maßnahmen kein Wort. Für Bayern fand die Kanzlerin jedoch lobende Worte und dankte für alles, was "hier geleistet wird", um den Flüchtlingszustrom zu beherrschen.

Viel Neues hatte Merkel auch im Gespräch mit den Abgeordneten nicht im Gepäck. Laut Teilnehmern sagte sie, dass Schleppern das Handwerk gelegt werden müsse. Als Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingskrise sieht sie die Türkei an, doch die von Österreich nun eingeführte Obergrenze mache ihr die Verhandlungen mit Ankara nicht leichter. Dennoch wolle sie weiter auf die "Sicherung der EU-Außengrenzen" setzen.

Und Merkel verwies auf Erfolge. So sei es gelungen, die Flüchtlingszahlen aus Staaten des Westbalkans drastisch zu reduzieren, indem diese Länder zu sicheren Herkunftsländern erklärt worden sind. Mit Marokko, Algerien und Tunesien müsse man Ähnliches schaffen. Zudem machte sie klar: Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien müssten nach Ende des Krieges wieder in ihre Heimat zurückkehren.

Im Vorfeld hatten CSU-Vertreter keine Gelegenheit ausgelassen, um die aus ihrer Sicht notwendigen Maßnahmen deutlich zu machen. Rückenwind bekam die CSU aus Österreich. Das Nachbarland hatte am Mittwoch eine Obergrenze eingeführt, was CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer der Kanzlerin bei der Begrüßung sogleich entgegenhielt. Schon zuvor hatte Kreuzer das Ziel betont, wieder rechtmäßige Zustände herbeizuführen.

"Österreich hat eine Obergrenze nun eingeführt und ist von der Willkommenskultur abgerückt", sagte Kreuzer. Dies sieht er als Vorbild für die Bundespolitik. Denn "keiner kann lange eine Politik mittragen, die er für falsch hält".

CSU hat Zwölf-Punkte-Plan

Kreuzer erwartete schon vor dem Besuch der Kanzlerin nicht, dass sich die Bundespolitik "in den Bergen von Kreuth" entscheiden werde. Doch müsse etwas geschehen, was dazu führt, dass bis spätestens März die Flüchtlingszahlen drastisch sinken. Die Zeit dafür laufe ab, betonte er immer wieder.

Zudem verwies der CSU-Fraktionsvorsitzende darauf, dass die Abgeordneten in Wildbad Kreuth einen Zwölf-Punkte-Plan beschlossen haben. Im Kern gehe es darum, zunächst die deutschen Grenzen wirksam zu schützen und jene zurückzuweisen, die keine Berechtigung hätten, diese zu überschreiten. "Es geht nicht, die CSU-Vorschläge abzulehnen, selbst eine Begrenzung zu fordern, aber nichts zu tun." Derzeit kommen laut Kreuzer rund 3.000 Flüchtlinge pro Tag in Deutschland an - mit dem Ende des Winters rechnet er mit drastisch steigenden Zahlen. Daher erwartet er eine Umsetzung der CSU-Forderungen. Falls dies nicht geschehe, werde die CSU reagieren und Kreuzer verwies auf die angedrohte Verfassungsklage von Ministerpräsident Horst Seehofer.

"Wir werden diese Begrenzung weiterhin massiv einfordern - politisch, und möglicherweise auch rechtlich", sagte Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer laut Medienberichten am Donnerstag zum Abschluss der Winterklausur der CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth. Die Bevölkerung lege Wert darauf, dass die von der CSU erhobenen Forderungen auch umgesetzt würden. Dafür werde man alles in die Waagschale werfen.

Im Übrigen sei die Entscheidung Österreichs für eine Obergrenze nicht zum Vorteil für Deutschland, da die Alpenrepublik Flüchtlinge weiterhin nach Deutschland durchschleuse. Kreuzer setzt dagegen auf Grenzschließungen in Absprache mit den Ländern auf dem Balkan. Wenn sich erst einmal herumgesprochen habe, dass auf der Balkanroute kein Durchkommen sei, werde die Zahl der Flüchtlinge spürbar sinken, ist Kreuzer überzeugt.

Söder fordert "Kurswechsel"

Noch vor der Zusammenkunft Merkels mit den Landtagsabgeordneten hatten einige mit zum Teil drastischen Worten vom Bund Bewegung gefordert. Bayerns Finanzminister Markus Söder hatte eine klare Botschaft für die Bundeskanzlerin: "Es braucht einen Kurswechsel", sagte er. Dabei müsse gelten: "mehr gemeinsam statt einsam". Die Bundesregierung müsse "endlich, endlich dafür sorgen, dass Deutschland wieder sicher wird."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Josef Zellmeier, wollte der Kanzlerin deutlich machen: "Frau Merkel, es reicht - ändern Sie jetzt ihren Kurs für unser Land und für die Gemeinschaft von CDU und CSU. Jetzt ist die letzte Gelegenheit, umzusteuern." Kultusstaatssekretär Bernd Sibler fordert von der Bundesregierung "agieren statt reagieren". Trotz aller Forderungen "müssen wir uns um die Menschen, die zu uns kommen, kümmern, aber auch die Sorgen der hier lebenden Menschen ernst nehmen. Sonst überfordert man das Land." Bei der Zuwanderung sei kein Ende in Sicht. Daher "dürfen wir die Menschen mit ihren Sorgen nicht alleine lassen".

Doch nicht nur von Merkel bekam die CSU Gegenwind. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx warnte davor, in der Kritik an der Flüchtlingspolitik oder an den zu treffenden Maßnahmen zu überziehen: "Die Außengrenze der EU darf keine Grenze des Todes werden", sagte er bei seiner Ankunft in Wildbad Kreuth. Dort diskutierte er mit den Landtagsabgeordneten über die Flüchtlingspolitik.

Kardinal Marx denkt um

Doch zur "Todesgrenze" werde die Außengrenze der EU eben aufgrund der derzeit ungeordneten Verhältnisse, hielt Fraktionschef Kreuzer dem Kardinal entgegen. Und auch der Kardinal habe eingeräumt, dass eine Zuwanderung von einer Million Menschen pro Jahr nicht auf Dauer durchzuhalten sei. Teilnehmer berichteten zudem von einer kontroversen Debatte mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Ihm sei vermittelt worden, dass auch einige "einseitige Äußerungen mancher Kirchenvertreter kontraproduktiv" seien. Doch sei bei Marx ein leichtes Umdenken spürbar. Die Politik hätte das Problem zu lösen, nicht die Kirche, sagte Marx laut Teilnehmerangaben und mit Blick auf die Kontroversen zwischen CDU und CSU sagte er nur: "Einigt euch doch!"

Das mit der Einigung ist aber genau der Knackpunkt. Bei ihrem Besuch übergab eine Gruppe von 30 Abgeordneten, darunter Hans Ritt aus Straubing, einen Brief an die Bundeskanzlerin. Darin fordern sie, dass die Zuwanderung nach Deutschland drastisch begrenzt werden müsse. Die Abgeordneten sprechen in dem Brief von der "Flüchtlingskrise als Schicksalsfrage für die Bundesrepublik Deutschland". Die Bevölkerung sei tief verunsichert und erwarte Lösungen. Dazu müsste die Polizei dringend wieder Kontrollen an den Grenzübergängen einrichten. "Wir brauchen Klarheit, wer in unser Land kommt", heißt es im Hinblick auf die Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln und auf Aggressionen in Flüchtlingsunterkünften.