Wildbad Kreuth

CSU setzt CDU in Flüchtlingspolitik weiter unter Druck


Klare Worte von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer bei der CSU-Landesgruppenklausur in Wildbad Kreuth: "Wir brauchen 2016 eine Wende in der Flüchtlingspolitik!"

Klare Worte von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer bei der CSU-Landesgruppenklausur in Wildbad Kreuth: "Wir brauchen 2016 eine Wende in der Flüchtlingspolitik!"

Wohl nicht ganz zufällig hatte CSU-Chef Horst Seehofer eine konkrete Zahl genannt: 200.000 - in dieser Zahl sieht der bayerische Ministerpräsident die Obergrenze für Zuwanderer nach Deutschland.

Kurz vor der 40. Klausur der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth hatte er diese Zahl genannt. Damit erhöhte er den Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die eine Obergrenze bislang ablehnt. Dass die Regierungschefin am ersten Klausurtag zu Gast im Hochtal am Tegernsee war, macht deutlich: Die Weihnachtsruhe ist vorüber und die CSU will ihre große Schwester in der Zuwanderungsfrage weiter vor sich her treiben. Die Obergrenze erwähnte Merkel, die kurz nach ihrem zehnten Amtsjubiläum als erste Regierungschefin eine Landesgruppenklausur besuchte, bei ihrer Ankunft in Kreuth mit keinem Wort. Doch sie betonte, dass es Ziel sei, die Zuwanderungszahlen "spürbar" zu reduzieren. Die Flüchtlingskrise wolle sie so lösen, "dass Europa daraus gestärkt hervorgeht". Nun gelte es, Fluchtursachen zu bekämpfen und dazu Friedensprozesse in Gang zu bringen - in der Ukraine, aber auch in Syrien sowie im gesamten Mittleren und Nahen Osten. Merkel will abgelehnte Asylbewerber konsequenter abschieben, bei all dem aber die Freizügigkeit in Europa erhalten. Zwar gebe es zwischen den Unionsschwestern unterschiedliche Positionen in der Flüchtlingspolitik; diese würden "wahrscheinlich" auch nach dem Gespräch mit den CSU-Abgeordneten weiterbestehen. Dennoch hätten CDU und CSU "weit mehr gemeinsame Positionen, die wir weiterentwickeln wollen".

Merkel kündigt neues Treffen mit der Türkei an

Hinter verschlossenen Türen lobte Merkel laut Teilnehmern die Arbeit Horst Seehofers sowie der bayerischen Behörden und Kommunen. Und die Flüchtlingszahl im vergangenen Jahr könne womöglich doch unter einer Million liegen. Zudem kündigte sie noch für Februar ein neues Treffen mit der Türkei an, denn nur in Kooperation mit Ankara sei das Flüchtlingsproblem überhaupt zu lösen und der Schutz der Außengrenzen zu gewährleisten. Italien und Griechenland alleine seien damit überfordert.

Seehofer hatte zuvor die Zahl auf Erfahrungswerte der vergangenen Jahre zurückgeführt und leitete sie von dem ab, was im Falle einer europäischen Kontingentlösung ohnehin an Flüchtlingen für die Bundesrepublik anfallen würde. Von Druck auf die CDU wollte Seehofer allerdings nicht viel wissen. Denn "der CDU-Parteitag hat eine sehr klare Beschlussfassung gefällt". In jedem Fall komme es nun darauf an, die Zahl der Zuwanderer deutlich zu senken. Noch immer kämen pro Tag zwischen 3.000 und 4.000 Menschen in Deutschland an. Hochgerechnet würde das bedeuten, dass im vor wenigen Tagen begonnenen Jahr mehr Flüchtlinge ankommen würden, als im Jahr 2015. Für Seehofer ist damit klar: "Wir brauchen 2016 eine Wende in der Flüchtlingspolitik."

Die 200.000, "einer zwei mit fünf Nullen" wiederholte Seehofer mehrfach, nannte sie dann aber auch "Orientierungsgröße" und griff damit eine Formulierung von CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt auf, die es offen vermied, diese Zahl selbst in den Mund zu nehmen. Allerdings sei es auch das derzeit "allerwichtigste Ziel" der Landesgruppe, den Zustrom an Flüchtlingen drastisch zu reduzieren. Auch in dieser Frage wolle die CSU "Takt- und Impulsgeber" für die Bundesregierung sein.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wies ergänzend darauf hin, dass auf europäischer und internationaler Ebene die nötigen Entscheidungen gefasst seien, es aber bei der Umsetzung hapere. Er nannte als Beispiele Hotspots, die noch immer nicht aufgebaut seien und die Sicherung der EU-Außengrenze, die weiterhin nicht gegeben sei. Allerdings, so folgerte Scheuer, habe sich die CDU schon sehr auf die CSU zubewegt habe. 2015 müsse ein Ausnahmejahr bleiben.

"Bleiberecht verwirkt", falls Täter von Köln Migrationshintergrund haben


Das Ziel der Reduzierung der Zuwanderungszahlen zu erreichen, ist für die CSU auch entscheidend in der politischen Auseinandersetzung mit der AfD. Vor Journalisten bezeichnete Seehofer diese als Bedrohung für die Union insgesamt, falls es nicht gelänge, die Probleme zu lösen. Bei seinem politischen Bericht vor den Abgeordneten wurde der Parteichef noch deutlicher. Wenn die Zuwanderungszahlen weiter so hoch blieben, werde das Land weder die Sicherheits- noch die Integrationsprobleme lösen können und auch bei der Finanzierung in Schwierigkeiten geraten, sagte Seehofer laut Teilnehmerangaben. Dann habe die Union ihre besten Zeiten hinter sich und werde im Wettbewerb mit der AfD in Probleme geraten - dann wäre wohl die absolute Mehrheit in Gefahr. Neben der Flüchtlingspolitik stand auch die wirtschaftspolitische Agenda auf der Kreuther Tagesordnung. Merkel lobte die ökonomische Stärke des Landes, warnte aber vor Fehlern. Die gute Situation gelte es "im Geiste der sozialen Marktwirtschaft" weiterzuentwickeln. Vor den Abgeordneten sagte sie laut Teilnehmern, dass sie bei den Themen Erbschaftsteuer, Bund-Länder-Finanzen, dem Freihandelsabkommen TTIP mit den USA sowie der Energiewende noch in diesem Jahr Entscheidungen treffen wolle.

"Mit aller Konsequenz handeln"

Schockiert zeigten sich alle über die Ereignisse von Köln. Hier müsse der Rechtsstaat "mit aller Konsequenz" handeln, forderte Seehofer. Zudem forderte er: "Wir müssen uns ehrlich machen über das, was in unserem Land stattfindet." Die Sicherheitslage sei dabei seine "große Sorge". Zwar unterscheide auch er "immer sauber" zwischen Flüchtlingen, Kriminalität und Terror. "Aber man muss der Tatsache ins Auge sehen, dass die Unübersichtlichkeit der Flüchtlingsströme für Zwecke der Kriminalität genutzt wird."

Sollten die Täter von Köln Migrationshintergrund haben, "dann haben sie ihr Bleiberecht verwirkt", sagte Generalsekretär Scheuer. Die hier geltenden Regeln des Zusammenlebens seien einzuhalten. Von den Vorschlägen der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (CDU), Frauen sollten "eine Armlänge" Abstand halten, um sicher zu sein, ist aus Scheuers Sicht abwegig. "Wie soll das denn im Kölner Straßenkarneval funktionieren?" Dass nun empfohlen werde, die hier lebende Bevölkerung müsse sich anpassen, sei zudem der falsche Weg. Vielmehr müsse man von Migranten erwarten, die hier geltenden Regeln anzuerkennen.