Experten befürchten Spionage-Gefahr

Können anonyme Apps das Coronavirus in den Griff bekommen?


So sieht die "Corona-Datenspende" aus.

So sieht die "Corona-Datenspende" aus.

Von Bernhard Lackner

TU, RKI und sogar die Konkurrenten Google und Apple wollen damit helfen, die Krankheit einzudämmen - und Daten abgreifen ? Nicht nur Heiko Maas warnt vor "Big-Brother-Methoden".

München/Berlin - Um die Ausbreitung des Coronavirus besser bekämpfen zu können, hofft man in Deutschland auch auf eine digitale Lösung: Eine App soll Bürger warnen, wenn sie mit einer infizierten Person in Kontakt geraten.

Vorbild Südkorea: Dort hat man ein solches System verpflichtend eingeführt. Manche Experten führen die relativ niedrige Zahl an Infizierten in Südkorea auch auf diese Warn-App zurück. In Deutschland hofft die Bundesregierung ebenfalls auf eine entsprechende Anwendung.

Forscher arbeiten an anonymen Corona-Apps

Das steckt hinter der PEPP-PT-App: Zur Entwicklung einer solchen Corona-App, die die Anonymität der Nutzer wahren und den Schutz persönlicher Daten gewährleisten soll, hat sich unter dem Namen "Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing" - kurz PEPP-PT - eine internationale Initiative gegründet.

Über 130 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten an der Entwicklung dieser Anwendung, die europaweit einsatzfähig sein soll. Das Projekt wird über Spenden finanziert und unter anderem von der TU unterstützt.

Auch das Garchinger Fraunhofer-Institut arbeitet mit: Die Wissenschaftler dort entwerfen vor allem das Sicherheitskonzept des Programms. Denn "solch eine Lösung kann nur dann funktionieren, wenn die Privatsphäre der Nutzer geschützt ist", sagt Claudia Eckert, Leiterin des Instituts. Die Nutzer der App sollen anonymisiert bleiben, ihnen werde lediglich eine ID zugeteilt.

So könnten anonyme Corona-Apps funktionieren

Bewegungsdaten sollen nicht aufgezeichnet werden, stattdessen werden demnach nur die Kontakte über die App registriert, wenn sich die Nutzer mindestens 15 Minuten lang und weniger als zwei Meter entfernt getroffen haben. Die Anwendung könnte bald veröffentlicht werden, schätzt Chris Boos, einer der Forscher des PEPP-PE-Projektes.

Einen ähnlichen Plan verfolgen Google und Apple: Als Anbieter der beiden führenden Smartphone-Plattformen weltweit wollen die Konkurrenten die Entwicklung von Apps zur Nachverfolgung von Corona-Infektionen erleichtern. Sie setzen dabei auf das Erkennen von Abständen mit Bluetooth-Funktechnik und Verschlüsselung. "Der Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit der Benutzer werden im Mittelpunkt dieser Entwicklung stehen", erklärten die beiden Konzerne.

Das Konzept sieht vor, dass Smartphones unabhängig vom verwendeten Betriebssystem temporäre Identifikationsnummern austauschen können, so dass die Privatsphäre der Anwender gewahrt bleibt. Damit ähnelt das Konzept der beiden Unternehmen dem Ansatz der paneuropäischen Initiative PEPP-PT.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) sammelt schon Daten: In Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Thryve hat das RKI eine Corona-Anwendung herausgebracht. Die App "Corona-Datenspende" kann auf Smartwatches und Fitnessarmbändern installiert werden. Im Gegensatz zur Handy-App von PEPP-PT richtet sich diese Anwendung allerdings an Corona-Infizierte oder Menschen, die eine Infektion bei sich vermuten.

Maas: Corona-Apps nur auf freiwilliger Basis

Sie übermittelt die Vitalwerte wie Körpertemperatur, Herzschlagfrequenz und Schlafrhythmus an das RKI. Personenbezogene Daten wie Geschlecht, Alter, Gewicht und Postleitzahl des Nutzers werden hierbei ebenfalls festgehalten. Denn Ziel des Robert-Koch-Instituts ist es, anhand der Daten eine Karte zu veröffentlichen, die die Verbreitung der Erkrankten innerhalb Deutschlands zeigen soll. Auch bei dieser Anwendung werden die Nutzer nur durch eine ID erfasst.

Pochen auf Freiwilligkeit: Eine Corona-App wird laut Außenminister Heiko Maas (SPD) ein wichtiger Teil der Exit-Strategie sein - allerdings auf freiwilliger Basis. Man müsse nicht die "Big-Brother-Methoden autoritärer Staaten kopieren".

Auch Manuel Höferlin, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sprach sich gegen eine Zwangsinstallation aus. "Freiwilligkeit und Datenschutzkonformität sind dabei die wesentlichen Anforderungen. Die Menschen müssen der Technologie vertrauen, sonst wird die App keinen Erfolg haben", so Höferlin.

Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Thema: Apps gegen Corona? Misstrauen ist gesund!

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