Wien
Integration als Pflicht: Österreich plant Wertekurse für Flüchtlinge
19. November 2015, 12:41 Uhr aktualisiert am 19. November 2015, 12:41 Uhr
"Österreich hat einen fest etablierten Wertekanon, der nicht verhandelbar ist." Der neue Integrations-Plan der Alpenrepublik hat eine klare Botschaft an die Flüchtlinge. Schülern mit Trend zum Radikalen droht das Nachsitzen.
Mit einem individuellen Integrationsplan sollen Asylberechtigte in Österreich künftig gefördert und mit westlichen Werten vertraut gemacht werden. In dem Plan würden der Spracherwerb, formale wie informelle berufliche Kenntnisse sowie der Besuch mehrstündiger Wertekurse festgehalten, erklärte Österreichs Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) bei der Vorstellung eines Pakets von insgesamt 50 Maßnahmen zur Integration. "Es gibt ein Recht auf Asyl, aber auch die Pflicht zur Integration", sagte der konservative Politiker am Donnerstag in Wien. Wer das Angebot nicht nutzt, dem droht eine Reduzierung der Leistungen.
Es sei geplant, dass bereits Asylbewerber während ihres Anerkennungsverfahrens an Deutsch-Kursen teilnehmen sollten, sofern ihr Gesuch große Aussicht auf Erfolg habe, meinte Kurz weiter. Allein in diesem Jahr habe Österreich 17 000 zusätzliche Deutsch-Kursplätze organisiert. Jenseits des Spracherwerbs sei aber auch die Vermittlung von im Westen selbstverständlichen Werten wie der Gleichberechtigung von Mann und Frau wichtig. An den Schulen soll ein Pflichtfach "Politische Bildung" etabliert werden. "Die meisten Menschen sind bereit sich zu integrieren", meinte der Minister.
Das Paket zielt auch ausdrücklich auf die Gefahr von Radikalisierung ab. Organisationen mit islamistischen Hintergrund versuchten, gezielt Flüchtlinge für ihre Ziele zu gewinnen, heißt es in dem 50-Punkte-Plan einer Expertengruppe. Wenn Schüler radikales oder rassistisches Verhalten im Schulalltag zeigten, sollen sie nach diesem Plan nachsitzen müssen und über ihr Verhalten reflektieren.
Das Maßnahmenpaket soll nach Erwartungen des Ministers in wesentlichen Teilen von der rot-schwarzen Koalition umgesetzt werden. Österreich rechnet in diesem Jahr mit rund 95 000 Asylbewerbern. Etwa die Hälfte hat laut Kurz eine Chance auf Anerkennung. Die Alpenrepublik ist ähnlich wie Deutschland und Schweden von der Flüchtlingskrise besonders betroffen. Die Gesamtkosten dafür liegen für das Land schätzungsweise bei rund einer Milliarde Euro pro Jahr.