Über 400 tödliche Badeunfälle
DLRG fordert mehr Schwimmunterricht
27. Februar 2018, 14:16 Uhr aktualisiert am 27. Februar 2018, 14:16 Uhr
Zwar ist die Zahl der Ertrunkenen in deutschen Gewässern gesunken, doch das lag vor allem am schlechten Wetter im vergangenen Jahr. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft warnt vor weiteren Schließungen kommunaler Bäder und sieht dabei auch die GroKo in der Pflicht.
Berlin - Für die Rettungsschwimmer hatte der verregnete Sommer auch etwas Positives: Die Zahl der tödlichen Badeunfälle ist 2017 um etwa ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Trotz weniger strandtauglicher Tage ertranken in Deutschland aber noch mindestens 404 Menschen, die meisten von ihnen in Flüssen, Seen und Teichen.
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sieht keinen Grund zur Entwarnung. Handlungsbedarf gebe es vor allem in den Kommunen, sagte DLRG-Präsident Achim Haag am Dienstag in Berlin. "Jeder zweite Grundschulabsolvent ist kein sicherer Schwimmer mehr", beklagte er.
Wartelisten für Schwimmkurse
Wegen knapper Kassen werden zunehmend städtische Bäder geschlossen. "Die Entwicklung ist alarmierend", sagte Haag. "20 bis 25 Prozent aller Grundschulen bieten keinen Schwimmunterricht mehr an, weil ihnen kein Bad zur Verfügung steht." Vereine hätten teils Wartelisten von ein bis zwei Jahre für einen Schwimmkurs. Im Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD werde mit keinem Wort die Verbesserung der Bädersituation angesprochen, kritisierte der DLRG-Chef.
"Unstreitig gibt es einen erheblichen Sanierungsstau auch bei Schwimmbädern. Hier ist es zu begrüßen, dass der Bund den Kommunen mit einem Investitionsprogramm helfen wird", teilte der Deutsche Städte- und Gemeindebund am Dienstag auf dpa-Anfrage mit. "Mit Blick auf den Schwimmunterricht stehen aber auch die Länder in der Pflicht, die Kommunen finanziell so auszustatten, dass die dafür notwendigen Schwimmbäder erhalten bleiben können."
Leichtsinn, Risikobereitschaft und Selbstüberschätzung
2017 starben laut DLRG fünf Grundschüler und neun Kinder im Vorschulalter bei Badeunfällen. Fast 77 Prozent der Ertrunkenen waren männlich. Hintergrund ist Experten zufolge oft Leichtsinn, Risikobereitschaft und Selbstüberschätzung. Besonders gefährdet sind Ältere: Gut 36 Prozent der Getöteten 2017 waren über 55 Jahre alt. Eine besondere Risikogruppe stellen Flüchtlinge dar. Aus diesem Grund hat die DLRG die Baderegeln in 25 Sprachen übersetzen lassen und zudem Piktogramme entwickelt. Im vergangenen Jahr ertranken dennoch 23 Asylsuchende, 2016 waren es allerdings sogar 64 gewesen.
"Binnengewässer sind nach wie vor die Gefahrenquelle Nummer ein", sagte Haag. Hier seien nur selten Rettungsschwimmer im Einsatz. Er appellierte an die Kommunen und Landkreise, mehr für die Sicherheit im und am Wasser zu tun. Rettungsschwimmer könnten viele Gefahrenstellen entschärfen. "Dazu fehlt schlichtweg das Geld und das Personal", meint der Städte- und Gemeindebund. Die Menschen sollten besser die Freibäder oder beaufsichtigten Badeseen nutzen.
In der Nord- und Ostsee, wo die Strände bewacht sind, ertranken laut DLRG im vergangenen Jahr 28 Menschen, davon viele beim Segeln oder Angeln. Zwölf Opfer gab es in Freibädern, Hallen- und Naturbädern, zwei in privaten Swimming-Pools. In der Statistik nicht erfasst werden Opfer, die zunächst wiederbelebt werden können und später im Krankenhaus oder zu Hause an den Folgen des Badeunfalls sterben. Nach einer Studie sind dies jährlich 90 bis 100 Fälle.
In Bayern ertranken die meisten Menschen
Im internationalen Vergleich sind die heimischen Seen, Strände und Bäder dennoch vergleichsweise sicher. Der Statistik "Ertrinken je 100.000 Einwohner" zufolge liegt Deutschland mit einem Wert von 0,49 gemeinsam mit England, den Niederlanden und Schweden in der Spitzengruppe. Wie in den Vorjahren ertranken die meisten Menschen in Bayern, nämlich 86, auf Rang zwei folgten Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mit je 55 Todesfällen.