Wie "Star Wars" in echt

Ein Further will mit Drohnen hoch hinaus

Was der Further Patrick Seiler mit seinen Drohnen macht, sei ein bisschen wie Star Wars in echt, sagt er. Mit seiner Idee ist er inzwischen ein gefragter Mann bei Autorennen.


Die Videobrille ist Patrick Seilers Weg in die virtuelle Pilotenkanzel einer ferngesteuerten Drohne.

Die Videobrille ist Patrick Seilers Weg in die virtuelle Pilotenkanzel einer ferngesteuerten Drohne.

Patrick Seilers Haare stellen sich auf. Er bekommt Gänsehaut. Fahrzeugteile und Dreck spritzen ihm entgegen. Jetzt muss der Further Nerven bewahren. 350 Stundenkilometer zeigt der Tacho seines Fluggeräts. Was er da macht, sei ein bisschen wie Star Wars in echt, sagt Seiler. Er ist Drohnenpilot und mit seiner Idee inzwischen ein gefragter Mann bei Autorennen.

Diese eine Szene aus Star Wars, in der Luke Skywalker mit atemberaubender Geschwindigkeit entlang der Oberfläche eines Todessterns rast, sieht man in ähnlicher Weise bei Youtube. Aufgenommen haben diese waghalsigen Flüge durch leerstehende Gebäude Drohnenpiloten - und die erleben hautnah das, was wohl ein Sternenkrieger erleben würde. Denn sie sitzen - zumindest virtuell - in der Pilotenkanzel ihres Fluggeräts. Das nennt sich dann FPV-Drohne. FPV steht für First-Personenvideo, weiß Patrick Seiler. Eine Kamera im Fluggerät sendet via Hochfrequenz-Funksignal Bilder an eine Videobrille. Die hat Seiler um den Kopf geschnallt und so geht es mit der Drohne in die Luft. Dann steht oder sitzt er eben da, mit der Fernbedienung in der Hand und fliegt.

Weg aus der Depression

2019 hat Seiler FPV als Hobby für sich entdeckt, bekämpfte damit erfolgreich seine Depression. Schicksalsschläge lösten die aus und so kann man sagen: Das Schicksal hat ihn dahingeführt, was ihn glücklich macht. Inzwischen arbeitet der 47-Jährige mit FPV-Drohnen, verdient auch schon gut Geld damit, sagt er. Die Drohnen lassen sich nämlich punktgenau für Filmaufnahmen einsetzen, erzählt er. "Alles, was früher Schienenkameras oder Helikopteraufnahmen waren, läuft heute über Drohne", sagt er.

Unter dem Label Pit's Flying Eye fährt er zu diversen Rennveranstaltungen, um dort Aufnahmen für die Veranstalter zu machen. Dabei können die Drohnen, die er verwendet, ihre ganze Stärke ausspielen. Denn die unterscheiden sich von den normalen, via GPS laufenden Fluggeräten in einigen Details gravierend.

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Blick auf eine der Drohnen von Seiler.

So lassen sich dank der Videosteuerung ganz andere Aufnahmen produzieren. Er fliegt dann ganz nah an die zu filmenden Objekte. Bei Rennautos sind das schon mal bis zu 20 Zentimeter, was recht spektakuläre Einstellungen ermöglicht. Bei ultrahochauflösenden Aufnahmen bei 240 Bildern pro Sekunde sieht man dann schon mal Gummifetzen vom Reifen platzen, wenn ein Rennauto durch die Kurve fetzt. Wegen der Rennautos müssen die Drohnen aber auch noch was anderes können: Sehr schnell fliegen. Daher versteht sich Seiler auch aufs Aufmotzen der Drohnen. Da schieben dann schon mal bis zu sechs Kilo Leistung an einer Drohne mit einem knappen Pfund. Da geht's von 0 auf 200 in einer Sekunde und weil sich die Propeller entsprechend schnell drehen, sind enorme Geschwindigkeiten möglich. Aktuell bastelt Seiler an einer Drohne, die 356 Stundenkilometer macht. Das will er noch toppen, sie soll noch die 400er Marke knacken, so sein Ziel. Das sind Tempi, die bei ihm Endorphine und Adrenalin durchs System rauschen lassen. "Wenn dir da plötzlich eine riesen Staubwolke die Sicht vernebelt - uuuugh!" Das ist der Moment bei den Rennen, die ihm kaum Zeit zum Denken lassen. Da muss es automatisch laufen, wenn ihm Dreckbatzen und Autoteile um die virtuellen Ohren fliegen. Die Daumen müssen sich an den Steuerknüppeln in die korrekte Richtung bewegen, damit die Drohne unbeschadet aus dieser Szene herauskommt. Dass es ihn das eine oder andere Mal reißt dabei, kann er gar nicht verhindern, sagt Seiler.

Spotter gesucht

Die Drohnenfliegerei ist wie ein Videospiel, nur dass er da eben tatsächlich in echt dabei ist - und gleich mal ein Batzen Geld geschrottet ist, wenn was schiefgeht. Bislang blieb ihm dieses Schicksal aber weitgehend erspart, freut sich der 47-Jährige. Trotzdem sucht Seiler grade auch nach einem Spotter, einem der ihm hilft, die Drohne zurückzufliegen, wenn deren Kamera aus irgendwelchen Gründen kein Bild schickt. Der muss zuverlässig sein und ein gutes Auge haben. Seiler muss sich auf ihn verlassen können, denn mit Brille am Kopf ist er quasi völlig von dem abgeschnitten, was um ihn herum passiert. Sein bisheriger Spotter ist aufgrund einer Fortbildung aktuell zeitlich eingeschränkt.

Von seinem Können als Drohnenpilot ist Seiler jedenfalls überzeugt und auch andere sind zunehmend begeistert davon. So fährt er regelmäßig nach Tschechien zu den Rennen in Domažlice, darf an den Hockenheimring zu den TrackDays oder Eisenach, um von den German Race Wars Bilder zu liefern. Mit der jüngsten Einladung sollte er nach Malaysia kommen - aber das trägt sich finanziell nicht, sagt Seiler. Seine Reputation aber ist offenbar eine gute. Und so bleibt's bislang dabei, in Deutschland herumzufliegen. Bis zu 20 Läufe filmt er dann am Tag - ein Knochenjob, sagt er. Die Konzentration während der vielen Flüge so lange auf derart hohem Niveau hochzuhalten, strengt an. Aber es macht ihn auch zufrieden.

Mit Drohnen lassen sich aber nicht nur Autorennen filmen. Und so kann man Seiler auch für diverse Filmaufnahmen buchen. Sportler, Bars oder alle anderen, die spezielle Wünsche haben, können sich bei ihm melden. Aber auch die, die Interesse haben, eine Firstperson-Drohne zu fliegen. Denn die Liebe zu diesem ganz speziellen Sport würde er gerne weitergeben und Startpunkt der Szene sein. Daher hätte Seiler vor der Corona-Pandemie vorgehabt, eine Veranstaltung für potenziellen Nachwuchs in der Festhalle abzuhalten. Die sei für derartige Veranstaltungen optimal, findet er und bedauert deshalb deren nahes Ende.

Info:

Von Youtube bis Tiktok: Wer Pit's Flying Eye sucht, der findet Seilers Kanäle. Seine Mobilnummer lautet: 0160/7473641.