Kultur

Wenn Teekannen tanzen

Das Budapester Operetten- und Musicaltheater bringt "Die Schöne und das Biest" im Deutschen Theater auf die Bühne


Die Schöne (Kitti Jene) und das Biest (Sándor Barkóczi) begegnen sich in der Bibliothek.

Die Schöne (Kitti Jene) und das Biest (Sándor Barkóczi) begegnen sich in der Bibliothek.

Von Lena Pauli

EswareinmaleinherzloserjungerPrinz…". Atemlos beginnt die Geschichte von der Schönen und dem Biest im Deutschen Theater nach einer sehr temporeichen Ouvertüre. Der Vorhang öffnet sich, und die warme Stimme einer großmütterlichen Märchenerzählerin setzt an und beginnt aus dem Off das Schatten-Vorspiel zu kommentieren.

Rastlos und ohne Pause, gehetzt und ohne Punkt und Komma erfahren wir, was vorher geschah: nämlich, dass einst ein eitler Aristokrat für sein unbarmherziges und gefühlskaltes Verhalten mit einem Fluch bestraft wurde. Seither muss er in der Gestalt eines Biestes (Sándor Barkóczi) sein Dasein fristen. Und kann nur erlöst werden, wenn er wahrhaft geliebt wird, zurücklieben und echte Güte beweisen kann.

Sie träumt von
mythischen Orten
und Abenteuern

Glücklicherweise führt das Schicksal die schöne und unerschrockene Belle in seine Gefilde. Die fühlt sich im engstirnigen und bildungsfernen Dörflein fremd, als starke Frau mit eigenem (Stur)Kopf, die um nichts in der Welt den arroganten Beau Gaston (Norman Szentmártoni) heiraten möchte. Belle will hier weg! Sie träumt von mythischen Orten und Abenteuern - aber auch von ihrem persönlichen Happy End.

Und weil das Musical "Die Schöne und das Biest" Disneys Animationsmärchen von 1991 auf der Bühne adaptiert, wird dieses Happy End als Prinzessinnentraum mit goldenem Glitzerkleid und einem Prinzen an ihrer Seite wahr. Doch um sich den zu erobern, muss sie den Fluch lösen. Eine einigermaßen selbstbewusste Protagonistin ist schon in dem Volksmärchen von 1756 angelegt, verbreitet durch die französische Schriftstellerin Jeanne-Marie Leprince de Beaumont, als sittliches Lehrstück für Kinder.

Nach über 20 Filmadaptionen flogen in den 90er Jahren in der Disney-Version schließlich ein paar moralische Leitbilder raus, kamen ein paar emanzipatorische Aspekte sowie das lebendige Geschirr und die komödiantischen Side-Kicks dazu. Und die oscar-preisgekrönte Filmmusik von Howard Ashmann, Alan Menken und Sir Tim Rice.

Die Emotionen
leiden unter dem
hohen Tempo

Drei Jahre nach dem Film kam die erste Musicaladaption der Disney Theatrical Productions an den Broadway - und tourt seither durch die Welt.

Die Inszenierung im deutschen Theater von György Böhm gibt ein schnelles Tempo vor und versucht viel unterzubringen und alles zu erzählen - und dafür ist letztlich zu wenig Zeit. Neben den Filmsongs müssen noch weitere sechs Stücke Platz finden, die Setting und Charaktere genauer beschreiben sollen. Rastlos ist die Drehbühne in Bewegung, mit ihr die Darstellenden.

Selten bekommt Kitti Jenes Belle ein paar ruhige Momente, in denen sie von ihrer Sehnsucht nach Veränderung in ihrer Welt singen und in ihren Bann ziehen kann. Die Emotionen leiden, wenn das Programm schnell abgespult wird. Es fällt dem Musicalensemble und Orchester des Budapester Operetten- und Musicaltheaters schwer, Highlights hervorzuheben und Akzente und dadurch auch einen eigenen Schwerpunkt zu setzen. Trotzdem hat das Musical mit der opulenten Ausstattung samt den singenden und tanzenden Tellern, Tassen und Teekannen, einem Goldschlangen-Regen und Pyrotechnikeffekten Überwältigungspotenzial.

Ádám Bálint gibt in seiner Kronleuchterrolle Lumière auf wunderbar charmante und witzige Art den Gastgeber und Kuppler zwischen dem unwirschen Biest und der durchaus patzigen Belle, die anfangs überhaupt kein gutes Paar sind.

Doch "Märchen schreibt die Zeit" und Stück für Stück lernen die ungleichen Wesen einander kennen, vertrauen und lieben und so kann sich der Fluch lösen, der den Prinzen im Biest gefangen hält. So kommt Belle zu ihrem Happy End und einem letztlich doch attraktiven jungen Prinzen, der gelernt hat, wie man sich als freundlicher und zugewandter Mensch verhält. Ein Zauber, der sich auf das begeisterte Publikum überträgt, auch wenn er nicht in der Tiefe berührt.