Organisatoren erzählen

Die Gegenwart und Zukunft der Festivals in Ostbayern

Rock im Park, Wacken, Splash! oder Southside - die großen deutschen Festivals kennt wohl jeder. Aber auch in Ostbayern gibt es Musik-Events, die man auf dem Schirm haben sollte. Deren Organisatoren müssen jedes Jahr wieder um ihre Events kämpfen.


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Ob bei "AgratAmAgatha" in Riedenburg (l.), beim "Hard Summer" im Kreis Straubing-Bogen oder bei "La Mer Sauvage" im Kreis Landshut: Die musikalische Bandbreite bei den ostbayerischen Festivals ist groß.

Eines eint die Verantwortlichen, die vom Geißkopf über Regensburg bis nach Riedenburg überall in der Region aktiv sind: ihre Leidenschaft, die teils an Selbstaufgabe grenzt. Ihnen geht es nicht ums Geld - für sie sind die Festivals wie Familientreffen, bei denen sie zusammen mit teils nur wenigen Hundert Gästen feiern.

Das geht nur mit Idealismus, mit teils selbst gebauten Bühnen und vielen freiwilligen Helfern. Die Festivals entstehen oft zufällig, als Schnapsidee oder weil die Veranstalter ihre Lieblingsbands in der Region hören – oder selbst mit ihrer Band auftreten – wollen.

Etwa Harald Sausenthaler, der in Laberweinting (Lkr. Straubing-Bogen) für grade mal rund 180 Gäste das ‚Pure Fucking Metal FestEvil‘ organisiert. Warum? "Aus Liebe zur Musik und zur Szene", sagt er. Das Festival ist 2016 aus einer Geburtstagsfeier hervorgegangen. „Mei, und dann macht ma hoid weida, ge!“, sagt der Metal-Fan. 2022 hat das Festival "ordentlich Miese" gemacht, dieses Jahr hofft Sausenthaler auf Ausgleich.

"Wacken ist ein Riesen-Volksfest"

Stephan Moro wollte 2014 eigentlich nur mit der eigenen Band auftreten. Daraus wurde der "Hard Summer" bei Falkenfels im Landkreis Straubing-Bogen. Seitdem hat sich das Festival zu einem Geheimtipp im Metal-Bereich gemausert und schon vielen kleinen Metalbands als erstes Sprungbrett gedient. „So als Fan muss ich auch selber sagen: Wacken, das ist einfach ein Riesen-Volksfest“, meint Moro. „Mir ist das zu groß, ich lob' mir ein schönes kleines Festival!“

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Frederik "Freddy" Löw tritt auf seinem Festival auch selbst als Metal-DJ auf.

Neben einem gewissen Trotz motiviert die Festival-Organisatoren vor allem das Feedback: „Wenn die Gäste zu mir kommen und sagen ‚Freddy, das war wieder super dieses Jahr!‘, dann pusht mich das ungemein“, sagt Frederik Löw vom ‚Metal United‘ bei Regensburg, der auch die Kultkneipe "Piratenhöhle" in Regensburg betreibt. Rund 1.500 Gäste finden ihren Weg zu seinen Outdoor- und Indoor-Bühnen am Gelände der Eventhalle „Airport“ Obertraubling und auf das nahe Camping-Gelände. Als besonderes Highlight steht hier der Festival-Chef als „DJ Käpt’n“ auch selbst auf der Bühne.

Löw glaubt, dass sich die Festival-Landschaft weiter zentralisieren wird: "Weil der finanzielle und zeitliche Aufwand für kleine Teams auf lange Sicht einfach zu groß ist und es sich letztlich nicht genug rentiert."

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Das Festival als Familientreffen

Alexander Eberl vom "La Mer Sauvage" bei Aham im Landkreis Landshut sieht gerade im Nachhall der Corona-Pandemie Probleme auf Festival-Organisatoren zukommen: „Bei den Leuten hat sich in dieser Zeit mental was verändert und sie bleiben auch gerne öfter mal zu Hause“, glaubt er. Er und sein Team organisieren beim "La Mer" jedes Jahr Künstler für kreative Lichtshows, farbenfrohe Kulissen und mit viel Liebe selbst gebaute Bühnenelemente. Für Eberl und seine Kollegen ist das Electro-Event jedes Jahr „so was wie ein Familientreffen, wo alle wieder zusammenkommen“.

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Das Team um Alexander Eberl will den Gästen beim "La Mer Sauvage" eine Möglichkeit bieten, den Alltag komplett hinter sich zu lassen.

Experten für die finsteren Klänge

Vielen Organisatoren ist es ein Anliegen, Ostbayern als Region kulturell zu bereichern. Ohne Korbinian Messerer und sein Team vom "Void Fest" würden sich harte Klänge der exotischen Natur wohl eher nicht in den Landkreis Cham verirren. Doom Metal, Black Metal, Stoner Rock – das Void-Festivalgelände, in einem Tal inmitten dunstiger Oberpfälzer Nadelwälder gelegen, tut sein Übriges, um den finsteren Vibe zu zementieren, um den es hier geht: Selbst bei 33 Grad Mitte August schickt einem das Void gerne mal einen Schauer über den Rücken. „Bei uns", sagt Messerer, "war der Grundgedanke, Bands in den Woid einzuladen, die uns selber gefallen."

Manuel Ettmüller wiederum versucht es in Neufahrn im Landkreis Landshut mit Musik näher am Mainstream: Für sein 2023 erstmals stattfindendes "Lolly Pop"-Festival erwartet er dank Wohlfühl-Pop, Schlager und 90er-Sound 5.000 bis 10.000 Gäste. Das "Rock the Hill" lockt derweil Gäste von weit her zum Geißkopf im Landkreis Regen: Neben Live-Musik und Camping findet hier auch ein großes Mountainbike-Event im nahen Bikepark statt. 

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Caroline Rind und ihr Freiwilligen-Team investieren sehr viel Herzblut ins "AgratAmAgatha".

Und am Rande des Agathasees bei Riedenburg organisieren Caroline Rind und viele Freiwillige das "AgratAmAgatha", eine echte Perle. Das "AAA" gibt es seit mehr als 20 Jahren, heuer wurde die Gästezahl auf 1.000 reduziert. „Zu viele Mehrkosten wegen der Inflation“, sagt Rind. Sie glaubt aber, „dass der Trend generell weg geht von Massenveranstaltungen hin zu familiäreren Geschichten – auch, weil inzwischen mehr Bewusstsein für Nachhaltigkeit da ist.“

Einer, der sich aus nachvollziehbaren Gründen heuer gegen die Ausrichtung entschieden hat, ist Florian Götzfried vom legendären „Labertal-Festival“ bei Schierling im Landkreis Regensburg.

Die Kleinode müssen bewahrt werden

So unterschiedlich die Genres und Ästhetiken der ostbayerischen Festivals sind – am Ende würden wohl alle Orga-Teams Harald Sausenthaler vom ‚Pure Fucking Metal‘ zustimmen, wenn er sagt: „Wahrscheinlich wird es sich nicht vermeiden lassen, dass sich die Szene immer mehr auf die großen Player konzentriert – aber wir sollten uns bemühen, diese Kleinode zu behalten, schließlich haben all diese großen Bands irgendwann auch mal auf einem kleinen Festival angefangen.“

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