Vernünftig miteinander reden, ist A und O

Wer seinen Ausbildungsbetrieb wechseln will, muss einiges beachten


Erneute Stellensuche: Wer Probleme mit seinem Ausbildungsbetrieb hat, kann die Firma unter bestimmten Umständen auch wechseln.

Erneute Stellensuche: Wer Probleme mit seinem Ausbildungsbetrieb hat, kann die Firma unter bestimmten Umständen auch wechseln.

Von Tanja Pfeffer

Nach wenigen Wochen zeigt sich, ob der Beruf, den man nach der Schule gewählt hat, auch der richtige ist. Wenn der Beruf passt, es aber dennoch Probleme in der Firma gibt, können Auszubildende den Betrieb auch während ihrer Ausbildung wechseln. Dabei gibt es einiges zu beachten.

Kann ich meinen Ausbildungsvertrag einfach so kündigen?

"Während der Probezeit, also in der Regel in den ersten vier Monaten, können beide Seiten - der Auszubildende als auch der Betrieb - das Ausbildungsverhältnis kündigen", erklärt Christian Kaiser, Leiter der Ausbildungsberatung bei der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz. Dazu braucht es auch keinen Grund. Wichtig ist, dass die Kündigung schriftlich erfolgt. Zudem müssen bei Minderjährigen die Erziehungsberechtigten unterschreiben.

Was ist, wenn die Probezeit vorbei ist?

Nach der Probezeit geht die Kündigung nur in zwei Fällen: Will der Auszubildende nach der Kündigung das Berufsfeld wechseln, kann er mit einer Frist von vier Wochen kündigen. "Fängt ein Mädchen also zum Beispiel eine Lehre zur Friseurin an und stellt dann nach der Probezeit fest, dass sie auf die Inhaltsstoffe des Haarfärbemittels allergisch reagiert, kann sie mit einer Frist von vier Wochen kündigen und eine Ausbildung in einem anderen Bereich beginnen."

Will ein Azubi aber im selben Berufsfeld bleiben, kann er nur kündigen - dann aber fristlos - wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist laut Kaiser der Fall, wenn ein Vertragspartner seine Pflichten massiv vernachlässigt. Diese Kündigung ist nicht wirksam, sofern das Problem länger als zwei Wochen besteht. Außerdem muss der Auszubildende diesen Grund auch beweisen.

Christian Kaiser rät den Auszubildenden stattdessen eher dazu, mit ihren Ausbildern zu sprechen. "Das oberste Ziel sollte grundsätzlich sein, die Ausbildung aufrechtzuerhalten. Man sollte versuchen, einen Vertrag, den man eingegangen ist, auch zu halten. Dazu muss man vernünftig miteinander reden", rät der Experte. Auszubildende sollten mit den Verantwortlichen im Betrieb sprechen und auf die eigene Situation aufmerksam machen. Kann etwas geändert werden? Hat man sich die Ausbildung so vorgestellt? Mit was ist man unzufrieden?

Lassen sich die Probleme nicht beseitigen und ist der Betrieb einverstanden, können beide Parteien das Ausbildungsverhältnis auflösen.

Werden die bisher erbrachten Leistungen angerechnet?

Diese Frage müssen Azubis mit dem neuen Betrieb klären. Die Kammern akzeptieren die bisherigen Leistungen im Regelfall, die Betriebe oft auch. Aber: Sie müssen nicht. Denn es stehen sich wieder zwei neue Vertragspartner gegenüber. Die Berufsschule können Lehrlinge in der Regel einfach weiter besuchen.

Bekomme ich ein Zeugnis?

Ja, Auszubildende, die den Betrieb verlassen, haben einen Anspruch auf ein einfaches Arbeitszeugnis, auf Verlangen auch auf ein qualifizierendes. Das regelt das Berufsbildungsgesetz.

Was, wenn ich bereits gekündigt habe, aber keinen Betrieb habe?

Bevor er die Ausbildung bei einem Betrieb beendet, sollte sich ein Azubi nach einer neuen Stelle umsehen. "Auf keinen Fall hinschmeißen und dann erst suchen!", warnt Christian Kaiser. Zu kündigen ohne neues Jobangebot, hat nämlich auch Auswirkungen auf die Berufsschule. Die darf man nur besuchen, wenn ein Lehrverhältnis mit einem Betrieb besteht.

Ist die Kündigung schon aktiv, ohne dass ein neuer Vertrag besteht, können sich junge Menschen auch beim Arbeitsamt melden. Denn: Sie haben, wie normale Arbeitnehmer auch, unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Es komme darauf an, wie lange die Ausbildung bereits gelaufen sei, klärt Erika Kriebel von der Agentur für Arbeit in Degendorf auf. "Wer innerhalb der vergangenen zwei Jahre mindestens zwölf Monate in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis war, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld."

Wo finde ich Hilfe?

Zum Beispiel bei den zuständigen Beratern der Kammern. Informationen dazu gibt es unter www.ihk-niederbayern.de/ausbildung oder auch unter www.hwkno.de. Auch die Berater der Bundesagentur für Arbeit (www.arbeitsagentur.de) helfen.

Seine eigenen Wüsche äußern

Bis zum letzten Tag ihrer Probezeit hat Miriam (Name von der Redaktion geändert) gewartet. "Ich hatte gehofft, dass es besser wird. Und ich hab' mich vorher auch nicht getraut", erinnert sie sich. Miriam hatte eine Ausbildung zur Fotografin begonnen. Mit ihrem Ausbildungsbetrieb aber war sie nicht zufrieden. "Ich bin in der Zeit nicht ausgebildet worden. Größtenteils sollte ich die Zeit absitzen", erzählt die 19-Jährige. Sie hat mit ihren Kollegen darüber geredet, ein Gespräch mit ihrer Chefin aber hat sie sich nicht zugetraut. "Ich war so schüchtern und hatte Angst davor", erinnert sich Miriam.

Nach drei Monaten hat sie sich entschieden, den Betrieb zu wechseln. Über die Berufsschule hat sie von einer anderen Stelle gehört. Ihre Ausbildung konnte sie dort weitermachen, ihre Leistungen wurden angerechnet. "Für mich war das die beste Entscheidung. Ich bereue diesen Schritt nicht. Ich habe tolle Chefs, es ist ein professioneller Betrieb und es herrscht eine lockere Atmosphäre", schwärmt Miriam. "Ich habe in den ersten zwei Wochen mehr gelernt als in den drei Monaten im anderen Betrieb." Anderen, die unzufrieden mit ihrem Beruf sind, empfiehlt die 19-Jährige aber zuerst ein Krisengespräch: "Man sollte versuchen, im Betrieb klar zu kommen. Man sollte seine Wünsche äußern und und klarstellen, dass man sich die Ausbildung anders vorgestellt hat." Für Miriam war der Wechsel aber die richtige Entscheidung, in drei Wochen macht sie nun ihren Abschluss.