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Kurzgeschichte: "Can you feel my Soul?"
4. Februar 2022, 10:59 Uhr aktualisiert am 4. Februar 2022, 10:59 Uhr
Ihr Herz pochte in der Brust im Takt mit dem grollenden Busmotor, ihre dunklen Augenbrauen waren in trauriger Art und Weise zusammengezogen, ihre blassen Hände zitterten unkontrolliert und sie drängte sich näher an die verdreckte Scheibe. Jeden Tag der gleiche Sitz, gleiche Zeit, gleiche Fragen im Kopf, ja sogar die gleichen Sorgen zeichnen ihre zerbrechlichen Gesichtszüge. Nervös drehte sie den silbernen Ring an ihrem Mittelfinger zwischen Daumen und Ringfinger, viel zu beschäftigt damit, ihre Panik im Zaum zu halten.
Die anderen Menschen beobachteten sie gleichgültig, beinahe abschätzig. Ihnen war sie zu auffällig, zu anders. Egal, wie sehr sie es versuchen würde, sie wäre nicht in der Lage authentisch in der Masse zu verschwimmen.
Ignorant, wie Menschen eben sein können und meist sind. Ihnen ist nicht bewusst, dass hinter jedem Gesicht, hinter jeder Geste eine Geschichte liegt, die so viel tiefer schneidet, als ein Messer es in Fleisch je könnte. Die stärker in den tiefsten Tiefen der Seele brennt als flüssiges Eisen auf blanker Haut, mehr berührt, als es jemand anders mit einer Umarmung je könnte, und prägender ist als jedes Siegel und jedes Tattoo.
"Unnormale" sorgen für Veränderung
Trotzdem entscheiden sich so viele Menschen dafür, den anderen mit Missachtung zu betrachten, weil er nicht dem Durchschnitt entspricht. Doch sind es genau jene Menschen gewesen, die ihnen das Leben ermöglichten, das sie jetzt führen. Die für den Luxus verantwortlich sind, den sie in den Händen halten.
Die "Unnormalen" sorgten für Veränderung, sorgten für Demokratie, Menschenrechte, alles was man inzwischen als selbstverständlich betrachtet. Warum könnt ihr nicht einfach bedingungslos lieben? Was ist so schwer daran, den simplen Satz "Liebe deine Mitmenschen, wie du gerne geliebt werden würdest" umzusetzen? Respekt, Liebe und Ehrlichkeit sind die Quintessenz des Lebens. Der Schlüssel zum Frieden, man könnte sagen zum Garten Eden. Allerdings bin ich keine Gläubige, also kein gutes Beispiel.
Es gibt keinen Grund für sie aufzustehen
Langsam stand sie auf, unsicher auf zitternden Beinen, mit Augen, die angsterfüllt von Gesicht zu Gesicht huschten, die Panik tief in den Fasern ihrer Muskeln, im Zentrum ihrer maroden Knochen, wie frisch geschliffener Stacheldraht um ihre bloße Lunge gewickelt. Sie beeilte sich, die rutschigen Stufen aus dem roten Bus zu steigen, stolperte beinahe, aber fing sich und huschte über den pitschnassen Bürgersteig, den Zebrastreifen zu ihrer Haustür. Regen peitschte ihr unaufhörlich ins Gesicht und verschleierte ihre Sicht. Hastig sperrte sie auf, und verschloss die Tür wieder hinter sich, nachdem sie hineingestürzt war.
Sie vermochte den Puls in ihren Gliedmaßen zu spüren, und das Rauschen in ihren Ohren wurde lauter. Entkräftet setzte sie sich auf den Fliesenboden, Traurigkeit wie eine kalte, schwere Decke über ihren Schultern. Warme Tränen tropften auf ihre Hose, Verzweiflung ließ sie tief seufzen und sie bemühte sich, aus ihrer feuchten Jacke zu kommen. Ihr Körper schmerzte, jede Bewegung schien zu viel, schien zu schwer, schien zu entkräftend. Es gab keinen Grund für sie aufzustehen, also blieb sie sitzen, bis die Kälte des eisigen Bodens durch ihre Kleidung ihre Wirbelsäule hochkroch. Schließlich entschied sie sich doch dazu, aufzustehen, tat dies jedoch schwerfällig und widerwillig, und ging nicht weiter als bis zur nahe gelegenen Couch.
Es fehlt das Verständnis für diese Krankheit
Erschöpft legte sie sich auf das Sofa, zog die Beine so nah es ging an den Körper und schloss die Augen. So ruhig wie sie von außen scheinen mag, so chaotisch war sie in den Tiefen ihres Kopfes, ihrer Gedanken und Einstellung. Sie fühlte sich allein, verlassen und kaputt. Das Mädchen sah keinen Punkt darin aufzustehen und sich um sich selbst zu kümmern. Für wen? Für was? Der letzte Funken Hoffnung war erloschen, der letzte Wille, etwas zu verändern im Keim erstickt.
Depressionen werden oft verspottet, hinterfragt und ins Lächerliche gezogen. Obwohl sie etwas sind, was so viel menschlicher ist als viele andere Dinge. Sie werden wie eine Erkältung behandelt, über die man "hinwegkommen" soll und über die man sich "nicht so viele Gedanken machen" soll. Es fehlt das Verständnis für diese Krankheit, die Empathie für die Menschen, die tagtäglich damit kämpfen. Den Schmerz und das Leid, welches sich in die Charakterzüge dieser Menschen gebrannt hat. Eine Erfahrung, die erfahrener und wachsamer macht. Menschen, die damit kämpfen, benötigen Hilfe, jeder Art. Ich habe zwei Jahre lang jeden Tag mit den gleichen Problemen gekämpft, die gleichen Sachen gefühlt, die gleichen Gedanken und Sorgen auf Papier geschrieben.
Alles, was ich wollte, war, dass mich jemand sieht. So sehr ich mich jedoch gegen meine Mitmenschen gewehrt habe, war das doch nur meinen Gedanken geschuldet, ich war zu tief darin verwickelt. Die Traurigkeit war wie eine Grube, die ich wie in Trance selbst geschaufelt habe, und nun saß ich unten am Boden, schaute auf und wusste nicht, wie ich hinauskomme. Ich besaß keinen blassen Schimmer, wie ich das wieder geradebiegen sollte und ließ mich von meinen Ängsten leiten. Panikattacke auf Panikattacke folgte. Aus dem Haus zu treten jedes Mal aufs Neue der blanke Horror.
Trotzdem sitze ich jetzt hier, schreibe diese Zeilen und philosophiere über das Leben. Monate verstrichen, ich verstand, dass es Zeit war, sich Hilfe zu holen. Das größte Warnsignal dafür der Gedanke "Warum lebe ich noch?". Inzwischen bin ich wieder auf den Beinen, hab durch viele Methoden meine Leiter gebastelt und bin aus dem Loch gekrochen.
Es gibt immer einen Weg hinaus, den es gilt zu finden
Der Punkt dieses Textes ist, dass man, egal, wie tief man gefallen ist, IMMER einen Weg hinausfindet. Es gibt immer Licht am Ende des Tunnels, du musst nur bereit sein es zu sehen. Niemand kann dich heilen, das kannst nur du alleine. So entmutigend wie das auf den ersten Blick klingen mag, betrachte es aus dem Winkel, dass dich auch niemand verletzen oder prägen kann, nur du selbst. Du selbst bist für dich verantwortlich, und du hast denselben Wert wie jeder andere auch. Vergiss das nicht.