Meinung

Eine kleine bunte Revolution im TV

Film und Fernsehen verändern sich: Sie zeigen auch mal klischeefrei LGBT-Charaktere in starken Hauptrollen. Warum diese Entwicklung wichtig ist. Eine Meinung von Autorin Celina Ford.


Florence Kasumba ist die erste schwarze "Tatort"-Ermittlerin.

Florence Kasumba ist die erste schwarze "Tatort"-Ermittlerin.

Umso länger man durch Netflix scrollt, desto mehr fallen Kategorien wie "Filme, bei denen Frauen Regie führten" und "LGBT-Filme" auf. Es scheint, als ob die gesellschaftliche Realität sich einen sichtbaren Weg in die Medien bahnt und der weiße Hetero-Mann, das viel zu lange aufrechterhaltene Standardbild, immer weiter von der Bildfläche verschwindet. Beginnt hier die Repräsentation aller Menschen oder erfreuen wir uns lediglich an einer Utopie?

Eine kleine bunte Revolution

Zahlen bringen meist Licht ins Dunkel. In einem Bericht von "Gay and Lesbian Alliance Against Defamation" (GLAAD) für das TV-Jahr 2017/2018 lässt sich ein positiver Trend ablesen: Wo sich 2016 nur 4,8 Prozent aller TV-Serien-Charaktere in den USA der LGBT-Community zuordnen ließen, stieg der Wert innerhalb eines Jahres auf 6,4 Prozent an - der höchste jemals gemessene.

Zählt man die drei größten Anbieter Netflix, Amazon und Hulu zusammen, konnten insgesamt 70 LGBT-Charaktere vermerkt werden. Diese kleine bunte Revolution macht sich bemerkbar: Serien wie "Queer Eye", "Pose", "American Crime Story" und auch "Bojack Horseman" nehmen sich dem Thema an und erfreuen sich großer Beliebtheit.

Und was ist mit den Frauen? Hat die Debatte um die Geschlechter auch dazu geführt, dass es vermehrt starke, weibliche Charaktere gibt? Insgesamt überwiegen immer noch Serien, in denen mehr männliche als weibliche Schauspieler beschäftigt sind. Starre Rollenbilder bleiben oft noch erhalten: Männliche Charaktere können sich durch ihren Beruf definieren, wohingegen weibliche sich weiterhin überwiegend damit begnügen müssen, hauptsächlich im familiären Kontext aufzutreten.

Zu wenig schwarze Hauptrollen

Darüber hinaus sind die Zahlen, die die Repräsentation von Minderheiten belegen, wie eine Nadel, die den Luftballon der Diversity-Utopie zum Platzen bringt: Im vergangenen "Hollywood Diversity Report" fand man heraus, dass genau 19,8 Prozent der Hauptrollen mit "People of Color" besetzt wurden. Es waren also nur zwei von zehn Schauspieler in der Hauptrolle nicht weiß. In Deutschland hat man das Gefühl, dass deutsche Medien bei der Repräsentation auf der Stelle treten. Weiß man schlicht und ergreifend nicht, wie man Menschen mit Migrationshintergrund oder diejenigen, die nicht in das heterosexuelle Rollenbild passen, darstellen soll? So, wie es jetzt oft geschieht, nämlich stereotypisierend, jedenfalls bitte nicht. Gewaltbereit, ultrareligiös und frauenfeindlich sind nur einige Schlagworte, die einem bei vielen Darstellungen in den Sinn kommen.

Besonders ernüchternd ist jedoch der Blick auf die Printmedienlandschaft. Betrachtet man die Cover von Magazinen, zieren diese meist weiße Frauen mit glatten Haaren. Das Argument, dass es unlogisch wäre, vermehrt dunkelhäutige Models mit krausen Haaren zu fotografieren, da sich dann der Großteil der Bevölkerung nicht repräsentiert fühlen würde, ist ein Trugschluss. Fakt ist, dass eben genau durch diese Medienpolitik ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung nicht repräsentiert wird.

Bei den Journalisten selbst sieht es nicht anders aus. Nur jeder Fünfzigste hat einen Migrationshintergrund. In der Bevölkerung jeder Vierte. Dabei wäre genau das heutzutage wichtig: Themen aus verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven darzustellen.

Erste schwarze Ermittlerin

Einen Schritt in die richtige Richtung machte das "Heiligtum" vieler Deutscher, der "Tatort", mit der Besetzung von Florence Kasumba als erste schwarze Ermittlerin in Göttingen. Aber auch diese Darstellung bleibt nicht ganz ohne Kontroverse: Mit den Eigenschaften stark, schnippisch, impulsiv und mit einem Hang zur Dramatik wird sich einiger Klischees über schwarze Frauen bedient.

Trotz allem darf man nicht kleinreden, wie weit wir bereits gekommen sind. Vor einigen Jahren wäre es unvorstellbar gewesen, dass es einen Film wie "Moonlight", der 2017 den Oscar für den besten Film erhielt, gegeben hätte. "Black Panther" ist einer der größten Box-Office-Erfolge aller Zeiten. "Brokeback Mountain" zeigte, dass sich zwei Cowboys lieben können. Und das Remake von "Suspiria" kommt durchaus ohne männlichen Cast klar. Es kann funktionieren: Eine bunte Zukunft ist möglich. Celina Ford

Dieser Text stammt aus der Studierendenzeitschrift Lautschrift der Universität Regensburg. Mehr Infos gibt es unter lautschrift.org.