Newcomer aus Aholming/Deggendorf
Den Club im Griff: Valentino Baumann ist Deutschlands bester DJ-Nachwuchs
14. Januar 2021, 15:33 Uhr aktualisiert am 21. Januar 2021, 15:03 Uhr
"Ich war der DJ, der immer einen Mutti-Zettel dabei hatte": Valentino Baumann wurde im Oktober zum besten Nachwuchs-DJ Deutschlands gekürt. Wir haben mit dem FOS-Schüler übers Auflegen, Auftritte und den Contest gesprochen.
Valentino über das DJ-Handwerk
Wie bist du zum Auflegen gekommen?
Valentino Baumann: Durch meinen Bruder. Der hat auf Unipartys aufgelegt. Zur Firmung habe ich einen DJ-Controller bekommen. Ich habe geübt, auf Landjugend- und Geburtstagspartys aufgelegt. Irgendwann habe ich Mixtapes gemacht und sie an Clubs geschickt. Da kam aber keine Antwort. Dann habe ich DJs angeschrieben, ob ich für sie die erste halbe Stunde im Club spielen darf. Denen haben meine Mixtapes gefallen und ich habe nach dem Einlass ein Warm-up gespielt. Aus einer halben wurde eine Stunde. Dann ist der DJ später gekommen und ich hab den halben Abend übernommen. So wurde es immer mehr.
Und was hat es mit deinem Namen Valentino Vines auf sich?
Valentino Baumann: Die Story zum Namen ist eigentlich nichts Besonderes. Ich habe mich mit einem Amerikaner über Nachnamen in den Staaten unterhalten und da fiel der Name Vines. Und ich dachte mir, Valentino Vines - why not, zweimal V geht fit.
Eine passende Auswahl an Liedern zu treffen, ist bestimmt wahnsinnig schwer. Wie gehst du da vor?
Valentino Baumann: Beim Set für den Contest habe ich geschaut, was ich im Club und auf Festivals auflege. Aus diesen Sachen habe ich meine Lieblingstracks rausgesucht, die auch gut harmonieren. Außerdem mag ich den Mix aus neuen und alten Songs. Du kannst aus jedem Genre tolle Sachen rausziehen. Da flippen die Leute aus, die feiern das.
Was ist wichtig für einen DJ?
Valentino Baumann: Auf die Leute eingehen, auf die Tanzfläche schauen, wie viele da sind, in welchem Alter sie sind. Überlegen, was man ins Mikro sagt. Aus jedem Auftritt etwas mitnehmen. Positives und Negatives.
Übt man das ins Mikro sprechen auch daheim?
Valentino Baumann: Nein! (lacht) Also das kannst du schon machen, aber dann glauben deine Nachbarn, du hast nen Schlag. Aber man kann sich schon von anderen DJs abschauen, was man wann zu den Leuten sagt.
Du spielst deine Sets aber bei jedem Auftritt neu?
Valentino Baumann: Ja klar! Ich erstelle nur einen Ordner auf meinem Stick, wie ich die Lieder der Reihe nach spiele. Alle Übergänge und die ganzen Spielereien sind live.
Hast du das Equipment zu Hause?
Valentino Baumann: Ich hab es mir von dem Club ausgeliehen, in dem ich öfter auflege. Damit übe ich.
Das wäre sonst echt teuer, oder?
Valentino Baumann: Ja, es kostet um die 8 000 Euro.
Valentino über Auftritte und das Publikum
Wo hast du schon überall aufgelegt?
Valentino Baumann: Am "Lake Explosion Festival" in Pocking oder am "X-Mas Dancefestival" in der Plattlinger Stadthalle. In Clubs in Neumarkt, Straubing, Deggendorf und Österreich.
Wie alt warst du bei deinem ersten Club-Auftritt?
Valentino Baumann: Anfang 17. Ich war wohl der erste DJ in Süddeutschland, der immer einen Mutti-Zettel dabei hatte. (lacht) Irgendein Barkeeper oder Mitarbeiter vom Club hat dann die Aufsicht für mich übernommen.
Ist es schwer, Leute zu unterhalten?
Valentino Baumann: Man muss das Publikum gut einschätzen können. Wenn zum Beispiel viele Mädels auf der Tanzfläche sind, gehst du in Richtung Spice Girls, keine zu harten Sachen, chilligen House, leichte Grooves. Bei Jungs legst du viel Hip-Hop auf oder härtere Sachen.
Du bist dann auch so flexibel, um dich auf dein Publikum einzustellen?
Valentino Baumann: Ja, das musst du auch sein. Und wenn du die Leute nach ein paar Tracks hast, dann kannst du alles spielen. Dann feiern sie alles, was du machst. Dann hast du als DJ die komplette Kontrolle über die Leute.
Das ist bestimmt ein tolles Gefühl.
Valentino Baumann: Das hat mich auch so fasziniert an dem Ganzen. Du bestimmst, wie ein Abend getaktet ist, wann die Leute tanzen, wann Ruhepausen sind.
Wie stehst du zu Musikwünschen?
Valentino Baumann: Die mag kein DJ. (lacht) Weil sie meistens nicht ins Set passen. Ich bin den Leuten nicht böse, gar nicht. Mit 16 Jahren hab ich dem DJ auch mein Smartphone unter die Nase gehalten und wollte, dass er den und den Song spielt. Schade ist nur, wenn die Leute kein Nein akzeptieren und nachbohren "Warum spielst du das nicht? Meine Freundin hat Geburtstag." Wo ich mir denke "Super, deine Freundin feiert es und 900 andere Leute im Club nicht."
Valentino über den German DJ-Contest
Wie kam es zur Teilnahme?
Valentino Baumann: Den Contest verfolge ich schon seit zwei Jahren. Ich dachte aber, ich bin dafür nicht gut genug. Der Chef vom Studio469, einem Club in Deggendorf, hat mich dazu überredet, mich zum Vorentscheid anzumelden. Auf die Vorrunde habe ich mich dann zwei, drei Monate vorbereitet. Ich habe ein 20 Minuten langes Set, eine Auswahl an Liedern, zusammengestellt. Bewertet wurde zum Beispiel, ob die Tracks der Reihe nach passen, wie du mit der Technik zurechtkommst, ob das Gesamtbild passt, ob du nur in den Laptop starrst, oder auch eine Ausstrahlung als DJ hast.
So bist du ins Finale gekommen.
Valentino Baumann: Genau, das war dann in Leipzig, eine Woche nach dem Vorentscheid. Ich hatte nur eine Woche Zeit, mir ein neues Set zu überlegen. Und irgendwie hat es dann zum Sieg gereicht.
Du klingst überrascht.
Valentino Baumann: Ich bilde mir jetzt nichts darauf ein. Wenn ich nicht gewonnen hätte, wäre es auch nicht schlimm gewesen. Ich wollte nur Erfahrungswerte sammeln.
Was war der Gewinn?
Valentino Baumann: Ein Plattenvertrag von "Seveneves Records" über eine Auftragsproduktion. Ich darf für das Label einen Track produzieren. Dazu treffen wir uns im Februar.
Was bedeutet dein Sieg in der Szene?
Valentino Baumann: Es gibt krassere Sachen. (lacht) Wenn man zum Beispiel im Kölner Bootshaus, das ist einer der angesagtesten Clubs in Deutschland, den Contest dort gewinnt, dann ist das schon krass. Aber so, das war eben ein Newcomer-Contest.