Bayern
Immobilienpreise fallen: Das Münchner Eigenheim wird deutlich günstiger
10. März 2023, 17:23 Uhr aktualisiert am 10. März 2023, 17:23 Uhr
München - Für Stephan Kippes, Chef der Marktforscher vom Immobiliendachverband Süd (IVD), sind Ursache und Wirkung eindeutig. Krieg, Inflation, hohe Energiepreise, gestiegene Baukosten (bis zu 40 Prozent) sowie der höhere Zins sorgen derzeit für einen Abwärtstrend bei Verkaufspreisen von Immobilien. Der IVD bezeichnet es als eine gravierende Veränderung des Marktes in kürzester Zeit.
Soeben wurde der neueste Forschungsbericht für München veröffentlicht. Und im Jahresvergleich ist der Abwärtstrend eindeutig. Zentral ist für Kippes ein Faktor: "Die Trendwende bei den Wohnungsbaukrediten hat den Markt auf den Kopf gestellt", sagte er am Freitag bei einer Presserunde, "die Bauzinsen gehen hoch bis zu vier Prozent", stellt Kippes fest. Im Schnitt: 2,57 Prozent.
Kippes stellt eine Modellrechnung auf, um zu verdeutlichen, warum kaufen mit Kredit derzeit so unattraktiv ist. "Wer früher 350 000 Euro Kredit aufnahm, tilgte ihn monatlich mit etwa 800 Euro", erklärt er. Jetzt bei aktuellen Zinssätzen pendle sich das bei 1800 bis 1900 Euro ein. "Kaum jemand hat monatlich tausend Euro extra herumliegen", sagt Kippes.
Seit mehr als fünf Jahren hatte der IVD-Chef mit günstigeren Verkaufspreisen in Bayern und vor allem auf dem überhitzten Münchner Markt gerechnet. "Auf einem gesunden Immobilienmarkt sieht man normalerweise eine Wellenbewegung", sagte Kippes immer - also abwechselnd sinkende und steigende Preise.
Doch in München schien diese Regel außer Kraft gesetzt zu sein - bis zur Zinswende. Fünf bis zehn Prozent sind die Preise aktuell gesunken, im Vergleich zum Herbst 2022 - auch für das begehrte "Einhorn" unter den Kaufobjekten, also für freistehende Einfamilienhäuser, von durchschnittlich 2,2 Millionen Euro (Frühjahr 2022) auf 2,075 Millionen Euro.
Die Preise für Reihenmittelhäuser sinken von 1,25 Millionen auf 1,075 Millionen Euro, neu gebaute Doppelhaushälften sind jetzt 1,87 Millionen wert, statt 1,97 Millionen Euro - und das meistgehandelte Lieblingsobjekt der Münchner, die Eigentumswohnung im Bestand?
Auch hier, ein deutlicher Rückgang des durchschnittlichen Quadratmeterpreises von 9450 auf 8500 Euro. Kostete also eine Münchner Eigentumswohnung mit hundert Quadratmetern im Herbst 2022 noch 945 000 Euro, bekommt man sie laut den Daten des IVD Süd nun für etwa 850 000 Euro. 100 000 Euro günstiger also - eine Menge Geld für die meisten Münchner Familien, die sie sich das sparen könnten - wären da nicht die hohen Kreditzinsen.
Fast um 50 Prozent ist die Zahl der Münchner Immobilen gestiegen, die zum Verkauf stehen (etwa 23 000 derzeit). Die Situation habe sich radikal verändert, vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt, so der IVD-Bericht. Bis vor der Zinswende konnten sich Verkäufer fast alles erlauben. "Jetzt kann man sogar den Kaufpreis nach unten handeln", sagt ein Immobilienfachmann aus dem Münchner Umland.
Wie geht es weiter? Zuletzt deutete der IVD auf stark steigende Mietpreise in München (AZ berichtete). Auch das hat mit dem Kaufmarkt zu tun. "Kaufinteressenten, die sich den Immobilienkredit nicht leisten können, drängen jetzt auf den Mietmarkt", sagt Kippes.
Den Zuzug von US-amerikanischen Tech-Firmen und deren gut bezahlten Mitarbeitern sieht Kippes zwar grundsätzlich positiv. Doch für den Immobilienmarkt sei das kritisch. "Eigentlich wäre es sinnvoll, wenn solche Firmen Mitarbeiterwohnungen bauen", sagt Kippes. Früher sei das recht üblich gewesen. Sonst steige der Druck auf den Mietmarkt zusätzlich.