Verwaltungsgerichtshof
Gericht setzt Testpflicht für Grenzgänger außer Kraft
24. November 2020, 17:05 Uhr aktualisiert am 24. November 2020, 17:05 Uhr
Ein wichtiger Baustein der Anti-Corona-Strategie der Staatsregierung ist vor Gericht gekippt: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die wöchentliche Testpflicht für Grenzgänger vorläufig außer Kraft gesetzt.
Die Vorschrift betraf bislang zahlreiche Pendler, die zum Arbeiten, im Rahmen einer Ausbildung oder zum Studium regelmäßig nach Bayern einreisen. Geklagt hatten zwei österreichische Gymnasiasten, die im Berchtesgadener Land die Schule besuchen.
"Die Außervollzugsetzung der Regelung hat allgemeine Wirkung", erläuterte ein Gerichtssprecher die weitreichenden Folgen des Beschlusses vom Dienstag. Die beiden Gymnasiasten mit Wohnsitz in Österreich hatten Eilanträge gegen die Einreise-Quarantäneverordnung des Freistaats eingereicht und nun bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig Recht bekommen. Gegen den Beschluss des Gerichts kann kein Rechtsmittel eingelegt werden, die Testpflicht ist daher mit sofortiger Wirkung obsolet. Allerdings ist die betroffene Verordnung aktuell ohnehin bis Ende November befristet.
Der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat hatte entschieden, dass sich die Regelung zur Testpflicht im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als unwirksam erweisen werde. Dabei argumentierten die Verwaltungsjuristen auf drei verschiedenen Ebenen: Sie sahen sie die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Testpflicht als derzeit nicht erfüllt. Zum Zweiten äußerten sie Zweifel zur Verhältnismäßigkeit einer wöchentlichen Testpflicht.
Und zum Dritten sahen sie durch die Testpflicht auch das Freizügigkeitsrecht der EU-Bürger berührt. Der Senat verwies auf eine Empfehlung des Europäischen Rats zu Einreisebeschränkungen, die sicherstellen sollen, dass EU-Ausländer im Vergleich zu Deutschen nicht diskriminiert werden.
Mit der Testpflicht für ausländische Grenzgänger hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wiederholt begründet, warum die Grenzen zu Österreich und Tschechien im Gegensatz zum Lockdown im Frühjahr trotz der anhaltend hohen Infektionszahlen dort nicht geschlossen werden. Als weiteres Argument führte er an, dass die Schutzmaßnahmen wie Abstandsregeln und Alltagsmasken inzwischen hier wie dort gälten. Als zusätzliche Sicherheit führte der Freistaat die Testpflicht für Pendler ein.
Schon vor knapp zwei Wochen hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Regelung der derzeit gültigen Corona-Verordnung gekippt, wonach die vollständige Schließung von Fitnessstudios gegen das Gleichheitsprinzip verstoße, sofern in anderen Sportstätten Individualsport zu zweit oder mit anderen Haushaltsmitgliedern zulässig sei. Die Staatsregierung verschärfte daraufhin umgehend die Regelung und verfügte die Schließung sämtlicher Hallen-Sportstätten außer für den Schul- und Profisport.