Bayern

Dreikönigstreffen der SPD: Handeln statt zu södern - und ein bisschen träumen

So startet die Münchner SPD bei ihrem Dreikönigstreffen in den Landtagswahlkampf. Auch andere Parteien trafen sich am Dreikönigstag.


Der Spitzenkandidat bei der Landtagswahl: Florian von Brunn.

Der Spitzenkandidat bei der Landtagswahl: Florian von Brunn.

Von Christina Hertel

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) träumt anscheinend viel. Zumindest konnte er am Freitag beim Dreikönigstreffen der Münchner SPD gleich von zwei Träumen erzählen.

Traum 1: Reiter schlendert nachts durch den Hofgarten, die Staatskanzlei ist hell erleuchtet. Denn die Mitarbeiter dort müssen noch eilig Akten schreddern. Nach 65 Jahren muss die CSU ihren Regierungssitz an die SPD abgeben. Der neue bayerische Ministerpräsident heißt Florian von Brunn.

Traum 2, ein Alptraum: Die CSU regiert überall, in München, in Bayern, in Deutschland. "Und plötzlich ist es kalt im Land", sagte Reiter. Mit der CSU, prophezeite er, wären die Gasspeicher leer und es gäbe auch keine Energiehilfen. Schließlich habe der CSU-Ministerpräsident Markus Söder zwar 800 Millionen Energiehilfen angekündigt, aber es sei noch nicht mal klar, wer berechtigt sein soll.

OB Dieter Reiter mit Bürgermeisterin Verena Dietl im vollen Hofbräukeller.

OB Dieter Reiter mit Bürgermeisterin Verena Dietl im vollen Hofbräukeller.

Reiter erzählte von seinen Träumen freilich nicht nur, um den komplett vollen Saal zu unterhalten, sondern um zu zeigen, dass es einen Unterschied macht, wer regiert.

Und so verwies er nicht nur auf die Zuschüsse für Energie, die die SPD-geführte Bundesregierung und das Münchner Rathaus leisten. Reiter erwähnte auch die ehemalige Mc Graw-Kaserne, die dem Freistaat gehört und die er mit etwa 250 Wohnungen bebauen könnte, aber brach liegenlässt, lässt.

Vielleicht wollte der OB aber auch die Fantasie seiner Genossen ein wenig anregen. Denn Reiter trat, wie er sagte, beim Dreikönigstreffen bloß als "Vorband" auf. Und zwar für Florian von Brunn, den Fraktionschef der SPD im Landtag, den Spitzenkandidaten der SPD bei der Landtagswahl im Herbst und den, so spekulierte Reiter, "wer weiß" nächsten bayerischen Ministerpräsidenten.

Doch dass die SPD laut Umfragen in Bayern momentan gerade mal bei zehn Prozent liegt, weiß auch Reiter. Aber vor etwa 15 Monaten, kurz vor der Bundestagswahl habe er auch Olaf Scholz als künftigen deutschen Bundeskanzler in München begrüßt. "Und was ist dann passiert? Die Antwort kennen Sie."

Reiter schloss seine Rede mit einem Appell: "Wir müssen jetzt fleißig sein, arbeiten und zusammenhalten. Denn die SPD ist immer dann stark, wenn wir miteinander und nicht gegeneinander arbeiten." Dafür gab es recht überschwänglichen Beifall. Doch von ihren Stühlen zum Klatschen erhoben sich die SPDler nicht bei der Vorband Reiter, sondern bei ihrem Headliner, von Brunn.

Auch der betonte, dass Söder besser im Reden als im Machen sei, und skizzierte die für ihn wichtigsten Punkte im Wahlkampf. So will von Brunn zum Beispiel ein Volksbegehren starten, um die 10-H-Regelung in Bayern, die die Windkraft blockiere, abzuschaffen. Er will deutlich mehr in Geothermie investieren und gegen den Fachkräftemangel kämpfen. Er forderte ein gleiches Einstiegsgehalt für alle Lehrkräfte, egal ob sie in der Grundschule oder am Gymnasium arbeiten.

Das Handwerk will von Brunn stärken, indem der Meister kostenlos wird. Auch Zuwanderung will er erleichtern. "Handeln statt zu södern" lautet von Brunns Motto.

CSU: "Ich esse auch gern Gemüse - und als Beilage ein Fleischpflanzerl"

Auch die Münchner CSU veranstaltete am Freitagabend ein Dreikönigstreffen - im Augustiner Keller. Und konnte einen prominenten Gast begrüßen: Ministerpräsidenten Markus Söder. Die AZ hat vor Beginn der Veranstaltung mit dem Chef der Münchner CSU, Justizminister Georg Eisenreich, gesprochen. Sorgen bereitet ihm vor allem die Regierung in Berlin.

In schwierigen Zeiten wie diesen, in denen Krieg in Europa herrscht, erwarte er nicht, dass die Regierung alle Probleme löst. "Aber ich erwarte, dass Probleme nicht aus ideologischen Gründen vergrößert werden", so Eisenreich.

Nicht verständlich ist für ihn, warum die Atomkraftwerke nur bis zum Frühjahr und nicht bis zum Ende der Krise verlängert werden. Das Dieselfahrverbot, das bald in München gilt, bezeichnet Eisenreich als ein "Unding". Schließlich habe dieses kein Gericht angeordnet. Das Münchner Rathaus habe es freiwillig beschlossen. "Das belastet Münchner Haushalte, Handwerker, Unternehmer mitten in einer Krise mit zusätzlichen Kosten", so Eisenreich. Das sei wirtschaftsfeindlich und unsozial. Gegen Bevormundung und unnötige Verbote wolle er kämpfen, sagt Eisenreich. Denn insbesondere die Grünen versuchen aus seiner Sicht, ständig zu bevormunden, egal ob es um die Mobilität, das Sprechen oder das Essen gehe. "Ich esse auch gern Gemüse - und als Beilage ein Fleischpflanzerl." Besonders hart muss Eisenreich die Grünen auch deshalb angreifen, weil sie der größte Konkurrent sind. Während die CSU bei der Landtagswahl 2018 ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950 einfuhren, schafften es die Grünen erstmals sechs Direktmandate zu holen, fünf davon in München. Alle Kandidaten, die es im Herbst für die CSU versuchen wollen, stehen inzwischen fest - außer in Milbertshofen, dem Stimmkreis, in dem die Grüne-Spitzenkandidatin Katharina Schulze zuletzt 35 Prozent der Erststimmen errang. Hat die CSU Angst? Das sei nicht der Fall, betont Eisenreich. Es gebe noch internen Diskussionsbedarf. Der Verband wolle die Delegiertenwahl mit der Neuwahl seines Vorstands zusammenlegen. Im Februar soll der oder die Kandidatin feststehen.



Grüne "Die Party geht weiter"

Ein Dreikönigstreffen, also einen Auftakt ins Wahlkampfjahr veranstalten die Münchner Grünen nicht. Für viele Mitglieder habe der Wahlkampf schon begonnen, als im Herbst alle Münchner Kandidierenden aufgestellt wurden, sagt Svenja Jarchow-Pongratz, die Chefin der Grünen in der Stadt. Unter ihnen ist auch das bayerische grüne Spitzenduo: Katharina Schulze (Milbertshofen) und Ludwig Hartmann (Mitte). Beide holten bei der vergangenen Wahl Rekord-Ergebnisse in ihren Stimmkreisen. Doch bloß Vorteile gebe es nicht, wenn die Spitzenkandidaten hier zu Hause sind, meint Jarchow-Pongratz. Schließlich können die nicht nur Veranstaltungen in München machen, sondern müssen im ganzen Freistaat präsent sein. Die Grünen-Chefin ist trotzdem optimistisch, dass ihre Partei im Herbst sogar noch mehr Stimmkreise als bei der vergangenen Landtagswahl gewinnen kann. Damals holten die Grünen in München fünf Direktmandate. Besser soll es diesmal werden, so Jarchow-Pongratz, weil das Team divers und die grüne Politik progressiv und ehrlich sei. "Wir sind sicher: Die grüne Party geht weiter."