Fachkräftemangel

Bayerns Arbeitsmarkt profitiert von Ukraine-Geflüchteten

Ein Jahr dauert der Ukraine-Krieg inzwischen. Die einsetzende Fluchtbewegung brachte rund 150.000 Menschen aus dem Land nach Bayern. Der Arbeitsmarkt im Freistaat wartet jetzt auf dringend benötigtes Personal.


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Blick auf ein Logo der Bundesagentur für Arbeit an einem Gebäude.

Ein Jahr nach dem Beginn des Ukraine-Krieges erwartet der bayerische Arbeitsmarkt Tausende Ukrainerinnen mit guten Deutschkenntnissen. Im April und Mai hätten viele der meist weiblichen Flüchtlinge ihre Integrationskurse abgeschlossen und stünden dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, sagte der Leiter der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit, Ralf Holtzwart, am Donnerstag in Nürnberg.

Zahlreiche Unternehmen und ganze Branchen mit hohem Bedarf an Fach- und Hilfskräften wie etwa die Gastronomie stünden bereits in den Startlöchern. "Die Sicherung und Erweiterung der Fachkräftebasis ist ein entscheidender Faktor für unsere Wirtschaft, für unseren Wohlstand", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Holtzwart erinnerte daran, dass der Großteil des Zuwachses in der bayerischen Wirtschaft in den vergangenen Jahren nur dank Arbeitskräften möglich gewesen sei, die aus dem Ausland zugewandert seien.

Seit Beginn des Krieges kamen rund 150.000 Menschen aus der Ukraine nach Bayern, davon sind nach Angaben der Arbeitsagentur rund 57.000 erwerbsfähig - der Rest sind Rentner oder Kinder. 12.188 Menschen seien bereits sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sagte Holtzwart. Knapp 22.000 werden als Arbeitslose geführt, die Übrigen befinde sich in Integrations- und Sprachkursen. Ziel sei zunächst mindestens eine Halbierung der Zahl der Arbeitslosen. "Deutlich unter 10.000 Arbeitslose - da wollen wir hin", sagte Holtzwart.

Um die Kinderbetreuung nicht als Hemmschuh für die Arbeitsaufnahme ukrainischer Mütter werden zu lassen, sprach sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) für flexible Lösungen aus. "Das ist ein echtes Problem", sagte Herrmann. Es müsse möglich sein, dass etwa eine ukrainische Erzieherin ihrem Beruf auch in Deutschland nachgehen könne und ukrainische Kinder betreuen dürfe - auch wenn sich die Anerkennung der Berufsausbildung eventuell verzögere.

Holtzwart betonte, es müsse Ziel sein, die Ukraine-Flüchtlinge möglichst entsprechend ihrer Vorbildung und beruflichen Qualifikation einzusetzen. Dies sei eine Herausforderung. Viele hätten etwa einen Hochschulabschluss, weil das ukrainische Bildungssystem dies auch für Berufe vorsehe, die in Deutschland andere Zugangsvoraussetzungen verlangen. Es bedürfe hier der Geduld der Arbeitgeber - sie müssten die Menschen einstellen und im Beruf weiterqualifizieren.

Die bayerische Grünen-Politikern Gülseren Demirel forderte in diesem Zusammenhang schnellere Berufs-Anerkennungsverfahren für Flüchtlinge aus der Ukraine. "Diese Fachkräfte sind wichtig für uns. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie in prekäre Beschäftigungen abrutschen", sagte sie.