Bayern
49-Euro-Ticket: Verkauf startet ein bisserl holprig
3. April 2023, 17:00 Uhr
München - Am Monatsanfang bildet sich vor dem MVG-Kundencenter am Hauptbahnhof meist eine Schlange. Die Münchner kaufen sich dort ihre Fahrkarten. Gestern ist die länger als sonst: Seit Montag gibt es dort das 49-Euro-Ticket, auch Deutschlandticket genannt.
Digital soll es sein, unkompliziert als Handyticket in der MVG-App zu bestellen. Nun hat nicht jeder Münchner ein Smartphone oder schafft es, das Ticket im Netz zu ordern oder das bestehende Abo anzupassen. Für sie ist am Montag das Kundencenter Anlaufstelle. Zum Teil erfolgreich, zum Teil müssen sie unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen. So ganz flüssig scheint es noch nicht zu laufen.
Schlange vor dem Kunden"Am Monatsanfang geht's hier immer zu", sagt ein Rentner
In der Schlange stehen vor allem Ältere, andere sprechen nur schlecht deutsch. "Ich bin mit der Elektronik auf Kriegsfuß", sagt eine Dame der AZ um kurz nach 10 Uhr. Deshalb stehe sie in der Schlange für das Deutschlandticket. Dort wird sie noch eine Weile stehenbleiben müssen.
Ganz gelassen nimmt es gestern Albert Neumair. Regelmäßig steht er in der Warteschlange vor dem Kundencenter. "Am Monatsanfang geht's hier immer zu", sagt der Rentner. Er habe Zeit und wolle gemütlich Monatskarten für die Familie holen. "Das Deutschlandticket macht für mich keinen Sinn", sagt er. Ein bisserl mehr sei schon los als sonst, aber alle seien ganz entspannt.
Immer wieder verteilt ein MVG-Mitarbeiter vor Ort Wartenummern in der Schlange. Ein anderer Mitarbeiter in Warnweste steckt den Wartenden DIN A4-Zettel zu; darauf ist erklärt, wie das Ticket online gebucht werden kann.
Lieber analog vor Ort möchte Christa Flecker das Deutschlandticket kaufen. Sie ist mit ihrem Mann gekommen und steht kurz vorm Eingang in der Schlange. Er wiederum hat bereits einen Account im MVG-Kundenportal und hat das Ticket bereits gekauft. "Wir finden das Deutschlandticket super. Unser Sohn wohnt in Kiel, denn können wir so leicht besuchen - ohne extra Fahrscheine zu kaufen", sagt Flecker. Ob sie mit dem Ticket in der Tasche nach Hause fahren kann?
Am Ausgang des Kundenportals hasten die meisten nach draußen. "Ich muss schnell die S-Bahn erwischen. Aber ich habe das Deutschlandticket bekommen. Gewartet habe ich wahrscheinlich eine Dreiviertelstunde. Aber man war sehr freundlich zu mir", sagt die ältere Frau.
Ganz begeistert hält auch Ruth Gründl drei scheckkartengroße Tickets in der Hand. Sie hätte das Ticket gerne online gekauft, konnte aber ihre Kontodaten nicht eingeben. "Das Formular grenzte an mittlere Wissenschaft. Da steht man dann da wie der Doofi", sagt die pensionierte Lehrerin.
Kunden warten am Montag bis zu einer Stunde
Rund eine Stunde stand sie in der Schlange am Kundencenter. "Die Mitarbeiter waren wirklich sehr hilfsbereit und sehr freundlich und haben zügig gearbeitet. Zuvor wurden in der Schlange Nummern verteilt. Hier hat alles gut funktioniert, finde ich", sagt die knapp 70-Jährige. Für sie lohne sich das Deutschlandticket schon ab drei Streifenkarten. "Und damit kann ich zusätzlich ganz wild durch Deutschland fahren", sagt die Wahlmünchnerin und grinst.
Ebenfalls guter Dinge ist der MVG-Mitarbeiter mit den Wartenummern. Die Leute seien trotz des großen Andrangs ruhig und freundlich. Immer wieder wird er belagert von Menschen mit Fragen zum Ticket. Ob denn nun jeder am Kundencenter ein Deutschlandticket kaufen könne? "Jaja, aber das gilt erst ab Mai. Und eigentlich sollte man das online kaufen", sagt er zur AZ. Man sehe aber klar, wer hier in der Schlange stehe. "Das sind ältere Menschen, vielleicht ohne Smartphone. Durch ein reines Onlineangebot wären sie abgehängt", sagt der Mann im MVG-Jackett.
Tatsächlich konnte gestern allerdings nicht jeder ein Ticket kaufen, wie sich gegen 11 Uhr für Frau Flecker herausstellt. "Uns wurde erklärt, dass das auch alles online funktionieren würde. Mein Mann hat es ja schon. Wir wurden also wieder weggeschickt", sagt sie leicht frustriert. Damit scheint sie kein Einzelfall gewesen zu sein. Der AZ wurde von ähnlichen Fällen berichtet. Glück hatte am Montag wohl diejenigen, die alt oder verzweifelt genug aussahen oder an den richtigen Mitarbeiter geraten waren.
Warum das am Montag so passierte, kann sich auch MVG-Sprecher Maximilian Kaltner nicht erklären. Nur so viel: "Es handelt sich eigentlich um ein reines Onlineticket. Das Kundencenter ist in dem Fall nur ein Unterstützungsangebot. Wir werden sicher Post von Leuten bekommen, - wie auch das Bundesverkehrsministerium - die digital nicht firm sind und sich beschweren. Wir sind bemüht, alles zu bearbeiten", sagt Kaltner.
20.000 Deutschlandtickets bis zum Nachmittag bestellt
Derweil empfiehlt er analogen Käufern, sich noch etwas zu gedulden. Das Ticket gelte ohnehin erst in vier Wochen. Kaltner: "Derweil läuft also keinem was davon. In den nächsten Tagen ist es im Kundencenter sicher entspannter."
Gestern gegen 7 Uhr holten sich bereits 800 Münchner das Ticket über die MVG, 200 davon als Neukunden. Am Nachmittag gingen die Bestellungen bereits auf die 20.000 zu.