In der Zustellung
Warum Pakete zur Zeit lange brauchen
17. April 2020, 19:48 Uhr aktualisiert am 17. April 2020, 19:48 Uhr
Branchenvertreter kritisieren Paketdienste, weil sie vereinbarte Abholungen wieder storniert haben. DHL rechtfertigt sich.
Der Handel im Internet ist lukrativ. Daran hat auch die Corona-Krise nichts geändert - im Gegenteil. Wenn Geschäfte geschlossen und die Menschen in ihren Wohnungen bleiben sollen, profitieren Versandhändler. Doch trotz gestiegener Auftragsvolumen beklagen sich Onlinehändler. Sie finden: Die Deutsche Post hat versagt.
Allen voran meldet sich der Branchenverband zu Wort. Der Bundesverband Onlinehandel (BVOH) wirft den Paketdienstleistern - allen voran DHL - vor, massive Verzögerungen bei der Auslieferung in Kauf zu nehmen. "Es haben uns verschiedene Händler extrem besorgt angerufen, weil Paket-Logistiker wie DHL die zusätzlichen Abholfahrten beim Händler ersatzlos storniert haben", sagt BVOH-Präsident Oliver Prothmann.
Dieser Schritt sei ohne Vorwarnung vollzogen worden. "Hätten die Paketdienstleister rechtzeitig auf den Engpass hingewiesen, hätten die Händler den Verkauf drosseln können. Jetzt stehen die gepackten Pakete beim Händler und werden nicht ausgeliefert," sagt Prothmann.
Paketzustellung: Unberechenbarkeit führt zu Einschränkungen
Das Logistikunternehmen der Post wirbt indes um Verständnis. "Wir mussten aus dem Kaltstart auf Vorweihnachtsniveau hochfahren", sagt ein Sprecher aus der DHL-Zentrale. Was das Unternehmen vor große Herausforderungen stelle, sei "die Unberechenbarkeit der lokalen Entwicklungen von Mengen und Sendungsstruktur". Das führe teils zu Einschränkungen, pflichtet ihm Dieter Nawrath aus der DHL-Pressestelle Süd bei. "Wir haben in den vergangenen zwei Wochen die Kapazitäten im Paketbereich bereits um ein Niveau erhöht, was der regulären Sendungsmenge des nächstgrößten Wettbewerbers entspricht", sagt er. Wie sich das auf Kunden auswirkt, sagt er nicht. Der BVOH berichtet von mehreren Tagen Verzögerung.
Nachdem die Versandmengen bis Ende März gesunken waren, ging es anschließend nach oben. "Der sehr plötzliche Anstieg auf nunmehr schon Vorweihnachtsniveau pro Tag in unserem Netzwerk zeigt uns, dass gerade auch kleine Händler verstärkt auf DHL setzen, um ihre Waren auch bei Schließung der Ladenlokale an den Konsumenten zu bringen", sagte Post-&-Paket-Vorstand Tobias Meyer Anfang April.
Marktführer ist die Deutsche Post DHL
Mittlerweile werden pro Tag neun Millionen Sendungen mit DHL verschickt, der Jahresdurchschnitt liegt bei 5,2 Millionen Sendungen. Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (Biek), in dem DPD, GLS, Go, Hermes und UPS organisiert sind, spricht von insgesamt zwölf Millionen Paketen täglich. Jährlich würden demnach 3,6 Milliarden Sendungen mit Umsätzen in Höhe von 20,4 Milliarden Euro verschickt, fünf Prozent mehr als noch im Jahr 2017. In der Branche arbeiten Biek-Angaben zufolge etwa 238.000 Beschäftigte. Marktführer ist die Deutsche Post DHL.
Auch DPD, GLS und Hermes bestätigen einen starken Anstieg im Paketvolumen von Privatkunden. Einige Händler berichteten dem Onlinehandelbundesverband auch dort über Probleme in der Abfertigung der Sendungen durch die Logistikzentren. Die Unternehmen selbst wollen keine Verzögerungen bestätigen, weisen aber darauf hin, dass es beim internationalen Versand aufgrund der Grenzkontrollen zu längeren Wartezeiten kommen könne.
Was den Personalmangel angeht, ist fraglich, ob die Dienste schnell Abhilfe schaffen können. Im Vergleich: Im Weihnachtsgeschäft müssen die Versandfirmen einer Analyse des Logistikverbands Biek zufolge 25.000 zusätzliche Zusteller einsetzen.
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