Gesundheitskonzern
Fresenius löst sich von Dialysetochter FMC
21. Februar 2023, 21:38 Uhr aktualisiert am 22. Februar 2023, 13:43 Uhr
Beim kriselnden Gesundheitsunternehmen Fresenius sucht der neue Vorstandschef Michael Sen den Befreiungsschlag in einem Konzernumbau. "Fresenius braucht einen kompletten Neustart", sagte Fresenius-Chef Sen bei der Bilanzvorlage in Bad Homburg.
Künftig wolle sich Fresenius auf die Kliniksparte Helios und die Arznei-Sparte Kabi rund um Infusionen und klinische Ernährung konzentrieren. "Sie decken systemkritische Bereiche des Gesundheitswesens ab." Von der angeschlagenen Dialysetochter FMC will sich Fresenius nach einen Gewinneinbruch 2022 hingegen lösen, um sie nicht mehr komplett in der Bilanz berücksichtigen zu müssen.
Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im Juli soll der Beschluss für eine Entflechtung gefasst werden. Damit wäre auch der Weg geebnet für einen möglichen späteren Verkauf von FMC.
Vom aggressiven Übernahmekurs seines Vorgängers verabschiedete sich Sen derweil. "Wir kaufen kein Umsatz und Wachstum mehr", sagte er. Er wolle Fresenius mit Fokus auf die Strategie führen, nicht auf Transaktionen. Ohnehin sei derzeit wenig Platz für große Deals, sagte er mit Blick auf die Finanzkraft des hoch verschuldeten Dax-Konzerns.
Unter Sens Vorgänger Stephan Sturm hatte Fresenius Übernahmen in Serie gestemmt und das Wachstum von Fresenius angekurbelt - etwa mit dem milliardenschweren Zukauf der spanischen Klinikkette Quironsalud 2017. Später verließ Sturm das Glück: Die Übernahme des US-Arzneikonzerns Akorn schlug fehl, es folgten Gewinnwarnungen in Serie auch wegen Belastungen der Pandemie für die Fresenius-Kliniken - die Aktien des Konzerns stürzten ab. Sturm musste im Herbst gehen.
Im vergangenen Jahr musste Fresenius wegen steigender Kosten, Personalmangel und Lieferkettenproblemen einen Gewinneinbruch hinnehmen. Obwohl der Umsatz zum Vorjahr um neun Prozent auf 40,8 Milliarden Euro stieg, fiel der um Sondereffekte bereinigte Gewinn um sieben Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Größte Bürde war dabei die Dialysetochter FMC, dort knickte der Gewinn 2022 um zehn Prozent ein.
Am Sorgenkind FMC hält Fresenius zwar nur rund ein Drittel. Wegen der Organisation der beiden Unternehmen als Kommanditgesellschaften auf Aktien fließen die Ergebnisse von FMC aber komplett in die Fresenius-Bilanz ein. FMC machen ein Mangel an Pflegekräften in den USA, Lieferkettenprobleme sowie steigende Kosten zu schaffen. Zudem starben viele Dialysepatienten an Corona.
Nun reagiert Fresenius auf die Probleme der Tochter. Mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft wäre der Konzern künftig diese Last los, da er FMC nicht mehr ganz in die Bilanz nehmen müsste. Ein Abbau der Beteiligung an FMC und auch am Klinik-Dienstleister Vamed sei künftig wahrscheinlicher, sagte Florian Oberhofer, Fondsmanager bei Union Investment. Derzeit aber wäre ein Verkauf kein gutes Geschäft für Fresenius, da FMC-Aktien stark an Wert verloren haben.
Der Fresenius-Konzern will die Kosten darüber hinaus stärker senken, vor allem bei FMC. Ab 2025 solle jährlich rund eine Milliarde Euro eingespart werden. Dafür will Fresenius den Einkauf effizienter gestalten, die Verwaltungskosten senken und sich von kleineren Geschäften trennen. Ein neuer Jobabbau wurde nicht angekündigt.
Auch die Aktionäre bekommen den neuen Kurs zu spüren: Sie bekommen für 2022 erstmals seit fast 30 Jahren keine Dividendenerhöhung, sondern mit 92 Cent je Aktie eine Ausschüttung auf Vorjahresniveau.
Fresenius steckt schon länger in der Krise. Nach mehreren Gewinnwarnungen war Sen im Herbst auf Sturm gefolgt. Bei FMC übernahm zugleich Carla Kriwet das Ruder, warf aber im Dezember schon wieder hin - offenkundig im Streit über die Strategie. Ihr folgte Helen Giza als neue Chefin von FMC. Unter Investoren steht die breite Aufstellung von Fresenius mit den Säulen Dialyse, Kliniken, Arzneien und Projektgeschäft schon länger in der Kritik. So dringt der US-Hedgefonds Elliott auf eine Aufspaltung der komplexen Struktur.