Konjunktur

EZB drosselt Tempo der Zinserhöhungen


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Die Europäischen Zentralbank (EZB) Frankfurt am Main.

Von dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) drosselt trotz der hartnäckig hohen Inflation das Tempo ihrer Zinserhöhungen. Der EZB-Rat beschloss eine Anhebung der Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte, nachdem es zuvor drei Mal im Folge um 0,50 Punkte nach oben gegangen war.

Zugleich stellte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der siebten Zinserhöhung seit Juli 2022 klar: "Wir pausieren nicht." Alle Mitglieder des obersten Entscheidungsgremiums der Notenbank seien entschlossen, die hohe Teuerung zu bekämpfen, sagte Lagarde in Frankfurt. "Wir wissen, dass wir noch Boden gutzumachen haben."

Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Zentralbankgeld besorgen können, steigt nach der Entscheidung auf 3,75 Prozent. Parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig 3,25 Prozent Zinsen.

"Im Euroraum gibt es noch einen oder zwei weitere Schritte, dann ist erstmal Pause", schätzte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Erst gegen Jahresende werde sich zeigen, ob es mit den Zinsen weiter nach oben gehen werde: "Dann ist es besser einschätzbar, ob das Zinsmedikament gegen die hohe Inflation anschlägt."

Mit der Kehrtwende nach Jahren extrem niedriger Zinsen versuchen die Euro-Währungshüter, die hohe Inflation einzudämmen. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Die EZB strebt mittelfristig für den Euroraum Preisstabilität bei zwei Prozent Inflation an.

"Die Inflation liegt seit Mitte 2021 über unserem Ziel, ist also seit fast zwei Jahren zu hoch", hatte EZB-Chefvolkswirt Philip R. Lane kürzlich in einem Interview gesagt. "Je länger die Inflation zu hoch bleibt, desto größer ist das Risiko, dass sich die Wahrnehmung der Menschen ändert, dass sie das Vertrauen in unsere Fähigkeit verlieren, zu unserem Zwei-Prozent-Ziel zurückzukehren."

Im April hat sich die Inflation im Euroraum wieder etwas verstärkt. Im Währungsraum der 20 Staaten lagen die Verbraucherpreise einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat zufolge um 7,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im März war die jährliche Teuerungsrate im Euroraum noch deutlich von 8,5 Prozent auf 6,9 Prozent gesunken.

Die Zinserhöhungen der EZB dürften noch nicht beendet sein, "denn die Preise im Euroraum sind nach wie vor zu hoch", mahnte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Heiner Herkenhoff. "Je länger die Inflation auf diesem Niveau bleibt, desto einschneidender sind die Belastungen für Bürger, Unternehmen und die wirtschaftliche Entwicklung."

Höhere Teuerungsraten lassen die Kaufkraft schwinden: Verbraucherinnen und Verbraucher können sich für einen Euro weniger leisten. Das belastet das Wirtschaftswachstum, für das der private Konsum ein wichtige Stütze ist. Auf der anderen Seite verteuern steigende Zinsen Kredite für Unternehmen, weshalb die eine oder andere Investition ausfallen könnte. Auch das bremst die Konjunktur.

Die erneute Zinserhöhung sei "der richtige, wenn auch für viele Unternehmen ein schwieriger Schritt", kommentierte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben. "Denn nur wenn die Inflation stabil auf niedrigem Niveau ist, kann auch die Wirtschaft in der Breite wieder investieren."

Zugleich bemüht sich die EZB um eine weitere Normalisierung ihrer Geldpolitik: Von Juli sollen Gelder aus auslaufenden Wertpapieren des allgemeinen Kaufprogramms APP nicht mehr in den Erwerb neuer Anleihen gesteckt werden. Den Kauf frischer Wertpapiere im Rahmen des Programms hatte die EZB bereits zum 1. Juli 2022 eingestellt. In den vergangenen Jahren hatte die EZB gewaltige Summen in Staats- und Unternehmenspapieren gesteckt, um die Konjunktur zu stützen. Bis die Bestände aus dem Kaufprogramm vollständig abgebaut sind, dürfte es Lagarde zufolge 12 bis 15 Jahre dauern. Staaten wie Unternehmen müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt.

Die rasante Zinswende, die die Zentralbanken in den USA und Großbritannien nach Jahren des extrem billigen Geldes noch vor der EZB einleiteten, ist auch für Banken nicht nur positiv. Das zeigte sich zuletzt in den USA, wo bereits drei Institute nach enormen Mittelabzügen aufgrund von Liquiditätssorgen kollabierten. Die US-Notenbank Fed hob am Mittwoch zum zehnten Mal in Folge ihren Leitzins an: Nach einem Sprung um 0,25 Prozentpunkte liegt der Leitzins in den USA nun in einer Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent.


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