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Die größten Irrtümer bei der Lebensversicherung
30. Juni 2020, 13:20 Uhr aktualisiert am 30. Juni 2020, 13:20 Uhr
Sie soll absichern und dient zur Vorsorge - doch oft wissen die Kunden gar nicht genau, was ihr Vertrag leistet. Worauf zu achten ist.
München - Mehr als 83 Millionen Verträge haben die Lebensversicherer derzeit im Bestand - und bilden damit einen Riesenbaustein in Sachen Absicherung und Vorsorge der Menschen in Deutschland.
Doch allzu oft führen sie zu Überraschungen: Teils existieren Verträge, die gar nicht die gewünschte Leistung bieten. Oder es gibt Enttäuschungen bei der Auszahlung aufgrund der Niedrigzinsphase. Auch rund ums Thema Steuern herrscht oft Unkenntnis. Die Altersvorsorgeexperten der "Stiftung Warentest" haben die Missverständnisse beim Thema Lebensversicherungen zusammengefasst. Die elf häufigsten Irrtümer.
1. Die Einzahlungen werden verzinst
Alle gezahlten Einzahlungen in die Kapitallebensversicherung werden verzinst und bringen Ertrag. Das ist leider falsch. Sowohl bei einer Kapitallebensversicherung als auch bei einer privaten Rentenversicherung wird nur ein Teil der Einzahlungen, also des Beitrags, gespart. Ein anderer Teil fließt in den Risikoschutz, ein weiterer geht für Kosten ab. Auch für den Abschluss und die Verwaltung eines Vertrags ziehen die Versicherungsunternehmen Geld von den Beiträgen ihrer Kunden ab. Verzinst wird dann nur, was am Ende übrig bleibt.
2. Kapitalwahlrecht in den Vertragsbedingungen
Bei einer Rentenversicherung kann ich mich bis zum Ende der Sparphase für eine Kapitalzahlung statt für eine monatliche Rente entscheiden. Das ist nicht immer der Fall, sondern hängt davon ab, ob ein solches Kapitalwahlrecht in den Vertragsbedingungen vereinbart ist. Gut zu wissen: Auch eine Teilkapitalzahlung ist meist möglich. Brauchen Sie eine größere Summe für eine Anschaffung, können Sie sich dafür einen Teil des angesparten Guthabens auszahlen lassen und den anderen Teil als Rente bekommen.
3. Von wem kommen die Leistungen?
Wer seinen Vertrag bei einem Versicherer abgeschlossen hat, bekommt von diesem dann auch die Leistung. Nicht immer. Lebensversicherer wie etwa die Generali haben ihren Bestand an Abwicklungsplattformen verkauft. Eine Zustimmung des Kunden ist dabei nicht nötig. Die bisher fest gutgeschriebenen Überschüsse bleiben den Kunden dabei erhalten - die künftige Überschussbeteiligung ist jedoch ungewiss.
4. Pleiteschutz
Wenn der Versicherer insolvent wird, ist meine Auszahlung futsch. Nein, da es einen gesetzlich vorgeschriebenen Pleiteschutz gibt. Im Fall einer Insolvenz übernimmt der Sicherungsfonds Protektor AG die Verträge und steht wenigstens für die garantierte Leistung gerade.
5. Verluste: Geschützt mit Garantiezins
Mit einer Kapitallebensversicherung mit Garantiezins kann ich keinen Verlust machen. Falsch. Bei Versicherern mit hohen Kosten und schlechtem Anlageerfolg sind Verluste möglich, sowohl bei einer Kapitallebensversicherung als auch bei einer privaten Rentenversicherung. Vor Verlust geschützt sind nur Kunden mit einer Riester-Rentenversicherung.
6. Überschussbeteiligung: Verbindlich?
Auf die Überschussbeteiligung, die bei Vertragsbeginn zugesagt wurde, ist Verlass. Nein. Die bei Vertragsschluss vom Unternehmen gegebenen Zusagen sind unverbindlich. Verlassen können Sie sich nur auf die Verzinsung Ihres Sparanteils, die Ihnen bei Vertragsschluss garantiert wurde.
7. Versteuerung der Auszahlung
Die Auszahlung aus einer Kapitallebensversicherung muss immer versteuert werden. Nein, das hängt vom Abschlussjahr des Vertrags ab: Stammt er aus der Zeit vor 2005 und wurden mindestens fünf Jahre lang Beiträge gezahlt und einen Mindesttodesfallschutz vereinbart, zahlen Sie auf die Kapitalzahlung keine Steuern. Bei Verträgen ab dem Jahr 2005 müssen Sie Abgeltungsteuer auf den Ertrag zahlen - es sei denn, der Vertrag ist mindestens zwölf Jahre gelaufen und Sie sind bei Auszahlung mindestens 60 Jahre alt (62 Jahre bei Vertragsschluss ab 2012). Dann müssen Sie nur die Hälfte des Ertrags versteuern.
8. Krankenversicherungsbeiträge
Für das Geld aus Lebens- oder Rentenversicherungen sind keine Krankenversicherungsbeiträge fällig. Nicht immer. Bezieher einer gesetzlichen Rente, die gesetzlich krankenversichert sind, gehören grundsätzlich der Krankenversicherung der Rentner an - und zahlen als Pflichtversicherte weder auf die private Rente noch auf eine Kapitalzahlung Beiträge. Aber Vorsicht: Wer die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung nicht erfüllt und freiwillig gesetzlich versichert ist, zahlt im Schnitt einen Beitragssatz von gut 15 Prozent plus Pflegeversicherung.
9. Rentengarantiezeit: Was heißt das?
Eine Rentengarantiezeit von zehn Jahren heißt, dass die private Rente nur garantiert zehn Jahre lang gezahlt wird. Das stimmt nicht. Die monatliche Zahlung fließt bis zum Lebensende garantiert. Die Rentengarantiezeit wird erst im Fall Ihres Todes relevant: Ihre volle Rente wird dann ab Rentenbeginn zehn Jahre lang an Ihre Hinterbliebenen überwiesen.
10. Schutz für Hinterbliebene
Jeder braucht eine Kapitallebensversicherung, um im Todesfall die Familie abzusichern. Nein. Der richtige Schutz für Hinterbliebene ist eine Risikolebensversicherung. Wenn der Hauptverdiener stirbt, bekommen die so Abgesicherten die vereinbarte Versicherungssumme. Ein sinnvoller und relativ günstiger Schutz im Vergleich zur Kapitallebensversicherung, die Risikoschutz und Sparvertrag intransparent und teuer koppelt.
11. Police verkaufen
Wer künftig nicht mehr einzahlen kann oder will, kann nur den Vertrag beitragsfrei stellen oder ihn kündigen. Nicht ganz - es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Man kann die Police verkaufen.
Beispiel: Bei einem 2004 abgeschlossenen Vertrag sind 2,75 Prozent auf den Sparbeitrag garantiert. Wird dieser Vertrag nun auf dem sogenannten Lebensversicherungszweitmarkt verkauft, zahlt der Aufkäufer der Police auf jeden Fall mehr als der Versicherer im Falle eines Rückkaufs. Tipp: Unbedingt Angebote von mehreren Aufkäufern einholen und darauf achten, dass der Kaufpreis sofort in einer Summe gezahlt wird, nicht in Raten.
Tipp: Finger weg von "Neue Klassik"
Wer einen Neuvertrag etwa für seine Altersvorsorge abschließen will, sollte von Kapitallebensversicherungen oder Verträgen mit abgesenkten Garantien, die unter dem Oberbegriff "Neue Klassik" angeboten werden, lieber die Finger lassen. Grund: Der Ertrag ist völlig ungewiss. Sicher ist nur die garantierte Leistung - und die ist geringer als bei traditionellen Verträgen mit dem maximalen Garantiezins. Laut "Stiftung Warentest" lohnt es sich nicht, in der Hoffnung auf höhere Überschüsse auf Garantien zu verzichten.
Wer schon einen Vertrag hat, sollte möglichst durchhalten: Wenn dieser schon länger als fünf Jahre läuft, sind die Abschlusskosten meist bezahlt - und es fließt mehr Geld in den Spartopf.
Außerdem gibt es verschiedene Möglichkeiten, seinen Vertrag zu optimieren: So kann der Beitrag jährlich im Voraus bezahlt werden anstatt monatlich, dann wird er besser verzinst. Wird zudem auf den Zusatzschutz einer Hinterbliebenenrente verzicht, wird eine höhere Altersrente oder Kapitalauszahlung erzielt. Und wird zehn Jahre vor Vertragsende die dynamische Beitragserhöhung gestrichen, sinken die Kosten.
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