Umwelt
Deutscher Widerstand könnte Verbrenner-Aus in EU blockieren
28. Februar 2023, 2:44 Uhr aktualisiert am 1. März 2023, 18:33 Uhr
Das geplante Ende für die Zulassung von Verbrennern in der EU könnte kurz vor dem Abschluss an der deutschen Blockade scheitern. Ungeachtet von Widerständen aus der Bundesregierung soll am kommenden Dienstag über das Zulassungsverbot neuer Benzin- und Dieselautos ab 2035 abgestimmt werden, wie ein Sprecher des schwedischen Vorsitzes des Ministerrates am Mittwoch mitteilte. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte zuletzt gedroht, dass Deutschland bei der geplanten Abstimmung nicht zustimmen könne. In diesem Fall könnte die notwendige Mehrheit kippen.
Nötig ist ein Votum von mindestens 15 Ländern, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Eigentlich hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten bereits im Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Abstimmungen wie die am Dienstag sind im Regelfall eine Formalie.
Wissing begründete seinen Widerstand damit, dass die EU-Kommission bislang noch keinen Vorschlag dazu vorgelegt habe, wie nach 2035 nur mit klimafreundlichen Kraftstoffen wie E-Fuels betankte Fahrzeuge zugelassen werden können. Dies war Teil der Einigung im Rat der EU-Staaten im Juni 2022, mit der die FDP zu einer Zustimmung innerhalb der Bundesregierung bewegt werden konnte.
"Wir brauchen E-Fuels, denn es gibt ja gar keine Alternative dazu, um unsere Bestandsflotte klimaneutral zu betreiben", sagte Wissing am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin". Wer es ernst meine mit klimaneutraler Mobilität, der müsse alle technologischen Optionen offenhalten. Dazu zählten auch Verbrenner, die E-Fuels tanken.
Die Bundesregierung teilte am Mittwoch mit, bisher noch keine einheitliche Haltung in der Frage gefunden zu haben. Die Gespräche dazu liefen noch, sagte ein Sprecher des grün geführten Bundesumweltministeriums. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, in der Frage zum Einsatz von E-Fuels müsse die Kommission nun schnell aktiv werden.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke drang darauf, dass Deutschland sich an Absprachen hält. "Die Bundesrepublik Deutschland sollte auf europäischer Ebene verlässlich agieren und sich an getroffene Zusagen halten", sagte die Grünen-Politikerin der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag). Die Einigung, nach der nach 2035 keine Neufahrzeuge mit Verbrennermotor mehr verkauft werden sollen, sei "in langen Verhandlungen abgestimmt und beschlossen" worden. Man arbeite "intensiv" daran, die Bedenken Wissings auszuräumen.
Kritik an Wissings Haltung kam von den Bremer Grünen. Die dortige Mobilitätssenatorin Maike Schaefer sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Autolobby treibe Wissing und die FDP vor sich her. Es gebe ein Kompromisspapier der Bundesregierung mit einem Prüfauftrag für E-Fuels. Wissing habe kein Mandat für die Ankündigung, dass Deutschland einem Verbrenner-Aus nicht zustimmen könnte.
"Die Debatte um einen Einsatz von E-Fuels in Pkw ist angesichts der Energieintensität bei deren Herstellung bei aller Technikgläubigkeit reines Wunschdenken von Verbrennerfetischisten", so Schaefer. "Dass die FDP auf diese Wählerklientel abzielt, zeigt, dass ihr der Kampf gegen die Klimakrise angesichts schwindender Wählerstimmen immer weniger wichtig ist."
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) stärkte Wissing hingegen den Rücken. "Wir brauchen alle klimafreundlichen Technologien, um die EU-Klimaziele zu erreichen", sagte VDA-Chefin Hildegard Müller. Weil E-Fuels gerade für die Klimabilanz bereits zugelassener Verbrenner wichtig seien, müsse die Debatte erneut geführt werden. Nun sei die Kommission am Zug.