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Trostpflaster Tottenham? Das sind jetzt die Perspektiven für Nagelsmann
26. März 2023, 17:40 Uhr aktualisiert am 26. März 2023, 19:40 Uhr
München - Gut eine Stunde lang war Julian Nagelsmann (35) am Freitag mit seinen Beratern zum Trennungsgespräch an der Säbener Straße, dann brauste er in seinem schwarzen Dienst-Kombi davon: Was zu einer prägenden Ära werden sollte, endete nach 21 Monaten und einer Meisterschaft abrupt an einem nasskalten Frühlingstag, die Bayern-Führung um Oliver Kahn, Hasan Salihamidzic und Herbert Hainer entzog dem Coach trotz mehrerer Treuebekenntnisse zuvor das Vertrauen.
Besonders bitter: Nagelsmann erfuhr am späten Donnerstagabend zunächst aus den Medien von den Gerüchten über seine Freistellung, nach AZ-Informationen wurde er im Skiurlaub eiskalt und ohne Vorahnung erwischt. Auch wenn die entscheidende Information der erfolgreichen Vertragsgespräche mit Nagelsmann-Nachfolger Thomas Tuchel (49) nicht von Bayern-Seite durchgestochen wurde, warf der gesamte Trennungsprozess ein schlechtes Bild auf die Klubspitze. . .
"Die Bayern-Verantwortlichen haben in der letzten Zeit keine gute Figur abgegeben", kritisierte Lothar Matthäus bei RTL/ntv. Es sei "nicht mehr das ,Mia san mia', das die Bayern immer ausgezeichnet hat zu Zeiten von Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß." Man müsse, forderte Matthäus, wieder "zurück zu den Wurzeln, zum familiären Umgang miteinander". Das habe "die Bayern in der Vergangenheit immer stark gemacht", sagte er, "das vermisse ich in den letzten ein- bis eineinhalb Jahren."
Nicht zu vergessen: Nagelsmann hatte öffentlich stets Rückendeckung von den Bossen erhalten. Die Haltbarkeit dieser Worte erwies sich nun als ziemlich überschaubar. Nagelsmann wird das Bayern-Aus dennoch verkraften können. Sein Vertrag läuft bis 2026 weiter, er wird gut bezahlt. Und: Schon bald könnte eine neue spannende Aufgabe auf ihn warten.
Kurz nach der Freistellung wurde Nagelsmann bereits bei Real Madrid und Tottenham Hotspur gehandelt, bei jenen Klubs also, mit denen zuvor auch Tuchel in Verbindung gebracht worden war.
"Nagelsmann ist der Name, der jedem Tottenham-Fan auf den Lippen liegt", schrieb der englische "Evening Standard", der Deutsche sei angeblich "offen für Gespräche über einen Umzug nach Nord-London". Trostpflaster Tottenham also für Nagelsmann? Hintergrund ist die angespannte Situation um Spurs-Trainer Antonio Conte. Der Italiener hatte vergangenes Wochenende harte Kritik an seinen Profis geübt, Auslöser war ein 3:3 beim FC Southampton.
"Wir hatten elf Spieler auf dem Platz, ich sah elf eigensüchtige Spieler", sagte Conte, "sie wollen nicht unter Druck spielen, wollen keinen Stress haben." Deshalb habe der Klub auch so lange nichts gewonnen. Conte befindet sich momentan in seiner italienischen Heimat, seine Zukunft beim Klub ist unklar. Die Spekulationen über eine Zukunft Nagelsmanns in Madrid drehen sich um ein Engagement ab dem Sommer. Bei Real könnte er auf Ex-Bayern-Coach Carlo Ancelotti folgen.
Um womöglich irgendwann zu Bayern zurückzukehren? Dieses Szenario hält Stefan Effenberg für denkbar. Wenn eine gewisse Zeit vergangen sei, kann er sich "vorstellen, dass die Tür noch mal aufgeht", erklärte Effenberg bei "t-online.de". Nagelsmann "könnte die Möglichkeit bekommen, vielleicht in zehn Jahren nochmal nach München zurückzukommen".
Doch nach den jüngsten Entwicklungen erscheint dies fraglich. . .