Überblick

So viel Pep steckt noch im FC Bayern

Drei Jahre war Guardiola Chefcoach in München und hat mit seiner Arbeit an der Säbener Straße damals tiefe Spuren hinterlassen: Kader, Trainer-Team, Spielweise, Ansprache - die AZ erklärt Peps Erbe


Sieben Jahre ist es schon her, dass Pep Guardiola den FC Bayern in Richtung Manchester City verlassen hat. Sein Erbe ist beim Rekordmeister immer noch spürbar.

Sieben Jahre ist es schon her, dass Pep Guardiola den FC Bayern in Richtung Manchester City verlassen hat. Sein Erbe ist beim Rekordmeister immer noch spürbar.

Von Patrick Strasser

München - Dass Pep Guardiola hin und wieder zu Übertreibungen neigt, ist in München hinlänglich bekannt. "Es ist ein Finale", sagte der Chefcoach von Manchester City vor dem heutigen Viertelfinal-Rückspiel seiner Mannschaft beim FC Bayern, einem "top, top, top Team".

Der Katalane geriet vor seiner erstmaligen Rückkehr in die Allianz Arena ins wohl eher zweckmäßige Schwärmen: "Ich kenne den Charakter und die Persönlichkeit der Bayern und ihrer Spieler, ihre Mentalität. Ich weiß, wie es gegen Bayern München ist: Wenn du auch nur ein bisschen passiv bist, wirst du leiden. Dann können sie uns dasselbe antun, was wir ihnen angetan haben." Aus 0:3 mach 3:0? Ernsthaft?

Kaum vorstellbar angesichts der taumelnden Bayern und des Laufs des englischen Meisters mit zuletzt zehn Siegen am Stück. Aber ganz tief in sich drin fürchtet Guardiola wohl, dass er gegen sich selbst verlieren könnte. Gegen sein Alter Ego sozusagen. Gegen den Pep, der die Bayern in seiner Amtszeit von 2013 bis 2016 auf ein anderes Level gehoben hat. In seiner Bayern-Vita stehen drei Meisterschaften, zwei Pokalsiege, drei Champions-League-Halbfinal-Teilnahmen. Damals jeweils große Enttäuschungen, heute wäre das Vorrücken in die Top4 ein großer Erfolg.

Guardiola (52) hat eine Ära in München geprägt. Kein Bayern-Trainer der vergangenen knapp 20 Jahre hielt sich drei Jahre, die letzte längere Regentschaft gehört Ottmar Hitzfeld bei dessen erstem Engagement von 1998 bis 2004. Während Guardiola bei den Skyblues schon seit knapp sieben Jahren wirkt, finden sich an der Säbener Straße immer noch Spuren seiner Münchner Zeit. So viel Pep steckt noch im FC Bayern:

Der Kader: Drei Spieler sind noch im Kader, die drei Kapitäne. Der verletzte Torhüter Manuel Neuer (37), Offensiv-Allrounder Thomas Müller (33) und Joshua Kimmich (28), der 2015 zu Bayern stieß und von Guardiola ein Jahr intensiv geprägt wurde. 2018 schwärmte Kimmich im Rückblick: "Pep hat diesen besonderen Blick auf den Fußball. Er hat mir komplett neue Bereiche auf dem Feld gezeigt. Ihm ist die erste Berührung sehr wichtig und dass man bereits vor dem Kontakt weiß, was man als Nächstes macht. Du musst stets wissen, wo deine Teamkollegen sind."

Das Trainer-Team: Thomas Tuchel brachte vor mehr als drei Wochen seine Assistenten mit, Torwarttrainer Toni Tapalovic, mit dem Guardiola drei Jahre zusammengearbeitet hatte, wurde im Februar durch Michael Rechner ersetzt. Aus dem aktuellen Stab ist nur noch Holger Broich (48), der Leiter der Abteilung Fitness, übrig. Er kam nach dem ersten Jahr Pep 2014 von Bayer Leverkusen. Ansonsten feiert Guardiola Wiedersehen mit einigen Mitarbeitern wie Physiotherapeuten, Zeugwarte, Busfahrer und Teammanagerin Kathleen Krüger, die ihm damals eine große Hilfe war.

Die Spielweise: Guardiola will Dominanz übers Passspiel, will die totale Kontrolle - am liebsten sogar über den Zufall im Spiel. "Es gibt ein großes Erbe von Guardiola hier", sagte Tuchel, "aber auch von Jupp Heynckes, Louis van Gaal und Hansi Flick. Pep war über drei Jahre extrem prägend in diesem Verein."

Der Guardiola-Intimus betonte, "kein Fanboy zu sein", bekannte jedoch, "dessen einzigartigen Stil" zu bewundern. "Ich lerne jedes Mal von ihm und das macht mich zu einem besseren Trainer." Tuchel lässt ähnlich, aber pragmatischer, defensiver spielen - weniger idealistisch.

Die Ansprache: Hier sind plötzlich wieder Parallelen da. "Ich liebe Cancelo." Sagte Tuchel. Oder über Müller: "Ich liebe Thomas." Bekenntnisse, denen (auch unausgesprochen) ein großes Aber folgt. Sätze, die an die Schwärmereien von Guardiola erinnern, die einst das Gegenteil dessen aussagten. "Ich hätte am liebsten 1000 Dantes", sagte Pep über den brasilianischen Verteidiger und verzichtete dann auf den einen, leibhaftigen Dante.

Nach drei Jahren hatte sich Guardiolas Art und Ansprache in München abgenutzt - bei City findet seine Rhetorik offenbar weiter Anklang.