AZ-Interview

Silberheld Hager über den Abschied von Bundestrainer Sturm


Servus, Marco: Am Sonntag hatte Sturm, der Deutschland bei Olympia zur Silbermedaille geführt hat, seinen letzten Arbeitstag als Bundestrainer.

Servus, Marco: Am Sonntag hatte Sturm, der Deutschland bei Olympia zur Silbermedaille geführt hat, seinen letzten Arbeitstag als Bundestrainer.

Von Sven Geißelhardt

Der Münchner Silberheld Hager spricht mit der AZ über den Abschied von Bundestrainer Sturm.

München - Der Stürmer des EHC Red Bull München, Patrick Hager, holte im Februar unter Bundestrainer Marco Sturm Silber bei den Olympischen Spielen 2018. Mit der AZ spricht er über dessen Abschied.

AZ: Herr Hager, Sie sind einer der Silberhelden von Olympia. Am Sonntag hatte Marco Sturm seinen letzten Arbeitstag als Bundestrainer, er wechselt als Co-Trainer zu den Los Angeles Kings in die NHL. Wie sieht Ihr Fazit der Ära Sturm aus?
PATRICK HAGER: Es war eine wirklich aufregende Zeit, wir sind bei den Weltmeisterschaften immer gleich ins Viertelfinale gekommen, haben gutes Eishockey gezeigt und die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang war natürlich das absolute Sahnehäubchen. Alles in allem kann man sagen: Wir dürfen uns nicht beschweren. (lacht)

Was hat in Ihren Augen Sturm besonders ausgezeichnet?
Ich denke, er hat einfach eine sehr gute Mischung gefunden aus natürlicher Autorität und gleichzeitig hatte er einen sehr menschlichen Zugang zu uns Spielern. Da hat es ihm sicher geholfen, dass seine eigene aktive Zeit als Spieler noch nicht so lange her ist, dass er sich in viele Situationen wahrscheinlich gut hineindenken konnte.

Ehrlichkeit und Menschlichkeit zeichnet Sturm aus

Man hat gemerkt, wie er selber gereift ist, wie er die Unsicherheiten, die er am Anfang als sehr junger Trainer vielleicht hatte, abgelegt hat. Was ihn ausgezeichnet hat, war die Ehrlichkeit, die Menschlichkeit. Zum Trainerjob gehört es dazu, auch sehr schwere und harte Entscheidungen zu treffen. Und beim Marco hat man immer gemerkt, dass ihm diese Sachen, etwa einem Spieler zu sagen, dass er nicht bei einem großen Turnier dabei sein kann, selber weh getan haben.

Etwa als Münchens Konrad Abeltshauser aus dem Olympia-Kader gestrichen wurde.
Ja. Man kann die Entscheidung einem einfach mitteilen und dann muss der andere damit fertig werden, oder man kann es erläutern, dass der andere auch die Gründe dahinter sieht und versteht. Das hat Sturm immer versucht. Er war auch nie einer, von dem man dann monatelang nichts hört, bis er einen wieder braucht.

Sturm hat dem deutschen Eishockey aber auch mahnende Worte mit auf den Weg gegeben, dass man zum Beispiel mit den Anstrengungen nicht aufhören darf, dass die jungen deutschen Spieler in der DEL mehr Chancen bekommen müssen.
Marco hat insgesamt sicher frischen Wind ins deutsche Eishockey gebracht und viele Dinge angestoßen. Das hat man in der Nationalmannschaft gemerkt, aber eben auch in anderen Bereichen, etwa beim Nachwuchs. Wichtig ist, dass das Fundament verbreitert wird, dass wir den jungen deutschen Spielern die Möglichkeit geben, Erfahrungen zu sammeln. Das wird wahrscheinlich nur über eine Reduzierung der Ausländerstellen gehen.

"Die Spieler kriegen keine Zeit, sich zu entwickeln"

Aber man darf dabei nie vergessen, dass man immer das Niveau, die Qualität des Spieles hochhalten muss. Aber alles in allem habe ich schon das Gefühl, dass wir im Moment ein bisschen das Manko haben, dass die Vereine eher den kurzfristigen Erfolg suchen, dass man immer glaubt, mit ein, zwei Veränderungen alles am Laufen erhalten zu können. Es sind alles nur noch Momentaufnahmen. Die Spieler kriegen keine Zeit, sich zu entwickeln und die Trainer keine, die Spieler auszubilden. Das war zu meiner Jugendzeit noch ein bisserl anders.

Können Sie noch einmal kurz den Silber-Coup von Pyeongchang Revue passieren lassen?
Der Zusammenhalt war in der Mannschaft unglaublich, schon vor den Olympischen Spielen, das war eher wie eine tolle Vereinsmannschaft. Dann zu erleben, wie sich diese Mannschaft entwickelt, war grandios. Irgendwann war der Glaube da, dass wir eine Chance haben. Nicht nur eine Außenseiterchance, sondern weil wir wirklich gutes Eishockey spielen - auch besser als einige große Nationen. Olympia, das war wirklich ein Phänomen.