Formel 1
«Ich bin ein Kämpfer»: Hamilton will wieder Zeichen setzen
3. März 2023, 7:11 Uhr aktualisiert am 3. März 2023, 13:29 Uhr
Lewis Hamilton empfängt in Rot. Der Rekordweltmeister der Formel 1 erscheint zu seiner Sprechstunde vor dem Saisonauftakt in Bahrain in einem Outfit aus Fleece.
Passend dazu hat Hamilton im sandfarbenen Mercedes-Quartier an der Strecke eine rote Sonnenbrille vor sich auf dem Tisch liegen. Rot steht unter anderem für Energie, Leidenschaft und Durchsetzungsvermögen. Hamilton verspürt all das auch vor seiner 17. Saison in der Motorsport-Königsklasse.
"Ich liebe die Herausforderung, Lösungen zu finden. Ich glaube immer noch, dass ich in der Lage bin, das Auto an Orte zu führen, an die es andere vielleicht nicht führen können", sagt der 38-Jährige vor dem Auftaktrennen am Sonntag (16.00 Uhr MEZ/Sky) auf einem Barhocker sitzend.
Hamiltons Worte tönen nicht. Seine Stimme ist, wie eigentlich immer, gedämpft. Es ist die Lautstärke eines mittlerweile siebenmaligen Weltmeisters, der sich diese Rekordmarke noch immer mit Michael Schumacher teilt und sie endlich für sich alleine haben will.
"Es ist klar, dass man einem Fahrer, der Rennen und Meisterschaften gewinnen will, ein gutes Auto zur Verfügung stellen muss", formuliert Mercedes-Teamchef Toto Wolff die Zielsetzung der Silberpfeile.
Silber ist der Rennwagen, der Red Bull und Doppelweltmeister Max Verstappen herausfordern soll, aber auch in dieser Saison nicht. Da das Minimalgewicht der Autos gesenkt wurde, verzichten viele Teams auf lackierte Flächen auf ihren Wagen, die unnötig ins Gewicht fallen würden. Am anschaulichsten ist die Kur mit der blanken Kohlefaserhaut bei Mercedes zu beobachten, das seit 2020 mit einer schwarzen Lackierung ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt hatte.
Zeichen sind Hamilton wichtig. Der Superstar der Formel 1 begreift sich auch als politische Figur, die sich für Diversität und Menschenrechte einsetzt. Bahrain ist nun der erste Grand Prix, wo der vom Motorsport-Weltverband Fia verschärfte Verbotskurs zu politischen Meinungsäußerungen der Fahrer einem ersten Stresstest unterzogen wird. Amnesty International wirft dem Königreich weiter schwere Menschenrechtsverletzungen sowie die Unterdrückung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit vor.
"Ich habe immer eine Verantwortung gespürt. Wenn der Sport in diese Länder geht, sind wir verpflichtet, das Bewusstsein zu schärfen und zu versuchen, einen positiven Einfluss in diesen Ländern zu hinterlassen", beschied Hamilton. Seit 2004 rast die Formel 1 mittlerweile durch die Wüste Bahrains. Er sei sich "nicht sicher", dass die Menschenrechtslage besser geworden sei, seitdem er im Land fahre, räumte Rekordsieger Hamilton ein.
Der Zweifel bleibt - wie auch bei der Leistungsfähigkeit des neuen W14 in dieser Saison. Mercedes hat, das zeigen zumindest die Tests, das Problem des Bouncing gelöst. Als eine Folge der Aerodynamikrevolution geriet der schwarze Silberpfeil in der vergangenen Saison bei hohem Tempo auf langen Geraden immer wieder ins Hüpfen. Das kostete viel Zeit.
"Wir haben versucht, unsere Probleme zu verstehen, aber das Bouncing hat so viele Dinge verdeckt. Das haben wir jetzt nicht mehr", konstatierte Hamilton. Schon in Sakhir mit Red Bull mithalten zu können, ist aber unwahrscheinlich. Das räumen Hamilton, Teamkollege George Russell und Wolff unisono ein.
Seine Mercedes-Zukunft macht der 103-malige Grand-Prix-Gewinner und 103-malige Polesetter nicht von der Leistungsfähigkeit des aktuellen Wagens abhängig. "Auch wenn wir vergangenes Jahr ein schwieriges Jahr hatten, bin ich immer noch hier, und egal, ob wir dieses Jahr ein schwieriges Jahr haben werden oder nicht, ich werde immer noch hier sein", betonte Hamilton, der 2013 als Nachfolger von Michael Schumacher zum Werksteam Mercedes gewechselt war. "Ich bin ein Kämpfer, und wir kämpfen als Team."
Eine Verlängerung seines am Jahresende auslaufenden Vertrags ist nur eine Zeitfrage. "Ich habe eine großartige Beziehung zu Toto und Mercedes, und wir unterstützen uns gegenseitig. Ich freue mich sehr auf die gemeinsame Zukunft", sagte Hamilton. Es gebe "keine Verzögerung bei unserem Vertrag. Ich bin immer sehr, sehr entspannt gewesen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich es jetzt sofort erledigen muss. Ich befinde mich in einer sehr glücklichen Lage. Es wird erledigt, wenn wir bereit sind."
Wolff sieht das genauso. "In den vergangenen zehn Jahren ist unsere Beziehung so gewachsen, dass es nur noch darum geht, dass er wieder in Europa ist, wir die Köpfe zusammenstecken, ein bisschen miteinander ringen und dann nach ein paar Stunden mit weißem Rauch den Raum verlassen", sagte Wolff jüngst. Rot, Silber, Schwarz, Weiß. Wenn am Sonntag die roten Ampeln erlöschen, wird es Antworten geben.