Überblick

FC Bayern verliert: Spiel, Nerven, Upamecano - und die Tabellenführung?

Die Bayern verlieren beim 2:3 bei Angstgegner Mönchengladbach das Spiel, Upamecano und die Nerven - aber sie sind weiter Erster. Nagelsmann rastet aus und entschuldigt sich. Der DFB ermittelt.


Kartenspiel, das die Gemüter erhitzt: Schiri Welz zeigt Upamecano (r.) Rot.

Kartenspiel, das die Gemüter erhitzt: Schiri Welz zeigt Upamecano (r.) Rot.

Von Patrick Strasser

Nein, Julian Nagelsmann brauchte keine Verkleidung, um in diesen närrischen Tagen im Rheinland als Rumpelstilzchen identifiziert zu werden.

Für den Bayern-Trainer kam Tobias Welz, in seiner Berufskleidung als Schiedsrichter, als Spielverderber daher. Als Auslöser und Ausgangspunkt für die 2:3-Pleite der Münchner bei Borussia Mönchengladbach. Verantwortlich machte der 35-Jährige dafür in erster Linie Schiedsrichter Tobias Welz, der Bayerns Innenverteidiger Dayot Upamecano in der 8. Minute nach einem leichten Kontakt an der Schulter im Laufduell mit Gladbachs Allassane Plea mit Rot vom Platz schickte. Welz entschied auf Notbremse und blieb nach Rücksprache mit dem VAR dabei, ohne sich die TV-Bilder selbst anzusehen, weil es "eine Entscheidung im Graubereich" gewesen sei und daher "nichts für den Videoassistenten" wie er am Sonntag im Sport1-"Doppelpass" erklärte.

sized

Bayerns Trainer Julian Nagelsmann steht vor dem Spiel an der Seitenlinie. Er musste Thomas Müller früh auswechseln.

sized

"Es war sicher nicht alles richtig, was ich gesagt habe", sagt Bayern-Coach Nagelsmann über seinen Disput mit Referee Welz.

Umstritten, sehr umstritten - und der Auslöser für einen Wutausbruch Nagelsmanns, der noch im Spiel wegen Meckerns an der Seitenlinie Gelb sah (78. Minute). Doch es war lediglich der Prolog. Nach Abpfiff wollte der Bayern-Trainer das Schiedsrichter-Gespann gleich noch zur Rede stellen und blitzte ab. Voller Adrenalin lief er durch die Katakomben und schrie auf dem Weg in die Schiedsrichter-Kabine: "Das ist doch ein Witz! Will der mich verarschen oder was?!"

Den rund eineinhalbminütigen Besuch in seiner Umkleide schilderte Welz später dann so: "In der Kabine haben wir auf Augenhöhe eine Diskussion geführt. Da ging es kurz mal hin und her. Es war emotional, aber nicht beleidigend."

Was hatte sich Nagelsmann von der Aktion erhofft? Ein Eingeständnis eines Fehlers? Gar eine Entschuldigung des Schiedsrichters? Wohl ja, wie er bei Sky aufgebracht erklärte: "Das kann mir keiner erzählen, dass das eine Rote Karte ist. Auch Schiedsrichter machen Fehler, aber dann muss man dazu stehen." Wütend verließ er die Kabine und polterte auf dem Rückweg, erneut an den perplexen Journalisten vorbeistapfend: "Mein Gott, mein Gott! Ein weichgespültes Pack!"

Was Welz nicht vernahm - die Beobachter aber schon. In den ersten Interviews auf seine verbale Entgleisung angesprochen, dämmerte es Nagelsmann langsam ob der Tragweite seiner unrühmlichen und unschicklichen Explosion. Auf der Pressekonferenz bat er die Medienvertreter: "Bitte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Es war sicher nicht alles richtig, was ich gesagt habe. Es gibt Emotionen im Sport, davon lebt er auch. Bitte nicht 18 Nachfragen und nicht auf jedes Titelblatt."

Zu spät, Nagelsmanns Attacke war da schon in aller Munde. Für eine Entschuldigung bei Welz war es nicht zu spät, die folgte noch während der Rückreise der Bayern. Nagelsmann schrieb auf seinen sozialen Kanälen: "Angesichts der Roten Karte musste ich mir nach dem Spiel Luft machen. Allerdings muss ich mich für die Wortwahl gegenüber dem Team rund um Tobias Welz entschuldigen. Da bin ich leider eindeutig zu weit gegangen."

Welche Konsequenzen muss er nun fürchten? Aufgrund der beleidigenden Aussage "weichgespültes Pack" hat der Kontroll-Ausschuss des DFB am Sonntag ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Eine Sperre ist eher unwahrscheinlich, eine Geldstrafe denkbar. Seine öffentliche Entschuldigung wird sich strafmildernd auswirken.

Dennoch: "Die Wortwahl ist weit daneben", urteilte DFB-Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei Sky. Didi Hamann, ebenfalls Experte bei dem Sender, kommentierte: "Im Eifer des Gefechts rutschen schon einmal Sachen raus. Er ist aber Trainer von Bayern München. Wenn er nicht will, dass seine Worte auf die Goldwaage gelegt werden, dann muss er in Dritte Liga, Vierte Liga, da interessiert keinen, was er erzählt."

Die Bayern haben verloren. Erst Upamecano, der mindestens für ein Partie gesperrt werden wird, dann das Spiel, die erst zweite Pleite im 32. Pflichtspiel dieser Saison. Und schließlich Nagelsmann die Nerven. Ein schlechter Verlierer alles in allem. Nur die Tabellenführung durften sie dank des besseren Torverhältnisses behalten, weil Union Berlin beim 0:0 gegen Schalke patzte. Kommenden Sonntag kommt es in der Allianz Arena zum Gipfeltreffen.

Die Gladbacher hingegen bleiben Bayern- und Nagelsmann-Schreck zugleich, die letzten fünf Pflichtspiele (drei Siege, zwei Remis) konnte man gegen die Borussia nicht gewinnen. Die gute Nachricht für die Nagelsmann-Bayern: In dieser Saison kann man nicht mehr auf den Angstgegner vom Niederrhein treffen. Auf Tobias Welz dagegen schon. . .