Sturm-Absage in "Windsbruck"

Eisenbichler muss "neue Unterhosen holen"


Eine Windfahne hängt vor dem Wettkampf an der Schanze am Bergisel, im Hintergrund ist Innsbruck zu sehen.

Eine Windfahne hängt vor dem Wettkampf an der Schanze am Bergisel, im Hintergrund ist Innsbruck zu sehen.

Von sid

Nach der langen Geduldsprobe am sturmumtosten Bergisel verabschiedete sich Markus Eisenbichler mit deftigem Humor aus Innsbruck. "Ich habe natürlich die Hos'n einfach voll gehabt bei dem Wind. Jetzt muss ich nochmal heimfahren und neue Unterhosen holen", sagte Deutschlands Skisprung-Hoffnung, nachdem er seinen Angriff auf Tournee-Leader Ryoyu Kobayashi aufgrund der Absage des Innsbrucker Springens vertagen musste: "Spaß beiseite! Jetzt haben wir eben zwei Wettkämpfe in Bischofshofen - die Schanze mag ich sehr!"

Weil der Föhn das notorische "Windsbruck" fest im Griff hatte, sagte die Jury am Dienstag nach 90-minütiger Hängepartie das dritte Springen der 70. Vierschanzentournee ab. "Eine gute Entscheidung", fand der Gesamtvierte Eisenbichler, der mit Teamkollege Karl Geiger (6.) noch am Nachmittag Richtung Bischofshofen aufbrach. Dort kommt es nun zu zwei Springen am Mittwoch (16.30) und Donnerstag (17.30) - und damit zur zweiten "Dreischanzentournee" der Geschichte.

Innsbruck ist die "Föhnhauptstadt"

"Es war zu gefährlich. Innsbruck ist eben die klassische Föhnhauptstadt", sagte Bundestrainer Stefan Horngacher, der mit seiner Mannschaft am Dienstagnachmittag noch in Richtung Bischofshofen aufbrach. Angesichts der Böen von über 80 km/h hatte der Österreicher "kein gutes Gefühl". Weil zudem die gefräste Anlaufspur bei deutlichen Plusgraden in der Tiroler Landeshauptstadt stark nachgab, war die Absage schließlich unausweichlich - um exakt 15.00 Uhr blies Sandro Pertile, Renndirektor des Weltverbandes FIS, alles ab.

"So ist unser Sport eben. Gegen den Wind macht man nicht viel Wir wären gerne gesprungen, aber die Sicherheit der Athleten hat Priorität", sagte der Italiener, der zunächst die Startzeit von 13.30 Uhr viermal verschoben hatte, im ZDF. Weil der Bergisel die einzige Tourneeschanze ohne Flutlicht ist, war eine weitere Verschiebung unmöglich.

Österreicher vertreiben sich Wartezeit mit Darts

Die Springer, deren Geduld über mehrere Stunden auf eine harte Probe gestellt worden war, reagierten schließlich erleichtert. "Ich glaube nicht, dass es hier zu einem fairen Springen gekommen wäre", sagte Österreichs Weltmeister Stefan Kraft im ORF. Er hatte sich mit seinen Teamkollegen die Zeit mit einigen Darts-Duellen in der Kabine vertrieben.

Plan B der Jury um Pertile, der nach der Absage mit den Organisatoren diskutiert wurde, beinhaltete keinen neuen Versuch am Mittwoch in Innsbruck. "Ich denke, dass es nicht möglich ist, es hier noch einmal zu probieren", sagte Pertile: "In Bischofshofen sind wir flexibler, da haben wir Flutlicht."

Wettbewerbe finden im K.o.-Modus statt

Dort kommt es am Tag vor dem Tourneefinale zu Springen Nummer drei, vor dem eine Qualifikation (13.00 Uhr) ausgetragen wird. Die ursprünglich für Mittwoch angesetzte Vorausscheidung findet nun am Donnerstag (14.30) vor dem finalen Springen statt. Beide Wettbewerbe finden im ersten Durchgang im K.o.-Modus statt.

Im Januar 2008 war ähnlich verfahren worden, nachdem ebenfalls in Innsbruck der Wettbewerb wegen eines Föhnsturms ausgefallen war. Die beiden folgenden Springen bei der bislang einzigen "Dreischanzentournee" wurden binnen 24 Stunden ausgetragen - allerdings ohne K.o.-System.

Erst sechste Verlegung seit 1953

Erst zum sechsten Mal seit 1953 wurde ein Tournee-Wettkampf zeitlich und/oder örtlich verlegt, gänzlich ausgefallen ist noch kein einziger. Die Organisatoren haben indes noch ein Polster, um die Tournee auch diesmal mit vier Springen auszutragen: Für Samstag und Sonntag sind planmäßig zwei zusätzliche Weltcups in Bischofshofen vorgesehen, die "umgewidmet" werden könnten.

Nun müssen Eisenbichler und Geiger eben zweimal auf der Paul-Außerleitner-Schanze versuchen, ihren Rückstand von umgerechnet 12 und 18 Metern auf den enteilten Japaner Kobayashi doch noch aufzuholen. Schwer genug wird dies: Seit Sven Hannawald vor 20 Jahren hat kein Deutscher in Bischofshofen triumphiert.