Überblick

Die Ka(h)ndidaten

Am 22. Mai geht es um Oliver Kahns Job. Aber wer hätte das Format für eine Nachfolge von Bayerns Vorstandsvorsitzenden: Philipp Lahm, Oliver Bierhoff - oder doch wieder Karl-Heinz Rummenigge?


Drei Kandidaten für einen Job: Sollte Oliver Kahn von seinen Ämtern entbunden werden, könnten sie seine Nachfolger werden: Philipp Lahm, Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Bierhof (l. v. o.).  Fotos: imago, dpa

Drei Kandidaten für einen Job: Sollte Oliver Kahn von seinen Ämtern entbunden werden, könnten sie seine Nachfolger werden: Philipp Lahm, Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Bierhof (l. v. o.). Fotos: imago, dpa

Von Patrick Strasser

München - Fünf Bundesliga-Spiele hat der FC Bayern noch, um mit der Meisterschaft die jetzt schon verkorkste Saison mit einem Überholmanöver gegenüber den einen Punkt vorne liegenden Dortmundern einigermaßen zu retten.

Oliver Kahn (53), der Vorstandsboss der Münchner, hat dagegen einen Termin, um seinen Job zu bewahren: Am 22. Mai tagt der Aufsichtsrat der AG. Ein brisanter Termin inmitten der größten Führungskrise seit langem.

Dieses Gremium, bei dem der langjährige Manager und Präsident Uli Hoeneß einfaches, aber einflussreichstes Mitglied ist, kann den amtierenden Vorstand abberufen. Auch Sportvorstand Hasan Salihamidzic (46) rückt zunehmend in den Fokus, sein Wirken und seine Bilanz werden aktuell genauer unter die Lupe genommen.

Selbst die Arbeit von Herbert Hainer, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, wird mittlerweile kritisch bewertet, dabei wurde der 68-Jährige erst im Oktober von den Mitgliedern für drei weitere Jahre bis 2025 als Präsident des e.V. wiedergewählt. 2019 hatte er den Posten als Vereinsoberster vom Mister FC Bayern übernommen. Und der spielt aktuell auch eine entscheidende, wenn nicht die entscheidende Rolle im Geflecht von Posten und Eitelkeiten.

Kahn übernahm zum 1. Juli 2021 das höchste Amt der Bayern vom langjährigen Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Der ehemalige Weltklassetorhüter und Kapitän der Münchner führt seine Mitarbeiter eher im klassischen unternehmerischen Sinne. Seit einiger Zeit öffnet sich Kahn jedoch auch intern mehr und mehr wie zahlreiche Mitarbeiter, die durch die Ära Rummenigge/Hoeneß einen familiären Umgang gewohnt waren, registrieren. Hilft ihm das?

Stimmen im Verein fordern, dass Kahn, als Spieler oft ein "Vulkahn" mit markigen Sprüchen, auch als Funktionär nach außen hin mehr aus sich herausgehen müsse wie nach der 1:3-Pleite in Mainz ("Elf Mann müssen sich für die Ziele des Vereins den Hintern aufreißen!"). Kahns Vertrag läuft bis 31. Dezember 2024.

Falls der Aufsichtsrat in der Woche vor dem letzten Spieltag der Saison den Daumen in der Kahn-Frage senkt, erlebt das Bosse-Beben seinen seismographischen Höhepunkt. Hinter den Kulissen wird für den Fall der Fälle längst überlegt, wer kurzfristig einspringen könnte, um den Verein zu beruhigen.

Da wäre Rummenigge. Der genießt zwar sein Leben als Privatier, könnte jedoch wohl kaum nein sagen, sollte ihn ausgerechnet sein früherer Antipode Hoeneß tatsächlich darum bitten, einzuspringen. Rückholaktionen haben Tradition bei Bayern (Lattek, Trapattoni, Hitzfeld, Heynckes) und Stallgeruch bzw. die Mia-san-Mia-DNA sind immer noch maßgebend. Demzufolge könnte auch Hoeneß-Intimus Hainer als Interimsvorstand Kahn ablösen. Bis mit Philipp Lahm (39) ein Ex-Profi übernimmt, wenn er als OK-Chef die Heim-EM 2024 erfolgreich durchgezogen hat? Pferdefuß: Lahm lehnte nach seinem Karriereende 2017 den Posten als Sportdirektor ab. Der Einfluss von Hoeneß war ihm damals schon zu groß. Also: unwahrscheinlich.

Und eine externe Lösung? Viel Erfahrung, Expertise und ein dickes Fell würde Oliver Bierhoff (54) mitbringen, dessen Vertrag beim DFB nach mehr als 22 Jahren Arbeit als Nationalelf-Manager und zuletzt DFB-Direktor im Zuge des Vorrunden-Aus bei der WM in Katar aufgelöst wurde. Bierhoff zoffte sich oft mit Hoeneß und Rummenigge - was ihn wiederum für eine Anstellung prädestiniert.

Die letzte titellose Saison 2011/12 endete übrigens mit einem personellen Knall. Der emsige, aber farblose Sportdirektor Christian Nerlinger musste gehen, als Nachfolger wurde mit Matthias Sammer ein neuer, starker (im Sinne von: stärkerer) Mann installiert. Sammer, zuvor DFB-Sportdirektor, half vor allem dem nach dem Vize-Triple 2012 angeschlagenen Heynckes, Brandherde zu löschen und durch seine polarisierende Art gewisse Themen vom Cheftrainer nicht nur fernzuhalten, sondern selbst zu setzen. Dies gelingt dem umtriebigen, emsigen Salihamidzic aktuell nicht - weder bei Nagelsmann, den er plötzlich fallen ließ, noch bei Thomas Tuchel.

Sitzt Salihamidzic, dessen Vertrag bis Juni 2026 läuft, fester im Sattel, weil er alternativlos erscheint? Nicht ganz, ruft man sich Hoeneß' Worte vom AZ-Talk im März ins Gedächtnis. Sollte Ex-Profi und Fanliebling Bastian Schweinsteiger Interesse an einem Job in der Vereinsführung bekunden, sei sich Hoeneß sicher, "dass die Türen beim FC Bayern weit aufgehen". Der 38-Jährige habe "eine unglaubliche Entwicklung in der Persönlichkeit gemacht", sei nun ein "gestandenes Mannsbild und Weltmann".