Ski-Weltcup

Das ewige Eis schmilzt, doch Sölden bleibt hart

Am Wochenende beginnt in Sölden traditionell der alpine Ski-Weltcup. Der frühe Saisonstart gerät zunehmend in die Kritik.


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Ein Pistenbully fährt während einer Schneekontrolle. 

Von sid

 Ein weißes Band, weitgehend umgeben von Geröll. Es soll Lust auf den Winter machen, auf den Start des Weltcups der alpinen Skirennläufer am Wochenende. Es soll auch, so der Hintergedanke, den Wintersport-Touristen das Signal senden: Es geht wieder los, kommt! Tatsächlich aber könnte einem die Lust vergehen angesichts der Szenerie auf dem Rettenbachgletscher hoch über Sölden, vor dem der Klimawandel eben auch nicht mehr halt macht.

"Die Bilder tun natürlich weh, sie bleiben in den Köpfen hängen", hat Felix Neureuther vor drei Wochen gesagt, und seitdem hat sich nicht viel geändert: Ein weißes Band und drumherum mittlerweile nur leicht überzuckerte graue Hänge. Der "brutale" Aufwand, den sie für die Riesenslalom-Rennen (Frauen/Männer, 28./29. Oktober) betreiben, "ist es meines Erachtens nicht wert", sagte der erfolgreichste deutsche Weltcup-Fahrer dem SID: "Das steht in keiner Relation."

Die Kritik an dem frühen Start in die Weltcup-Saison wird von Jahr zu Jahr lauter. Den Weltverband FIS aber juckt das bisher nicht - und die Österreicher haben ohnehin ihre ganz eigene Perspektive. Der traditionelle Auftakt Ende Oktober in Sölden, sagt ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer, "ist das erste kräftige Signal des Winters und hat eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für die Ski-Industrie, für den Wintertourismus und somit für ganz Österreich".

Shiffrin: "Was wir derzeit tun, ergibt wenig Sinn"

Verantwortungsbewusste Sportler halten davon nichts. "Was wir derzeit tun, ergibt wenig Sinn", sagt etwa Mikaela Shiffrin, die beste Skirennläuferin der Welt. Kollegin Lara Gut-Behrami aus der Schweiz hält den frühen Weltcup-Auftakt auch für "nicht logisch", für "viele Athleten würde es Sinn machen, Mitte November zu beginnen". Auch Wolfgang Maier, Sportchef des Deutschen Skiverbandes (DSV), fordert seit Jahren eine Anpassung des Kalenders - vergeblich.

Für großen Ärger sorgte in diesem Jahr vor allem ein Vorgang, auf den Greenpeace aufmerksam machte: Die Söldener fuhren mit Baggern über das, was der Gletscher freigegeben hat, verschoben Steine und Geröll. Für die Umweltschützer eine "Katastrophe", für den Söldener OK-Chef Jack Falkner aber ein normaler, weil auch genehmigter Vorgang. Es habe sich um Sanierungsarbeiten gehandelt: "Wir sind nicht die Verursacher. Die Natur macht mit uns, was sie will."

Aber, fragt Neureuther, "muss man am Gletscher rumbuddeln, damit ein Skirennen stattfinden kann?" Thomas Dreßen mag die Kritik nicht verstehen. "Das waren", versichert er, "Instandhaltungsarbeiten für die Piste", diese hätten "im Sinne der Nachhaltigkeit des Skisports und nicht speziell für den Rennlauf stattgefunden". Tatsächlich sei die für den Weltcup genutzte Piste geglättet worden, damit man dort weniger Schnee aufbringen müsse.

Wintersportler werden als Klimasünder dargestellt

Dreßen ist als Abfahrtsspezialist am Wochenende nicht am Start; dass er wie viele im DSV um Verständnis für Sölden wirbt, ist verständlich: "Sölden" ist sein Kopfsponsor, und der DSV darf dort zum Training hin. Generell geht es Dreßen "gegen den Strich", dass sein Sport und er und die Kollegen immerfort als Klimasünder dargestellt werden. Auch Kinder, die in den Skiurlaub fahren, würden als "Klimazerstörer" hingestellt: "Das kann es doch nicht sein."

Die Piste in Sölden besteht übrigens aus rund 45.000 Kubikmetern Schnee, den die Söldener bereits im April in Depots eingelagert hatten. Dass ihr Aufwand ein gutes Bild abgibt, wird freilich weiter bezweifelt. Branchen-Königin Shiffrin fragt: "Bis zu welchem Grad sollen wir unsere Umwelt an einen Zeitplan anpassen, den wir haben wollen? Oder sollten wir die Zeitpläne an die Umwelt anpassen?"