50 Jahre nach Goolagong Cawleys Premiere
Barty stürmt zum Wimbledon-Titel
10. Juli 2021, 17:58 Uhr aktualisiert am 10. Juli 2021, 17:58 Uhr
Völlig überwältigt ging Ashleigh Barty in die Knie, nach der Erfüllung ihres großes Kindheitstraumes flossen die Tränen - und doch hatte sie noch Kraft für eine waghalsige Kletterpartie. Nach ihrem ersten Wimbledonsieg kraxelte die Australierin auf die Tribüne in ihre Box, herzte ihren Erfolgstrainer Craig Tyzzer innig, dann nahm sie auf dem "heiligen Rasen" strahlend die Venus Rosewater Dish entgegen.
"Das ist unglaublich", sagte die Weltranglistenerste sichtlich gerührt und hatte die Lacher auf ihrer Seite, als sie erzählte, dass sie sich vor lauter Emotionen schon gar nicht mehr an den Matchball erinnern könne. Vor Aufregung habe sie "letzte Nacht nicht viel geschlafen", sagte Barty, dennoch bezwang sie die Tschechin Karolina Pliskova mit 6:3, 6:7 (4:7), 6:3 und stürmte zu ihrem zweiten Major-Titel nach den French Open 2019.
Barty widmet Evonne Goolagong Cawley den Sieg
Besonders emotional für Barty war, dass sie sich ein halbes Jahrhundert nach der historischen Premiere ihres großen Vorbilds Evonne Goolagong Cawley die Krone in Wimbledon aufsetzte. "Ich hoffe, ich habe Evonne stolz gemacht", sagte sie und brach erneut in Tränen aus.
1971 hatte Goolagong Cawley als erste Nachfahrin der Aborigines, der australischen Ureinwohner, in Wimbledon triumphiert. Auch die 25-jährige Barty hat indigene Wurzeln - und um an die denkwürdige Premiere ihrer Landsfrau zu erinnern, trug sie im gesamten Turnier ein Outfit, das dem ihres Vorbilds vor 50 Jahren nachempfunden war. 1980 siegte Goolagong Cawley nochmals an der Church Road - bis Samstag sollte nie mehr eine Australierin das Finale erreichen.
Pliskova muss weiter auf ersten großen Titel warten
Wie Barty hatte auch Pliskova (29) erstmals das Endspiel in Wimbledon erreicht, ein Duell zweier Neulinge um den Titel hatte es zuletzt 1977 gegeben. Barty darf sich über einen Scheck von knapp zwei Millionen Euro freuen, für die Unterlegene gibt es gut die Hälfte, und Pliskova muss auch weiter auf ihren ersten großen Titel warten. Bereits 2016 hatte sie das Finale der US Open gegen Angelique Kerber verloren.
Vor den Augen von Prinz William und seiner Gattin Kate legte Barty, die im Halbfinale die deutsche Nummer eins Kerber in einem hochklassigen Match ausgeschaltet hatte, einen explosionsartigen Start hin. Die ersten 14 Punkte gehörten ihr, bis zum 4:0 hatte Pliskova nichts zu melden. Mit dem Spitzenwert von 54 Assen war die Tschechin ins Finale eingezogen - doch Barty, die bei den French Open schon in der zweiten Runde wegen Hüftproblemen aufgeben musste, entschärfte diese Waffe exzellent.
Zweiter Satz wird im Tiebreak entschieden
Doch auch nachdem Satz eins in einer halben Stunde verloren war, steckte Pliskova nicht auf. Der Schützling des deutschen Erfolgscoaches Sascha Bajin, der die Japanerin Naomi Osaka zu zwei Grand-Slam-Siegen geführt hatte, kam im zweiten Satz von einem Break-Rückstand zurück. Endlich war es das erwartete Match auf Augenhöhe. Erneut kämpfte sie sich wieder heran, als Barty zum Match aufschlug, und erzwang mit zwei Netzrollern im Tiebreak den dritten Satz.
Dort schüttelte die Australierin den Schock aber schnell ab, stellte mit einem frühen Break die Weichen auf Sieg und erfüllte sich nach 1:55 Stunden einen Kindheitstraum - 2011 hatte sie in Wimbledon bereits den Titel bei den Juniorinnen gewonnen.