Bittere Vierschanzentournee
Andreas Wellinger und Severin Freund: Der tiefe Absturz
2. Januar 2019, 5:59 Uhr aktualisiert am 2. Januar 2019, 5:59 Uhr
Olympiasieger Andreas Wellinger und Weltmeister Severin Freund verpassen sowohl in Oberstdorf als auch beim Neujahrsspringen in Garmisch das Finale. Für Freund ist die Tournee damit bereits beendet.
Garmisch-Partenkirchen - In der vergangenen Skisprung-Saison wurde das Helden-Epos des Andreas Wellinger geschrieben. Als Gesamtzweiter bei der Vierschanzentournee mit jeweils dritten Plätzen in Innsbruck und Bischofshofen musste er sich am Ende nur Überflieger Kamil Stock (Polen) beugen. Doch bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang war er es, der zum Königsadler mutierte! Gold von der Normalschanze, jeweils Silber von der Großschanze und im Mannschaftsbewerb.
Doch Heldengeschichten währen eben nicht ewig. Kaum ein Jahr später ist der 23-Jährige brutal abgestürzt. Und das gleich doppelt. Beim Auftaktspringen in Oberstdorf, Wellingers ungeliebtester Schanze, bei der er noch nie über den zehnten Rang hinausgekommen war, der erste Nackenschlag.
Wellinger und der "Scheißsprung"
Erster Sprung - und schon war der Traum vom Gesamtsieg geplatzt. Platz 39, verpasster zweiter Durchgang, dazu ein letztlich folgenloser Sturz im Auslauf. "Es war ein Scheißsprung, das muss man erst mal sacken lassen", sagte Wellinger da noch. Doch beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen gab es gleich die Neuauflage des Absturzes. Er sprang nur 118,5 Meter weiter (100,9 Punkte) und verlor damit sein direktes Duell gegen den Österreicher Daniel Huber.
Die Leistung reichte auch nicht, um als Lucky Loser doch noch ins Finale zu rutschen. Wellinger belegte am Ende den 32. Platz. Wieder musste er das Finale de Besten als Zuschauer verfolgen. Dabei hatte er vor dem Sprung noch gesagt: "Neuer Tag - neue Chance..."
Doch es war nichts mit dem neuen Glück für Wellinger, der in dieser Saison weit hinter seinen Möglichkeiten bleibt. Leichtigkeit? Lockerheit? Alles Fehlanzeige. Wellinger wirkte verkrampft, verkopft. Er packte die Brechstange aus - im Skispringen, bei dem Nuancen über Meter und damit Erfolge entscheiden, ist das fast immer der Weg ins sportliche Verderben. So recht erklären kann sich Wellinger seinen Flug ins tiefe Tal der Tränen nicht.
Severin Freund verpasst die Auferstehung
Kaum besser lief es bei Severin Freund, dem Weltmeister von 2015. Doch er zumindest weiß, woran es liegt. Der Weg zurück an die Weltspitze ist für den 30-Jährigen lang nach seinen zwei Kreuzbandrissen im Knie, die ihn fast zwei Jahre seiner Karriere gekostet haben. In Oberstdorf und auch in Garmisch verpasste auch er jeweils den Einzug ins Finale. Platz 36 beim Auftakt, Rang 41 dann beim Neujahrsspringen. "Allen, die vielleicht auf eine Auferstehung von Severin Freund gehofft haben, denen habe ich den Zahn gezogen", sagte Bundestrainer Werner Schuster bei der Vierschanzentournee. "Das war mir klar."
Und Freund selber eben auch. Für ihn ist die Vierschanzentournne damit zur Halbzeit auch schon beendet. "Es war einfach eine schlechte Leistung. Die Entscheidung, mich rauszunehmen, ist mehr als fair", sagte Freund. Und Schuster meinte: "Wir haben viel probiert. Er probiert alles, da müssen wir ein Ersatzprogramm auflegen." Er nominierte dafür Constantin Schmid für die letzten beiden Tourneestationen in Österreich. Immerhin: Wellinger darf sich noch weiter versuchen, den Stoff, aus dem die Helden sind, bietet er aber momentan nicht.