Vor Transfersommer

Christian Keller: Jahn wird "keinen Euro Ablöse zahlen"


Geschäftsführer Christian Keller plant - in schwierigen Corona-Zeiten - die Jahn-Mannschaft für die kommende Saison.

Geschäftsführer Christian Keller plant - in schwierigen Corona-Zeiten - die Jahn-Mannschaft für die kommende Saison.

So viele Wechsel wie im Vorjahr wird es beim SSV Jahn Regensburg nicht geben, aber Schlüsselspieler gilt es dennoch zu ersetzen. Das Ziel des Jahn: Die Qualität erhöhen - und das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.

Christian Keller, Geschäftsführer des SSV Jahn Regensburg, hatte vor einem Jahr eine große Aufgabe. Es galt, einen "größeren personellen Wechsel" zu gestalten, wie es die Verantwortlichen ausdrückten. Von einem Umbruch wollten sie nicht sprechen. Nimmt man Sommer- und Winterpause zusammen, dann haben den Oberpfälzer Zweitligisten 17 Spieler verlassen und 15 Neue sind gekommen. Ein Jahr später kann man Keller ein gutes Zeugnis ausstellen. Wieder, zum dritten Mal in Folge, hat der Jahn souverän die Klasse gehalten - was auch an den Neuverpflichtungen lag, von denen sich einige in der abgelaufenen Saison festgespielt haben.

Wenn man neue Spieler verpflichte, erklärt Keller im Gespräch mit idowa, dann habe man dabei verschiedene Erwartungshaltungen. Bei manchen erwarte man sich, dass sie der Mannschaft schnell weiterhelfen können, bei anderen sehe man das Potenzial, dass sie das perspektivisch können. So gilt es Spieler für Spieler einzeln zu bewerten. "Wenn ich insgesamt bewerte, wie sich die neuen Spieler gegeben und entwickelt haben, dann bin ich in Summe zufrieden, weil wir auf einem guten Entwicklungsweg sind", sagt Keller, um zu konkretisieren: "Von den 15 Neuzugängen bin ich mit elf einverstanden, von vier hätte ich mir mehr erwartet. Das muss aber nicht nur am Spieler liegen, vielleicht war auch unsere Einschätzung vor der Verpflichtung falsch." Namen nennt Keller freilich keine.

Auch bei den Positivbeispielen stellt Keller keinen einzelnen Spieler als Überraschung heraus. Allerdings zählt er einige auf, deren Entwicklung ihm gefällt. Torhüter Alexander Meyer zum Beispiel: "Er hatte davor zwei Jahre so gut wie nicht gespielt, kam als dritter Torwart aus Stuttgart aus einer Verletzung heraus und hat eine sehr gute Zweitliga-Saison gespielt." Oder Freiburg-Leihgabe Chima Okoroji: "Bis auf wenige Einsätze hatte er zuvor nur in der Regionalliga gespielt. Jetzt hat er alle 34 Spiele von Beginn an gemacht und angedeutet, dass er ein sehr gutes Zweitliga-Niveau erreichen kann."

"Klare Ansage": Lob für Besuschkow und Gimber

Auch die neue Doppel-Sechs erhält Lob von Keller. "Max Besuschkow hatte nach seinem Wechsel nach Belgien in Deutschland vermutlich gar keiner mehr auf dem Zettel. Er hat eine konstant gute Saison gespielt und ist in jungen Jahren schon ein Stabilisator für unsere Mannschaft. Bei Bene Gimber wussten wir einerseits, was er kann, aber er hatte auch ein schwieriges Jahr in Ingolstadt hinter sich. Beide konnten schon Impulse setzen und werden der Mannschaft zukünftig noch mehr Impulse geben. Sie haben es geschafft, dass ein Spieler wie Andi Geipl, der jahrelang auf ihrer Position gesetzt war, in etlichen Spielen nicht gespielt hat. Das ist schon eine klare Ansage."

In der Offensive waren es vor allem Andreas Albers, Erik Wekesser und Babis Makridis, die sich zuletzt durchgesetzt hatten. "Andreas hat 13 Torbeteiligungen, das ist gut, er hat eine sehr gute Entwicklung genommen", sagt Keller. Wekesser verletzte sich gleich in der Saisonvorbereitung. Aber auch hier nennt Keller die sechs Torbeteiligungen "völlig okay, wenn du aus der Regionalliga kommst." Und Winterneuzugang Makridis habe zwar eine komplette Vorbereitung mit dem Team gefehlt, "er hat aber schon angedeutet, was er zu leisten imstande ist."

Der Plan vor einem Jahr war es, die Mannschaft so zusammenzustellen, dass man in diesem Sommer wieder ein "deutlich stabileres Niveau" hat, wie Keller sagt. Entsprechend sind dieses Jahr nicht viele Wechsel eingeplant. "Ich gehe nicht davon aus, aber schauen wir mal, was der Sommer bringt." Der Transfersommer wird in diesem Jahr besonders lang, das Transferfenster wurde bis zum 5. Oktober ausgedehnt.

Der Jahn plant "extrem konservativ"

Keller geht stark davon aus, dass Corona den Markt verändern wird: "Die Auswirkungen sind massiv." Aktuell sei Zurückhaltung da. "Die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten sind enorm", so Keller. Beim Jahn hat man verschiedene Szenarien durchgerechnet und plant finanziell "extrem konservativ", so der Geschäftsführer. Das habe man auch die vergangenen Jahre schon so gemacht. "Wir können es uns als Jahn schlicht nicht mehr leisten, irgendwann erklären zu müssen, dass wir wieder in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind. Selbst wenn wir für die Umstände wie jetzt in der Corona-Krise nichts können", verdeutlicht Keller und kündigt an: "Wir setzen vor dem Hintergrund unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten ja ohnehin grundsätzlich eher auf ablösefreie Spieler, werden diesen Sommer nach jetzigem Stand aber ganz sicher keinen Euro Ablöse zahlen." Man plant für die kommende Saison mit einem Umsatz, der rund ein Drittel kleiner ist als der der Vorsaison.

Mit diesen Mitteln gilt es, den einen oder anderen Spieler zu ersetzen. Allen voran Andi Geipl und Marco Grüttner, die den Jahn die vergangenen Jahre geprägt haben. "Marco ist einer der größten Spieler, die der Jahn hatte mit starker Persönlichkeit. Andi hat ebenfalls wie die Faust aufs Auge zum Jahn gepasst und ist ein Pfundskerl. Beide sind einfach richtig gute Jungs und menschlich nicht zu ersetzen, was aber nicht heißt, dass nicht andere Spieler in die Lücken treten können", sagt Keller. "Wir haben nämlich auch noch andere Pfundskerle in unserer Mannschaft."

Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Verbleib von Innenverteidiger Marcel Correia. Dessen Vertrag ist ausgelaufen. Neues zum Stand kann Keller bislang noch nicht verraten, nur so viel: "Marcel ist bei uns immer eine Option."

Geliehen und verliehen

Mit Julian Derstroff, der bei einem anderen Club mehr spielen möchte, Aaron Seydel und Chima Okoroji, deren Leihen enden, gibt es weitere Abgänge. Bei Okoroji kann sich Keller aber sehr gut vorstellen, die Leihe zu verlängern. Im Gegenzug kommen mit Alexander Nandzik, Kevin Hoffmann und Albion Vrenezi drei Leihspieler zurück - mit unterschiedlichem Erfolg. "Bei Albion war die Leihe definitiv erfolgreich", sagt Keller. "Er hat viele Spiele gemacht und viele Torbeteiligungen zu verzeichnen." Somit geht Keller Stand heute davon aus, dass Vrenezi nächste Saison wieder zum Jahn-Kader gehören wird.

Kevin Hoffmann habe seine Sache in Aalen in der Regionalliga "gut gemacht. Er war dort ein zentraler Spieler und Leistungsträger und hat einen Schritt nach vorne gemacht." Da der Schritt zu einem Stammspieler in der 2. Bundesliga aber groß sei, werde man sich noch zusammensetzen, was der beste nächste Schritt ist.

Nicht zufrieden ist Keller dagegen mit der Leihe von Alexander Nandzik nach Kaiserslautern, wo der Linksverteidiger ab der Winterpause nur zu acht Einsätzen kam. "Von einem Spieler, der den Anspruch hat, 2. Liga zu spielen, erwarte ich, dass er sich in Kaiserslautern durchsetzt. Zumal die Konkurrenz auf seiner Position nicht zu stark dafür war. Das ist dann einfach zu wenig." Ob Nandzik dennoch eine Zukunft beim Jahn hat? "Er hat noch zwei Jahre Vertrag. Aber wenn er hier spielen will, dann muss er beide Beine in die Hände nehmen und das zeigen, was er schon mal gezeigt hat", macht Keller klar.

Keller über Thalhammer: "Kann gerne kommen"

Ein Spieler, der nicht verliehen war, aber dennoch zurückkehren könnte zum Jahn ist Maximilian Thalhammer. Dessen Vertrag in Ingolstadt läuft aus und beim Jahn hat man nie einen Hehl daraus gemacht, dass man ihn gerne wieder zurückholen würde. "Max kann sehr gerne im Sommer nach Regensburg kommen", sagt Keller und bestätigt, dass es Gespräche gab. "Aber ob er kommt, hängt noch an vielen Faktoren, unter anderem am sportlichen Abschneiden des FC Ingolstadt."

Thalhammer wäre jedenfalls ein Spieler, der ins Anforderungsprofil für die Jahn-Neuzugänge in diesem Sommer passt. "Unsere Idee ist in diesem Jahr schon, vielleicht mit einer Ausnahme, dass wir Spieler holen, bei denen wir denken, dass sie direkt oder zumindest sehr schnell auch spielen könnten. Wir werden das Korsett der Mannschaft behalten. Jetzt wollen wir auf ein paar Positionen noch einen Qualitätszuwachs bekommen. Das ist der Anspruch für diesen Sommer." Wenn diese Vorstellungen gelingen, dann könnte es auch zum vierten Mal in Folge mit den Klassenerhalt in der 2. Liga klappen. Und dann könnte man Keller und dem Jahn erneut ein gutes Zeugnis ausstellen.

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