Ex-Löwe kehrt zurück
TSV 1860 will die Revanche gegen Relegations-Retter Bülow
13. Juni 2020, 8:09 Uhr aktualisiert am 13. Juni 2020, 8:09 Uhr
TSV 1860 - Hansa Rostock: Beim Duell der Aufstiegsaspiranten kommt es zum Wiedersehen mit Relegationsheld Bülow, der Sechzig 2015 vor dem Absturz bewahrte. Selbst Coach Köllner erinnert sich an dieses Drama.
München - Manchmal reicht im Spitzensport ein einziger Moment für die Unsterblichkeit. Rückblick: 2. Juni 2015, Allianz Arena, Abstiegsrelegation gegen Holstein Kiel: Die Löwen taumeln Richtung Dritte Liga. 0:0 im Hinspiel. Auch dahoam geht vor einer Mega-Kulisse von 57.000 Zuschauern nicht viel. Nur 1:1 bis in die Nachspielzeit.
"Noch vier Minuten. Alle Löwen, die Tribünen, die Sitzplätze - auf geht's!", ruft Stadionsprecher Stefan Schneider in sein Mikro - und Kai Bülow avanciert mit seinem Siegtreffer zum Nichtabstiegshelden.
Am Samstag um 14 Uhr, gut fünf Jahre später, ist es soweit: Der TSV 1860 empfängt nicht nur den FC Hansa Rostock (MagentaSport und im AZ-Liveticker), dieser Tage ein Verfolgerduell zweier Aufstiegsaspiranten in der Dritten Liga, die Sechzger begrüßen in ihrer uralten wie neuen Heimat, dem Grünwalder Stadion, ihren Relegationsretter Bülow.
Köllner erinnert sich an den Relegations-Krimi von 2015
"Das war eine schöne Geschichte", sagte Trainer Michael Köllner über den umjubelten Klassenerhalt der Sechzger, den der jetzt 50-Jährige eigenen Aussagen zufolge im Urlaub zufällig an der Seite eines anderen Ex-Löwen gesehen hatte: "Ich saß mit Stefan Reuter und einigen anderen Leuten in einer kleinen Bar eines türkischen Hotels. Es kam nicht im Fernsehen, also saßen acht Mann vor einem kleinen Laptop."
Ein Bild für Götter, wie Köllner, der jetzige Augsburg-Manager Reuter und Co. auf engstem Raum Bülows wohl größten Moment gesehen hatten. "Reuter hat massiv mitgefiebert", erzählt Köllner: "Er wollte unbedingt, dass 1860 drin bleibt. Und dann kam zum Glück dieses Last-Minute-Tor."
Jetzt kommt es zwischen Bülow, der damals nur noch den Fuß hinhalten musste und am Donnerstag sein Karriereende im Sommer erklärte, zu einem letzten Wiedersehen mit seinen Löwen. Köllners Plan ist klar: Er will die Revanche gegen den Retter. Im Hinspiel hatte Sechzig 1:2 verloren.
Köllner erwartet Abnutzungskampf gegen Rostock
"Sie haben Spieler mit Riesen-Qualität. Bülow ist ein sehr erfahrener Mann im Mittelfeld", erklärte Köllner über seine Marschroute gegen die Hansa-Kogge und deren Ikone auf Abschiedstournee: "Für mich gilt es nur, Rostock zu schlagen." Dabei sei von entscheidender Bedeutung, "das Rostocker Spiel nicht zuzulassen".
Köllner erwartet zwischen 1860 (49 Punkte) und Rostock (48) einen Abnutzungskampf, denn die Elf von Trainer Jens Härtel hat sich vor allem dank der Tatsache im Aufstiegsrennen zurückgemeldet, sich stets extrem auf das System des Gegners einzustellen. "Daher wird es viele Zweikämpfe geben", glaubt Köllner: "Da wird uns nichts geschenkt." Mit Torjäger Sascha Mölders kehrt Sechzigs Kapitän nach einer Gelb-Sperre zurück, Tim Rieder muss aus demselben Grund aber passen.
Köllner muss sich dabei einmal mehr als Architekt beweisen: Aus seiner gewohnten Formation aus zuverlässigen, aber körperlich stark strapazierten Leistungsträgern, und jener B-Elf, die beim 3:1 gegen KFC Uerdingen den Grundstein für den Auswärts-Dreier setzte, muss der Coach ein funktionierendes Gebilde entwerfen.
Aufstieg? Köllner gibt sich weiter pragmatisch
"Es mag von außen sicherlich der erste Eindruck sein: Köllner spielt Poker", so Köllner im Nachgang über seine zuletzt acht Wechsel in der Startelf: "Das war von der Belastungssteuerung her und von der Frage her, wie wir das Spiel erwarten, die einzig vertretbare Entscheidung." Umso schöner, dass ausgerechnet der scheidende Dauer-Reservist Kristian Böhnlein seinen eigenen, kleinen Bülow-Moment hatte.
Was das Aufstiegsrennen anbelangt, zeigte sich Köllner einmal mehr pragmatisch. "Nach Würzburg hieß es schon: Aus die Maus. Seien wir froh, wenn wir bis zum Schluss oben mithalten können." Und wenn Köllner die Chance hat, sich gleich in den Geschichtsbüchern zu verewigen. So wie damals Kai Bülow...