Willkommen dahoam!
TSV 1860: Transfer von Timo Gebhart wird sofort zum Politikum
15. Juli 2019, 6:21 Uhr aktualisiert am 15. Juli 2019, 6:21 Uhr
Wie die AZ exklusiv vermeldet hat, kehrt Spielmacher Timo Gebhart zu den Löwen zurück. Investor Hasan Ismaik öffnet die Geldschatulle. "Er hat erneut bewiesen, dass er ein riesengroßes Herz für die Löwen hat."
München - Es gibt Geschichten, die sich nur König Fußball zu schreiben traut. Eins von Sechzigs größten Talenten kehrt seinem Herzensverein einst den Rücken, die weite Fußballwelt lockt. Als Spielmacher, dem der ganz große Durchbruch verwehrt bleibt, feiert er Jahre später seine umjubelte Rückkehr. Er ist der kickende Hoffnungsträger, soll den abgestürzten Amateurklub TSV 1860 zurück in den Profifußball führen. Doch: Er ist auch ständig verletzt, wird trotz des Aufstiegs verschmäht, bekommt keinen neuen Vertrag. Und jetzt? Kehrt er in der Stunde der Not zurück zu seiner großen Liebe: Timo Gebhart ist wieder ein Löwe.
Wie die AZ Samstagabend exklusiv berichtete, wechselt der 30-Jährige kurz vor Saisonstart zurück an die Grünwalder Straße. Dorthin, wo alles begann. Schon bald soll der Mittelfeld-Motor, zwischen 2004 und 2009 vom Junglöwen zum Profi gereift, wieder "sein" Trikot mit der Nummer zehn tragen.
"Was, zurück zu Sechzig? Davon weiß ich ja noch gar nichts", sagte Gebhart, als ihn die AZ telefonisch erreichte - und lachte. Auf erneute Nachfrage, ob er nicht doch bald im 1860-Trikot kicken werde, blieb er cool: Gebhart, der den Samstagabend eigenen Aussagen zufolge mit seiner Familie verbrachte, scherzte: "Jetzt spiele ich gerade nicht bei den Löwen, sondern erstmal 'Mensch ärgere dich nicht'!"
Investor Ismaik ermöglicht Gebhart-Transfer
Der Mittelfeldspieler, seit Sommer 2018 erst vereinslos und ab letztem Winter bei Regionalligist Viktoria Berlin (13 Spiele, 3 Tore und 5 Assists) aktiv, ergänzte vielsagend: "Vielleicht müssen Sie mal bei den Verantwortlichen nachfragen."
Gesagt, getan: Aus Vereinskreisen erfuhr die AZ, dass Gebhart am Montag einen Einjahresvertrag unterschreiben soll und nur mit der Unterstützung eines weiteren, zunächst unbekannten Gönners zurückgeholt werden konnte. Gebharts Rückkehr - das Comeback eines Löwen-Leaders!
Sechzig wäre aber nicht Sechzig, wenn daraus nicht sofort ein Politikum werden würde: Nach dem AZ-Bericht über die Rückholaktion verschickte Mutaz Sabbagh, Berater und Übersetzer von Investor Hasan Ismaik, eine Pressemitteilung. Darin erklärt Saki Stimoniaris, zuletzt untergetauchter 1860-Aufsichtsrat und Ismaiks Statthalter, dass der Transfer nur mit der Unterstützung des Jordaniers möglich gewesen sei.
"Ismaik hat erneut bewiesen, dass er ein riesengroßes Herz für die Löwen hat", schreibt Stimoniaris und kritisiert die 1860-Vertreter für den fahrlässigen Umgang mit der Zwei-Millionen-Hilfe vor Jahresfrist. Nun leiste Ismaik "erneut einen signifikanten Beitrag", nachdem er kürzlich durch "die Unterschrift unter die positive Fortführungsprognose" den "Fortbestand des Unternehmens gesichert" habe. Trainer Daniel Bierofka und Sportchef Günther Gorenzel sahen sich mehrmals dazu genötigt, vor den Auswirkungen des strikten Konsolidierungskurses zu warnen (Abstieg).
Ismaik erwartet keine Gegenleistung
Für Ismaik sei der "personelle Engpass" Anlass für weitere Hilfsmaßnahmen - im Übrigen nicht nur für den 100-maligen Erstligaspieler Gebhart, sondern auch zu einem "nicht unwesentlichen Teil" für Aaron Berzel, dessen Vertrag gerade erst verlängert wurde.
Einerseits ein feiner Zug des Geldgebers, der nach AZ-Informationen keine Gegenleistung verlangt. Andererseits wäre Verschwiegenheit - wie es die privaten Gönner bei Berzel handhaben -, der geschicktere Schachzug gewesen. Nun diskutieren die Fans, inwieweit die Personalie Gebhart mit dem polarisierenden Finanzier verknüpft ist - und für dessen machtpolitische Zwecke missbraucht wird.
Löwen-Präsidium äußert sich zu Gebhart
Am Sonntagabend hat auch der TSV 1860 auf die Personalie Gebhart reagiert: "Die überraschende Rückkehr von Timo Gebhart in den Profikader des TSV 1860 München finanziert unser Mitgesellschafter Hasan Ismaik durch ein Sponsoring. Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich und halten ihn für eine erfreuliche Wende in der bisherigen Finanzierungspolitik", schreibt das Löwen-Präsidium um Robert Reisinger.
Die Fanschar täte sich und Gebhart einen Gefallen, würde sie den Alpha-Löwen als das betrachten, was er ist: Ein toller Fußballer, der seinem Herzensklub auf dem Weg zum anvisierten Klassenerhalt eine echte Stütze sein kann - vorausgesetzt, der verletzungsanfällige Akteur kann im Vollbesitz seiner Kräfte und ohne vereinspolitische Vorbehalte Fußball spielen. Auf jeden Fall: Willkommen dahoam!
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