Leihe vom FC Barcelona

Philippe Coutinho beim FC Bayern: Diese Risiken birgt der Transfer


Niko Kovac (links) zusammen mit seinem neuen Superstar Philippe Coutinho

Niko Kovac (links) zusammen mit seinem neuen Superstar Philippe Coutinho

Von Julian Huter

Philippe Coutinho ist der sehnlichst erwartete Transfer-Hammer beim FC Bayern. Der Verein und die Fans sind euphorisch. Dass der Transfer des Ex-Stars vom FC Barcelona in München zur Erfolgsgeschichte wird, ist allerdings nicht garantiert. Die Verpflichtung birgt auch Risiken.

München - Beim FC Bayern ist die Stimmung momentan bestens - und das trotz des durchwachsenen 2:2 gegen Hertha BSC zum Bundesliga-Start. Der Grund ist natürlich Philippe Coutinho. Trotz strömenden Regens pilgerten rund 1.500 Fans zum ersten Training des Brasilianers an der Säbener Straße. Auch die Mannschaft wirkte gelöst und frisch motiviert.

Coutinho ist der Transfer-Kracher, den sich Fans und Spieler so sehnlich gewünscht haben. Nach zahlreichen Rückschlägen auf dem Transfermarkt und der bitteren Verletzung von Wunschspieler Leroy Sané, ist die Verpflichtung des brasilianisches Superstars Balsam für die angekratzte Bayern-Seele.

Beim FC Barcelona war Coutinho nur Reservist

Die Bosse, die in den Wochen zuvor eher kleinlaut daher kamen, präsentieren sich wieder gewohnt selbstbewusst. Die Spieler schwärmen von den Fähigkeiten ihrer neuen Nummer 10. Ähnlich war die Stimmung auch, als vor rund zwei Jahren James Rodríguez in München präsentiert wurde - am Ende stellte sich die Leihe des Kolumbianers aber als Missverständnis heraus. Coutinhos Fähigkeiten sind denen von James überlegen - dennoch birgt auch dieser Transfer Risiken.

Dass der 27-Jährige überhaupt zu haben war, lag daran, dass er sich beim FC Barcelona nicht durchsetzen konnte. Wäre er bei den Katalanen geblieben, wäre ihm in dieser Saison wohl nur die Rolle des Edel-Reservisten geblieben - eine weitere Parallele zu James, der bei Real Madrid häufiger auf der Bank Platz nehmen musste. In Barcelona konnte er sein volles Potenzial nicht zeigen, da seine Lieblingsposition - als Zehner hinter den Spitzen - im Barca-System nicht existiert. Im aktuellen Bayern-Spiel gibt es diese Position auch nicht!

Stellt Kovac sein System für Coutinho um?

In Barcelona musste Coutinho häufiger auf den Flügel ausweichen. Zwar besitzt der Brasilianer die Schnelligkeit und Schusstechnik, um nach innen zu ziehen und für Torgefahr zu sorgen, als Flankengeber konnte er aber kaum glänzen. Laut "opta" flankte Coutinho vergangene Saison in 54 Pflichtspielen für Barca nur elfmal, nur drei davon landeten beim eigenen Mann. Elf Assists in 76 Einsätzen für die Katalanen sind insgesamt eine schwache Quote.

Für James, der ebenfalls am liebsten auf der Zehn spielt, wollte Niko Kovac sein System nicht umstellen. Es wird erwartet, dass der Bayern-Trainer für seinen neuen Star einlenkt. Einer der drei zentralen Mittelfeldspieler würde also hinter die Spitzen gezogen, während zwei Sechser vor der Abwehr absichern. In einer ähnlichen Formation konnte Coutinho bei der Copa America für Brasilien glänzen. (Mehr zur möglichen System-Umstellung für Coutinho lesen Sie hier.)

Thomas Müller könnte der große Verlierer werden

Bei einer Umstellung müsste sich die Mannschaft auf veränderte taktische Vorgaben einstellen. Großer Verlierer dabei könnte Thomas Müller sein. Kovac stellte ihn zuletzt häufiger auf der offensivsten Position im Dreier-Mittelfeld auf - diese dürfte in Zukunft Coutinho gehören.

Dass beide im Mittelfeld zusammenspielen ist quasi ausgeschlossen, Müller ist definitiv kein Sechser. Gut möglich, dass sich die größte Identifikationsfigur des FC Bayern noch häufiger auf der Bank wiederfindet.

System-Wechsel als möglicher Unruhe-Faktor

Noch schwärmen alle Bayern von ihrem neuen Star. Doch eine System-Umstellung für einen einzelnen Spieler könnte dem ein oder anderen sauer aufstoßen - gerade, wenn es mal nicht läuft oder Coutinho Anlaufschwierigkeiten hat. In Barcelona hatte der Brasilianer diese. Statt sich aus diesem Loch zu befreien, verlor er an Selbstvertrauen und versank immer weiter im Leistungs-Tief.

"Philippe ist ein weltklasse Fußballer, der im richtigen Umfeld Spiele verändern kann", sagte sein ehemaliger Trainer Jürgen Klopp am Rande der der "Sport-Bild"-Awards. Die Betonung liegt auf "im richtigen Umfeld". Mit einem Menschenfänger wie Jürgen Klopp im Rücken, der einen familiären Umgang mit seinen Spielern pflegt, konnte Coutinho seine beste Leistung zeigen. In Barcelona pfiffen ihn irgendwann die eigenen Fans aus, in der Folge litt seine Leistung darunter. Kovac und die Mannschaft müssen aktiv auf den Brasilianer zugehen, um ihn schnell zu integrieren und ihn auch dann unterstützen, wenn es mal nicht so läuft.

Coutinho-Transfer nur bei Kauf ein Erfolg

Ein weiterer Risiko-Faktor ist die hohe Erwartungshaltung. Zwar ist die Leihgebühr mit 8,5 Millionen Euro relativ moderat, die festgeschriebene Ablösesumme liegt dann aber schon bei 120 Millionen Euro. Deutlich mehr als die 80 Millionen Euro, die der FC Bayern in diesem Sommer für Rekord-Transfer Lucas Hernández investiert hat.

Will Coutinho diese Mond-Summe rechtfertigen, muss er beweisen, dass er der unangefochtene Superstar der Bayern ist und dem Klub Argumente liefern, die Kaufoption zu ziehen. Sollte der brasilianische Nationalspieler die Bayern nach einem Jahr wieder verlassen, war seine Verpflichtung nur ein Strohfeuer - und nicht der erhoffte Fortschritt im Umbruch des Kaders gewesen.

Der Coutinho-Transfer ist ein tolles Signal für den FC Bayern und die Bundesliga, seine fußballerischen Qualitäten sind unbestritten. Ob seine Verpflichtung wirklich der erhoffte Homerun oder das nächste Missverständnis à la James ist, muss sich aber erst noch zeigen.

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