AZ-Interview

Paul Breitner: "Wenn ich Bock hab, kaufe ich mir eine Karte"


Der ehemalige Profi des Fc Bayern München, Paul Breitner, bei der Ehrung der Meistermannschaften im Stadion.

Der ehemalige Profi des Fc Bayern München, Paul Breitner, bei der Ehrung der Meistermannschaften im Stadion.

Von Sven Geißelhardt

Paul Breitner spricht im AZ-Interview exklusiv über seinen Ehrenkartenstreit mit dem FC Bayern, den Wandel im Millionengeschäft Fußball und das Duell um den Titel: "Bayern ist der künftige Meister".

München - Paul Breitner, der 67 Jahre alte Weltmeister von 1974, spielte von 1970 - '74 und 1978 - '83 beim FC Bayern. Er zeigt seit langem soziales Engagement in München und ist nun Schirmherr der Malteser-Mahlzeitpatenschaften.

AZ: Herr Breitner, der FC Bayern hat Verteidiger Lucas Hernández für 80 Millionen Euro von Atlético Madrid verpflichtet. Sind solche Investitionen für einen europäischen Spitzenverein notwendig, um weiter mit den Besten mithalten zu können?
PAUL BREITNER: Es wird ja immer gesagt, der FC Bayern würde irgendwelche Klubs kannibalisieren, er würde immer nur da oder dort den Besten wegkaufen. Das ist Schwachsinn. Der FC Bayern ist eine Fußball produzierende Gesellschaft. Und jede Firma muss versuchen, jeden Tag besser zu werden. Wenn der FC Bayern 25 Nationalspieler hat, ist es schwierig, hier oder da eine Position effektiv zu verbessern. Dann nutzt mir eben der linke Verteidiger der SpVgg Erkenschwick nichts. Bayern muss dort hingehen, wo es einen Spieler auf einer Position gibt, der den Klub vielleicht an der dritten Stelle hinter dem Komma verbessern könnte, auf einer Position, auf der er sowieso schon zwei Nationalspieler hat.

Paul Breitner: "Ich weiß nicht, ob Hernández die Bayern besser macht"

Der FC Bayern scheint überzeugt von Hernández zu sein, wenn man so viel Geld für einen Abwehrspieler ausgibt.
Diejenigen, die jetzt diese Entscheidung getroffen haben, sind überzeugt. Was am Ende dabei herauskommt, werden wir sehen. Der FC Bayern, übrigens einer der ganz großen Steuerzahler in München, sagt halt: Wir sind keine Bank. Wir tun etwas für den Fan. Wir versuchen, wieder einen der besten Spieler zu kaufen, um unsere Ware vielleicht noch besser zu machen. Ich weiß nicht, ob Hernández die Bayern besser macht. Aber es klingt zumindest danach.

Was bedeutet der Transfer für die Zukunft der deutschen Weltmeister-Abwehr Mats Hummels und Jérôme Boateng?
Ich habe mich mit Hernández bis jetzt kaum beschäftigt. Wenn er mal fünf oder zehn Spiele bestritten hat, können wir sagen, was das vielleicht für andere bedeutet.

"Der FC Bayern hat immer genügend Geld gehabt"

Es sollen ja noch weitere Stars im Sommer verpflichtet werden. Hätten Sie einen Wunschspieler? Uli Hoeneß hat kürzlich von Kylian Mbappé geschwärmt, aber der ist wohl selbst für den FC Bayern zu teuer.
Mbappé? Das kann jeder sagen. Wenn Sie im Moment 100 Leute fragen, die keine Ahnung von Fußball haben, kommt 99 Mal als Antwort für einen Wunschspieler Mbappé. Geld ausgeben und sich damit echte Verstärkungen holen, ist etwas anderes, als einfach Geld ausgeben. Warten wir mal ab, was so passiert.

Grundsätzlich ist es so, dass jeder Spieler auf der Welt einmal im Leben gern zu Real Madrid gehen würde. Und 99 Prozent der Spieler in der Bundesliga wollen einmal beim FC Bayern spielen, um konstant Erfolg zu haben. Die meisten dürfen es nur nicht sagen, aber es ist so. Wenn einer dann in Dortmund oder auf Schalke ein Zeichen setzt und sagt, er wäre an einem Wechsel zu Bayern interessiert, und Bayern meint, dieser Spieler würde vielleicht weiterhelfen, dann wird Bayern zuschlagen.

Hätten Sie sich gewünscht, früher als Scout des FC Bayern auch über solch große finanzielle Mittel zu verfügen wie aktuell?
Der FC Bayern hat immer genügend Geld gehabt. Die Preise von heute haben nichts mit denen von vor zehn oder 20 Jahren zu tun. So wie Hollywood inzwischen Filme für 200, 300 Millionen Dollar produziert, die früher eine Million Euro gekostet haben. Generell haben sich die Zeiten geändert.

"Der Fußball ist schon lange nichts als Show-Business"

Inwiefern?
Der Fußball ist schon seit längerem nichts als Entertainment, Show-Business. Wir leben in einer Zeit, in der es dem Fan nicht mehr darum geht, aufs Vereinswappen zu zeigen. Er will bespaßt werden. Dem ist es völlig egal, was da unten passiert. Natürlich will er, dass seine Mannschaft gewinnt, aber ansonsten geht der Fan seit vielen Jahren, seit 2006 vor allem, seit diesem Sommermärchen, ins Stadion, um bespaßt zu werden, um miteinander zu jubeln und traurig zu sein. Sonst wären genügend Stadien in den vergangenen Jahren leer gewesen, weil die Heimmannschaften so einen Stiefel spielen. Aber das ist den Leuten wurscht.

Gehen Sie denn in dieser Saison noch einmal ins Stadion, nachdem Sie Ihre Ehrenkarte bei Bayern zurückgegeben haben?
Ich weiß es nicht. Wenn ich Bock hab', kaufe ich mir eine Karte. Dann gehe ich. Ich habe damit überhaupt kein Problem. Ich sehe das sehr locker und distanziert.

Sind Sie nächsten Samstag beim Topspiel gegen Dortmund in der Arena?
Ich gönne euch (den Journalisten, Anm.d.Red.) diese Szene, dieses Spektakel nicht. Weil ich weiß, dass 25 fotografierende Kollegen schon an allen Ecken lauern würden. Deshalb werde ich es nicht tun. Noch nicht.

Wer wird denn deutscher Meister in dieser Saison?
Ich bin seit über 60 Jahren Bayern-Fan. Es gibt vor jeder Saison keinen anderen deutschen Meister, den ich haben will. Und der FC Bayern wird in den kommenden Wochen auch wieder die Stärke und das Übergewicht demonstrieren, das in der Bundesliga bereits zuletzt zu beobachten war. Und dann brauchen wir nicht drüber reden. Bayern ist der künftige Meister.

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